3.4 Phänomenologische Gleichungen



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3.4 Phänomenologische Gleichungen

Die lokale Entropiequelle stellt ein lokales Maß für die Irreversibilität dar [35]. Aus dem ersten und zweiten Postulat der irreversiblen Thermodynamik (2.172), (2.175) folgt, daß eine positive Größe ist.

Betrachtet man den Halbleiter gemäß Gl. (2.175) als lineares Markoffsches System, können alle thermodynamischen Flüsse, die die im Halbleiter stattfindenden Austauschprozesse beschreiben, als Funktionen aller treibenden Kräfte dargestellt werden [26], [35], [82], [86], [90], [106], [157]. Diese Vorgehensweise hat den besonderen Vorteil, daß die mathematische Form der für den gekoppelten thermoelektrischen Transport im Halbleiter adäquaten Stromrelationen abgeleitet werden kann und nicht - wie in [200] - vorausgesetzt werden muß.

Die Entropiequelle in Gl. (3.36) enthält die Elektronenstromdichte , die Löcherstromdichte und die Wärmestromdichte (bzw. Entropiestromdichte oder die Gesamtenergiestromdichte ). Gemäß Gl. (2.172) stellen sie die thermodynamischen Flüsse dar. Stellt man sie gemäß Gl. (2.175) als Funktionen der nach Gl. (2.172) auch in der Entropiequelle (3.36) enthaltenen thermodynamischen Kräfte dar, können phänomenologische Gleichungen für den Halbleiter aufgestellt werden:

 

 

 

Die werden als kinetische Koeffizienten bezeichnet. Sie stellen im allgemeinen nichtisotropen Fall Tensoren dar.

In den Gl. (3.38), (3.39), (3.40) werden Rekombinationsprozesse als quasichemische Reaktion dargestellt, wobei die Reaktionsgeschwindigkeit ist, die der treibenden Affinität korrespondiert.

Wenn die Voraussetzung der vollständigen Ionisierung der Dopanden nicht gemacht werden kann, müssen in den Gl. (3.38), (3.39), (3.40) zusätzliche Reaktionsgeschwindigkeiten und Affinitäten eingeführt werden [91], [199]. Diese Erweiterung ist insbesonders für Tieftemperatursimulationen eine Notwendigkeit.

Gl. (3.38), (3.39), (3.40) berücksichtigen bereits das Prinzip von Curie-Prigogine. Es behauptet, daß Phänomene, die von thermodynamischen Flüssen und Kräften unterschiedlicher tensorialer Ordnung beschrieben werden, sich in isotropen thermodynamischen Systemen nicht überlagern. Dieses Postulat ist eine Folgerung des Prinzips, daß eine Ursache keine höhere Symmetrie besitzen kann als die von ihr produzierten Effekte. Im Halbleiter bedeutet das Prinzip von Curie-Prigogine, daß die Ladungsträgerrekombination unmittelbar von den Gradienten der intensiven Zustandsvariablen unabhängig ist, sodaß die jeweils ersten drei Werte der letzten Zeile und Spalte der Transportkoeffizientenmatrix null sein müssen.

In den Gl. (3.38), (3.39), (3.40) wurde außerdem der trivialen Tatsache Rechnung getragen, daß in einem Mehrbandhalbleiter das Quasifermipotential des einen Ladungsträgertyps nicht als treibende Kraft des anderen Ladungsträgertyp auftreten kann.

Aufgrund der Onsagerschen Symmetrierelation der kinetischen Koeffizienten, die als drittes Postulat der irreversiblen Thermodynamik (2.177) bekannt ist, kann die Anzahl der unabhängigen kinetischen Koeffizienten in den Gl. (3.38), (3.39), (3.40) weiter reduziert werden. Es gilt:

 

Unter Berücksichtigung von (3.41) treten in den phänomenologischen Gleichungen für den thermoelektrischen Transport im Halbleiter fünf unabhängige kinetische Koeffizienten auf.



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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995