12.1.2 Struktur des Gleichungssystems



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12.1.2 Struktur des Gleichungssystems

 

Das Gleichungssystem 12.1 zur Beschreibung des Netzwerks hat eine Reihe von speziellen Eigenschaften, auf die bei einer effizienten Lösung des Gleichungssystems eingegangen werden muß. Diese Eigenschaften kurz zusammengefaßt sind:

Die oben angeführten Eigenschaften werden nun in den folgenden Unterkapiteln genauer diskutiert. Es wird dabei auf die in Kapitel 7.6 definierten Größen zurückgegriffen.

Art der Gleichungen

Die Gleichungen können in mehrere Blöcke mit ähnlicher Charakteristik geteilt werden. Für jeden dieser Blöcke kann die Anzahl der Unbekannten recht gut abgeschätzt werden.

Knotenregeln für Ströme:
Im Gleichungssystem sind insgesamt Gleichungen zur Beschreibung der Knotenregeln für Ströme (5.1) enthalten. In diesen Gleichungen können nur Ströme als Unbekannte vorkommen. Für typische Schaltungen (z.B. innere Knoten eines MOSFET-Modells [100]) sind an einen Knoten 3 bis 4 Bauelemente angeschlossen. Bei der Zusammenschaltung mehrere Transistoren sind an einen Knoten in der Regel 6 bis 8 Bauelemente (die Bauelemente des Transistor-Modells an den Anschlußknoten der beiden Transistoren) angeschlossen. Die Anzahl der Bauelemente an einem Knoten bei diskreten Schaltungen ist eher geringer.

Knotenregeln für Ladungen:
Die Gleichungen für die Knotenregeln der Ladungen (7.1) haben im wesentlichen das gleiche Aussehen wie die Gleichungen der Knotenregeln der Ströme. Anstelle der Ströme treten nun jedoch jeweils die Summe aus Ladungen und virtueller Ladungen des Bauelements. Bei einem Großteil der Bauelemente ist die Ladung (alle Bauelemente mit Ausnahme der kapazitiven) und die virtuelle Ladung (Stromquelle, Kondensator) immer . Diese Gleichungen vereinfachen sich daher wesentlich.

Maschenregel für Spannungen:
Im Gleichungssystem sind insgesamt Gleichungen zur Beschreibung der Maschenregeln für Spannungen (5.2) enthalten. In diesen Gleichungen können nur Spannungen als Unbekannte vorkommen. Für typische Schaltungen (z.B. innere Maschen eines MOSFET-Modells [100]) sind in einer Masche 3 Bauelemente enthalten. Bei der Zusammenschaltung mehrere Transistoren sind in einer Masche in der Regel 4 oder mehr Bauelemente (die Bauelemente des Transistor-Modells an den Anschlußknoten der beiden Transistoren) enthalten.

Maschenregeln für Flüsse:
Die Gleichungen für die Maschenregeln der Flüsse (7.2) haben im Wesentlichen das gleiche Aussehen wie die Gleichungen der Maschenregeln der Spannungen. Anstelle der Spannungen treten nun jedoch jeweils die Summe aus Flüssen und virtuellen Flüssen des Bauelements. Bei einem Großteil der Bauelemente ist der Fluß (alle Bauelemente mit Ausnahme der induktiven) und der virtuelle Fluß (Spannungsquelle, Spule) immer . Diese Gleichungen vereinfachen sich daher wesentlich.

Bauelementgleichungen für virtuelle Größen:
Diese Gleichungen haben, sofern sie überhaupt vorhanden sind (bei Quellen und induktiven oder kapazitiven Bauelementen) die Form und können daher a priori eliminiert werden (siehe Abschnitt 11.4.3). Diese Gleichungen scheinen daher im zu lösenden Gleichungssystem überhaupt nicht mehr auf.

Bauelementgleichungen für Ladungen und Flüsse:
Diese Gleichungen haben außer bei Kondensatoren bzw. Spulen immer die Form und können daher a priori eliminiert werden (siehe Abschnitt 11.4.3). Gleichungen, die nicht eliminiert werden können, sind Gleichungen in 2 oder 3 (bei gesteuerten Bauelementen) Unbekannten.

