2.3 Gültigkeit des Kapazitätsbegriffes



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2.3 Gültigkeit des Kapazitätsbegriffes

 

Für die verlustlose Leitung ist es wesentlich, daß Proportionalität zwischen Ladung Q und elektrischer Spannung bzw. zwischen magnetischem Fluß und Strom besteht.

Die Proportionalität wurde für den elektrostatischen Fall, ausgehend von den Kapazitätskoeffizienten , in Abschnitt 2.1 untersucht. Die Gültigkeit der Poisson-Gleichung erlaubt es, die elektrische Potentialverteilung mit

oder über deren Fundamentallösung

zu bestimmen, wobei die Raumladungsdichte im Quellpunkt und den Abstand zwischen Aufpunkt und Quellpunkt bezeichnet. Diese Potentialformulierung ist auch für den quasistatischen Fall richtig.

Beim quasistatischen Fall benutzt man für das Vektorpotential nicht die Lorentz-Eichung, sondern die Coulomb-Eichung, die fordert, daß gilt. Setzt man (2.49) in die erste Maxwell-Gleichung (2.38) unter Vernachlässigung der Verschiebungsstromdichte ein, so gilt

also

Eine partikuläre Lösung der vektoriellen Poissonschen Differentialgleichung für das Vektorpotential lautet

Arbeitet man mit schnell veränderlichen Feldern, so kann man die Verschiebungstromdichte in der ersten Maxwell-Gleichung (2.38) nicht mehr vernachlässigen. Die Wellengleichungen in (2.51), (2.52) sind nach der Lorentz-Eichung

  

entkoppelt, und ihre allgemeinen Lösungen

  

verfügen nun über eine Wirkungsausbreitungsgeschwindigkeit . Das Potential errechnet sich nun nicht aus , sondern ist mit den Raumladungsdichten zu früheren Zeitpunkten verknüpft. Gleiches gilt, wenn anstelle der Raumladungsdichte mit der Flächenladungsdichte gerechnet werden muß. Der Ausdruck

in (2.61) entspricht keiner Gesamtladung, da bei einer Integration die Ladungsanteile stets zu verschiedenen Zeitpunkten zu nehmen sind. Der Begriff Kapazität als Konstante zwischen Ladung und Potentialdifferenz verliert hier seinen Sinn.

Um quantitative Aussagen treffen zu können, kann man die retardierte Flächenladung mit der Abkürzung in eine Taylor-Reihe in Abhängigkeit von entwickeln.

 

Der erste Term von (2.63) behandelt den nichtretardierten Fall. Der zweite Term enthält im wesentlichen die zeitliche Ableitung der Gesamtladung . Dieser Term wird bei weiteren Untersuchungen nicht berücksichtigt, da er bei der Gradientenbildung entfällt und damit keinen Einfluß auf die elektrische Feldstärke hat [Gra91].

Vernachlässigt man nun den zweiten Teil, so läßt sich eine Abschätzung über den Gültigkeitsbereich des nichtretardierten Falles aus (2.63) mit

 

bilden. Zieht man zur Verschärfung der Ungleichung (2.64) eine zweite Ungleichung

 

heran, wobei den größtmöglichen Abstand zwischen Quell- und Aufpunkt beschreibt, und setzt (2.65) in (2.64) ein, so hat man mit

 

eine hinreichende Bedingung für (2.64) gefunden.

Da im rechten Term von (2.66) die zeitliche Ableitung der Flächenladungsdichte auftritt und über das dynamische Verhalten der Ladung noch keine Aussage gemacht worden ist, muß eine Abschätzung der Größenverhältnisse zwischen linkem und rechtem Term getroffen werden.

Um die zeitlichen Ableitungen zu eliminieren, soll angenommen werden, daß sich die Ladung zeitlich harmonisch verändert. Die zweifache zeitliche Ableitung von wird durch eine Multiplikation mit (Kreisfrequenz) ersetzt, dadurch lassen sich die beiden Volumenintegrale und die Flächenladungsdichten wegkürzen.

Die gewonnene Gleichung

unterzieht man mit (Wellenlänge mal Frequenz) einer weiteren Umformung

und erhält mit der Näherung schließlich

 

Als einfache Abschätzung für Leitungssysteme in integrierten Schaltungen soll eine maximale Signalfrequenz von und als Ausbreitungsmedium Siliziumdioxid mit bzw. Siliziumnitrid mit angenommen werden.

Setzt man für die Substratdicke einen Wert von an, so ist die Ungleichung (2.68) auch für mit einem Verhältnis sicher erfüllt.

Das bedeutet auch weiters, daß man in der horizontalen Ausbreitungsrichtung, für lokale Verbindungen zwischen den aktiven Bauteilen mit einem einfachen Lumped Modelgif auskommen kann.



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Martin Stiftinger
Fri Nov 25 16:50:24 MET 1994