5.1 Berechnung der Stromdichteverteilung

Die Methode der Finiten Elemente (FEM) [133,134] basiert auf einer numerischen Näherung der Lösung (der partiellen Differentialgleichungen) durch gewichtete Summierung von Formfunktionen auf einem geometriekonformen Gitter. Formfunktionen5.1 sind in der Regel den Gitterpunkten zugeordnet und werden so gewählt, dass am Rand zumindest die Dirichlet-Bedingungen exakt erfüllt sind. Falls bei der Finiten Elemente Methode keine Randbedingungen an Gebietsrändern vorgegeben werden, erfüllen diese automatisch homogene Neumann-Bedingungen (natürliche Randbedingungen). Da die Leiteroberfläche bis auf die Kontakte einen homogenen Neumann-Rand entspricht, läßt sich dies für die Stromdichteberechnung vorteilhaft nutzen, weil keine spezielle Behandlung des größten Teils der Leiteroberfläche erforderlich ist.

Die Berechnung der Stromdichte erfolgt auf einem Tetraedergitter, weil damit beliebige Geometrien behandelt werden können. Dazu bedarf es zuerst der Lösung der Euler-Gleichung (3.53) innerhalb der leitfähigen Segmente unter Berücksichtigung der möglichen Randbedingungen (vergl. Abschnitt 3.1.2). Die Lösung des diskretisierten Gleichungssystems wird meist mit einem iterativen Gleichungslösungsverfahren ermittelt: Das konjugierte Gradientenverfahren5.2 (CG) [135] zeichnet sich dadurch aus, dass es nahezu keinen zusätzlichen Speicherplatz benötigt und im Regelfall mit deutlich weniger Rechenoperationen auskommt als z.B. die Gaußsche Elimination. Das exakte Verfahren liefert die Lösung eines Gleichungssystems in n Unbekannten nach höchstens n Schritten [136], wenngleich auch bei der Berücksichtigung der Rundungsfehler das Verfahren nicht immer konvergieren muss. Aus dem elektrischen Potenzial $ \varphi$ erhält man die elektrische Feldstärke $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle E$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle E...
...h $\scriptstyle E$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle E$}}=-\nabla\!\varphi$, in weiterer Folge ergibt sich durch das lokale Ohmsche Gesetz $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle J...
...}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle E$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle E$}}$ die Stromdichteverteilung.

Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang noch die Diskretisierung des Potenzials, das entweder über eine lineare Variation allgemein durch

$\displaystyle \varphi(x,y,z)=\,$ $\displaystyle \alpha_0+\alpha_1x+\alpha_2y+\alpha_3z\,,$ (5.4)

ausgedrückt werden kann, oder für eine quadratische Variation des Potenzials im Element mittels eines quadratischen Polynoms:

$\displaystyle \varphi(x,y,z)=\,$ $\displaystyle \alpha_0+\alpha_1x+\alpha_2y+\alpha_3z+ \alpha_4x^2+\alpha_5y^2+\alpha_6z^2+\alpha_7xy+\alpha_8yz+\alpha_9zx \,.$ (5.5)

Aus diesen Formulierungen erkennt man, dass entweder $ nl=4$ oder $ nl=10$ Elementsknoten benötigt werden. Sind die Koeffizienten $ \varphi_k$ in allen Knoten eines Elementes bestimmt, so kann der Potenzialwert für einen beliebigen Punkt $ \xi,\eta,\zeta$ innerhalb des Elements durch Approximation mittels der Formfunktionen $ N_k$

$\displaystyle \varphi(\xi,\eta,\zeta)=\sum_{k=1}^{nl}N_k(\xi,\eta,\zeta)\varphi_k$ (5.6)

gefunden werden. Danach wird der Gradientoperator ausgewertet und mittels der elektrischen Feldstärke über das lokale Ohmsche Gesetz die Stromdichte ermittelt. Die Berechnung des Gradienten erfolgt analytisch durch Ableitung der Ansatzfunktionen nach den Ortskoordinaten.


Fußnoten

... Formfunktionen5.1
Formfunktionen besitzen die spezielle Interpolationseigenschaft an Knoten, z.B. am Knoten $ i$ gilt:

$\displaystyle N_k(x_i,y_i,z_i)=\delta_{ik}= \left\{\begin{array}{ll} 1& \forall\quad i=k\\ 0& \forall\quad i\neq k\,. \end{array}\right.$ (5.3)

Mit dieser Eigenschaft der lokalen Formfunktionen stellen die Knotenelemente die Stetigkeit des elektrischen Potenzials beim Elementsübergang sicher. Außerdem wird von den Formfunktionen gefordert, dass sie voneinander unabhängig sind und aus dem Raum der stückweise stetigen einfach differenzierbaren Funktionen stammen. Dabei ist noch anzumerken, dass sich die globale Formfunktion $ N_j(x,y,z)$ aus den lokalen Formfunktionen der am Knoten $ j$ angrenzenden Tetraederelemente zusammensetzt.
... Gradientenverfahren5.2
Voraussetzung für den Einsatz von CG ist eine symmetrische und positiv definite Systemmatrix.

C. Harlander: Numerische Berechnung von Induktivitäten in dreidimensionalen Verdrahtungsstrukturen