Sonstige Bauelementgleichungen:
Die sonstigen Bauelementgleichungen sind in der Regel Gleichungen in 2 Unbekannten, bei gesteuerten Bauelementen in 3 Unbekannten. Quellen sind Gleichungen in einer Unbekannten die a priori eliminiert werden können, sofern es sich um konstante Quellen handelt (z.B. Spannungsversorgung).

Wenn man nun das gesamte Gleichungssystem betrachtet, so erhält man einen Durchschnitt von etwa 3 Unbekannten pro Gleichung. Die bei der Lösung des nichtlinearen Gleichungssystems benötigte Jacobi-Matrix ist daher extrem schwach besetzt (Sparse Matrix [126][56][54][46]). Diese strukturelle Eigenschaft der Jacobi-Matrix muß ausgenützt werden. Dadurch wird Speicherplatz (statt nur Speicherplätze bei einem Rang von und einem Durchschnitt der Unbekannten pro Gleichung von 3) und damit auch Rechenzeit bei virtuellen Speicherverwaltungssystemen eingespart. Weiters haben Algorithmen, die diese Eigenschaft der Matrix ausnützen, eine wesentlich geringere Rechenzeit.

Das Gleichungssystem ist nicht symmetrisch.

Verwendete Funktionen in den Gleichungen

In den Gleichungen werden hauptsächlich folgende Funktionen verwendet:

Additive Gleichungen:
Die Topologiegleichungen haben die Form .
Multiplikative Gleichungen:
Ein großer Teil der Bauelementgleichungen hat die Form , wobei eine Konstante ist.
Differentialoperatoren:
In den Bauelementen Kondensator und Spule werden Differentialoperatoren nach der Zeit zur Verknüpfung von Ladung und Strom bzw. Fluß und Spannung benötigt. Für die Lösung des Gleichungssystems zu einem Zeitpunkt wirken diese Differentialoperatoren jedoch nur als multiplikativer Faktor.
Exponentialfunktion:
Bei der Modellierung von Halbleiterbauelementen tritt die Expontentialfunktion auf. Die Exponentialfunktion ist bei der Lösung unangenehm, da sie eine sehr große Ableitung hat und damit leicht zum Überschießen beim iterativen Lösen des Gleichungssystems führt.
Wurzeln:
Bei der Modellierung von Halbleiterbauelementen werden auch Wurzeln - in der Regel die Quadratwurzeln - verwendet. Sofern bei der Modellierung darauf geachtet wurde, daß nie negative Argumente auftreten, gibt es keine Probleme.
Spezielle Funktionen:
In JANAP ist der Schalter implementiert, der intern als zwei Funktionen mit einer Unstetigkeitsstelle im Schaltpunkt realisiert ist. Weiters gibt es die Funktionen IFEQ und IFGT. Diese Funktionen werden bei der Modellierung von Halbleiterbauelementen verwendet, um je nach dem Arbeitspunkt des Halbleiterbauelements unterschiedliche Modellierungen einzusetzen. Diese Funktionen bereiten keine Problem, da die Modelle normalerweise so aufgebaut sind, daß ein stetiger Übergang von einer Modellierung in eine andere gegeben ist. Zum Teil werden auch die Funktionen MIN und MAX bei der Modellierung eingesetzt werden.
Sonstige Funktionen:
Die sonstigen in JANAP verfügbaren Standardfunktionen werden eher selten verwendet. Hauptanwendungsgebiet ist die Definition von Signalquellen.
Benutzerdefinierte Funktionen:
Vom Benutzer in JANAP definierte Funktionen führen im Endeffekt auf die oben bereits erwähnten Funktionen. Über die Art der von Benutzern definierten externen Funktionen kann keine Aussage gemacht werden. Durch ungünstige Funktionen können Instabilitäten bei der Simulation des Netzwerks auftreten.



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Martin Stiftinger
Fri Jun 9 19:49:39 MET DST 1995