2.4 Die neue Methode



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2.4 Die neue Methode

 

Die sich nunmehr stellende Aufgabe ist, optimale Gewichtsfunktionen zu finden, die für Elektronen-, