2.1.1 Die Bandstruktur



next up previous contents
Next: 2.1.2 Die Dynamik des Up: 2.1 Quantenmechanische Grundlagen Previous: 2.1 Quantenmechanische Grundlagen

2.1.1 Die Bandstruktur

Aus der mikroskopischen Perspektive der Wellenmechanik ist der Halbleiter als quantenmechanisches Vielteilchensystem zu betrachten, das aus einem Elektronensystem und einem Ionensystem besteht. Atomrümpfe bewegen sich infolge ihrer viel größeren Masse wesentlich langsamer als Elektronen. Man nimmt deshalb näherungsweise an, daß sie sich in ihrer mittleren Lage in Ruhe befinden. Diese Annahme erlaubt, das Gesamtsystem auf das Elektronensystem zu reduzieren (adiabatische Näherung). Aufgrund der großen Zahl von Elektronen kann davon ausgegangen werden, daß jedes einzelne Elektron von den Potentialbeiträgen aller übrigen Elektronen gleich beeinflußt wird. Jedes Elektron im Festkörper bewegt sich in ein und demselben Potentialfeld, das von den Kräften zwischen dem betrachteten Elektron und allen Atomrümpfen und allen anderen Elektronen bestimmt wird. Das Vielteilchenproblem der quantenmechanischen Beschreibung des Elektronensystems kann auf die Formulierung der Schrödingergleichung für die Wellenfunktion eines einzelnen Elektrons reduziert werden, das repräsentativ ist für alle Elektronen (Ein-Elektron-Näherung) [120]:

 

Der Klammerausdruck stellt den Hamilton Operator für ein einzelnes Elektron dar. ist die Masse des Elektrons, die reduzierte Plankkonstante. bezeichnet die potentielle Energie des Elektrons aufgrund der periodisch angeordneten, elektrisch geladenen Atomrümpfe. ist der Gittervektor. enthält neben dem periodischen Kristallpotential, das von den in ihrer mittleren Lage ruhenden Ionen stammt, einen Beitrag, der von den restlichen Elektronen herrührt (Ein-Elektron-Näherung). bezeichnet die potentielle Energie des Elektrons aufgrund eingebauter und angelegter Makropotentiale. ist ein zeitabhängiger Beitrag zur potentiellen Energie ('Streupotential'), der den statistischen Schwankungen der Atomrümpfe aus der Gleichgewichtslage und Störungen aufgrund von Dopanden Rechnung trägt.

Die Separation der Orts- und Zeitabhängigkeit der Wellenfunktion ergibt [52]:

  

Gl. (2.3) ist die zeitunabhängige Schrödingergleichung. bezeichnet die Energie des Elektrons ( ist ein Funktionsname).

Betrachtet man ein Elektron unter dem alleinigen Einfluß des zeitunabhängigen, periodischen Kristallpotentials (), kann Gl. (2.3) mit folgendem Ansatz gelöst werden:

 

Gl. (2.4) wird als Bloch-Funktion (Blochwelle) bezeichnet. Sie stellt eine gitterperiodisch modulierte ebene Welle dar. Die Periodizität des Gitters zeigt sich im Blochfaktor . Aus Gl. (2.3), (2.4) folgt, daß nur für bestimmte Energieeigenwerte Eigenfunktionen existieren. Die Lösung der Schrödingergleichung (2.1) lautet:

 

Es zeigt sich, daß das Energiespektrum nicht kontinuierlich ist, sondern Energiebänder aufweist, die durch verbotene Zonen getrennt sind. wird für ein festgehaltenes als Band bezeichnet. Die Funktion

 

heißt Bandstruktur (Dispersionsfunktion). Sie kann als kontinuierliche und - aufgrund der Periodizität des Kristallpotentials - periodische Funktion des Wellenvektors betrachtet werden [121]. bezeichnet den reziproken Gittervektor, der eine Brillouin-Zone definiert.

Die Bandstruktur der wichtigsten Halbleiter ist aufgrund von Experimenten und numerischen Berechnungen (Lösung der Wellengleichung) wohlbekannt [93], [135], [197] (siehe auch [111]). Für konventionelle Transportmodelle ist die detailierte Kenntnis des Zusammenhangs nicht notwendig. Da sich Elektronen aus energetischen Gründen ohnehin überwiegend in der Bandkantennähe aufhalten, ist es ausreichend, den Bandverlauf in der Nähe der Bandkanten anzunähern. Zu diesem Zweck wird die Dispersionsfunktion in eine Taylorreihe um entwickelt:

 

Hat in ein Extremum (Grenzen einer Brillouinzone), verschwindet die erste Ableitung in Gl. (2.7). Liegt das Minimum des Leitungsbandes und das Maximum des Valenzbandes bei gleichem -Wert, spricht man von einem direkten (im Unterschied zu einem indirekten) Halbleiter. Wenn die Dispersionfunktion nicht bei sondern bei einen Extremwert aufweist, treten mehrere äquivalente Extrema auf. Es werden daher Eintal- von Vieltal-Halbleitern unterschieden [153].



next up previous contents
Next: 2.1.2 Die Dynamik des Up: 2.1 Quantenmechanische Grundlagen Previous: 2.1 Quantenmechanische Grundlagen



Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995