3.9.4 Die thermoelektrische Kraft



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3.9.4 Die thermoelektrische Kraft

Die Elektronenstromdichte (3.49) kann mit Hilfe von Gl. (3.61) folgendermaßen ausgedrückt werden:

     

Die resultierende treibende Kraft des Elektronenstroms kann in Analogie zu Gl. (2.83), (2.84), (2.85), (2.86), (2.87) verschiedene Formen annehmen. Makroskopische Transportkoeffizienten sind in Relation zu bestimmten, einzelnen, treibenden Kräften derselben resultierenden, treibenden Kraft definiert. Die Transformation der einzelnen, treibenden Kräfte bedingt eine Transformation der Transportkoeffizienten. Der Vorfaktor des Temperaturgradienten in Gl. (3.142) ist nach Gl. (3.61) als Transportentropie interpretierbar. stellt die totale innere Energie (Gesamtenergie) pro Elektroneneinheitsladung dar. enthält das angelegte Potential. In Gl. (3.144) treten die Gradienten des elektrostatischen Potentials , des chemischen Potentials und die Temperatur als treibende Kräfte auf. Die Separation der chemischen von der thermischen Diffusion bedeutet die Transformation der thermoelektrischen Kraft . Der Klammerausdruck vor dem Temperaturgradienten in Gl. (3.144) stellt die kinetische Überschußenergie pro Elektroneneinheitsladung dar.

Jede der Gl. (3.73), (3.74) bzw. (3.91), (3.92) kann als eine Bestimmungsgleichung für zwei Unbekannten, und aufgefaßt werden. Zur vollständigen Bestimmung von , ist es ausreichend, entweder oder zu modellieren. Wenn es gelingt zu interpretieren, ergibt sich die thermoelektrischen Kraft folgerichtig durch Auswertung von (3.73), (3.74) bzw. (3.91), (3.92).

Die effektive thermoelektrische Kraft beschreibt den Ladungsträgertransport durch Ladungsträgerdiffusion infolge der kinetischen Überschußenergie der Ladungsträger in heißen Gebieten. Mit den Ergebnissen der formalen Transporttheorie (2.98) ergibt sich:

 

Die effektive thermoelektrische Kraft stellt das Verhältnis der Thermodiffusivität (Soretkoeffizient) zur Beweglichkeit dar. Aufgrund der physikalischen Bedeutung kann als Soretfaktor bezeichnet werden. In vollkommener Übereinstimmung mit dem in [188] vorgeschlagenen Modell der Thermodiffusivität folgt aus Gl. (3.145):

 

Setzt man Gl. (3.146) in Gl. (3.73) ein, ergibt sich der wohlbekannte Ausdruck der thermoelektrischen Kraft der Elektronen im nichtentarteten Halbleiter (z.B. [120], [121], [153], [165], [189]):

 

Auf analoge Weise erhält man aus Gl. (3.74) die thermoelektrische Kraft der Löcher:

 

Aus Gl. (3.147),(3.148) ist ersichlich, daß sich die thermoelektrische Kraft aus zwei Beiträgen zusammensetzt. Die ersten beiden Terme in der Klammer stellen die kinetische Transportenergie freier Ladungsträger dar. Der Logarithmus ist nach Gl. (2.57), (2.58) als Fermienergie interpretierbar, die eine potentielle Energie darstellt. Im nicht entarteten Halbleiter addieren sich beide Beiträge, im entarteten Halbleiter bzw. im Metall dagegen subtrahieren sie sich. Deshalb ist die thermoelektrische Kraft im ersten Fall groß, im zweiten Fall klein [192]. Im extrinsischen Halbleiter ist die Fermienergie größer als die kinetische Transportenergie freier Ladungsträger. Die Fermienergie ist als Funktion der Temperatur für n-Leiter negativ [71].

Der Beitrag einer nichtuniformen Temperaturverteilung zum Ladungsträgertransport ist dreifach. Aufgrund der Trägerstatistik ist die Konzentration der Majoritätsträger in Gebieten höherer Temperatur größer, sodaß sich sogar in einem gleichförmig dotierten Halbleiter aufgrund der inhomogenen Temperatur ein Konzentrationsgefälle einstellt, das chemische Diffusion bewirkt. Zudem hängt das Fermipotential von der Temperatur ab, hauptsächlich wegen der Temperaturabhängigkeit der effektiven Zustandsdichte. Der dritte Beitrag ergibt sich aufgrund der unterschiedlichen kinetischen Energie der Ladungsträger, die thermische Diffusion bewirkt.

Der numerische Parameter nimmt für verschiedene dominierende Streumechanismen unterschiedliche Werte an [121], [153]. kann als Funktion der Beweglichkeiten , berechnet werden [51], sodaß Gl. (3.146) allgemein folgendermaßen ausgedrückt werden kann:

  

Gl. (3.150) stellt das Argument von Gl. (3.149) dar. Der Index bezeichnet den Ladungsträgertyp oder . ist die Beweglichkeit aufgrund der Gitterstreuung, aufgrund der Streuung an ionisierten Störstellen. Im Sonderfall dominierender Gitterstreuung erhält man Stromrelationen wie in [188].

Einem Hinweis von [170] folgend ist zu Gl. (3.149) anzumerken, daß der Nenner darstellt [48]. Es sollte gelingen, auch den Zähler in Gl. (3.149) auf verschiedene Beweglichkeitsbeiträge zurückzuführen, sodaß der numerische Parameter in kompakterer Form als Funktion ausgedrückt werden kann.

Wenn (3.91), (3.92) als Bestimmungsgleichungen der thermoelektrischen Kräfte in Silizium aufgefaßt werden, können und mit Hilfe von Gl. (3.149), (3.150) und (3.130), (3.131), (3.132), (3.136), (3.138) berechnet werden. Die Änderung von mit der Temperatur ergibt:

 

Damit folgt aus Gl. (3.91), (3.92):

  

ist eine Hilfsgröße:

 

In den Gl. (3.152), (3.153) bzw. (3.147), (3.148) ist die Abhängigkeit des Fermipotentials von der Gittertemperatur explizit enthalten . Die thermoelektrischen Kräfte (3.152), (3.153) haben im Unterschied zu (3.147), (3.148) die bemerkenswerte Eigenschaft, daß sie wegen (3.154) in hochdotierten Gebieten aufgrund von Hochdotierungseffekten abnehmen. Diese Besonderheit ist als großer Vorteil von (3.152), (3.153) gegenüber (3.147), (3.148) anzusehen. Außerdem wird die Abhängigkeit des Bandabstandes und der effektiven Massen von der Temperatur berücksichtigt.



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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995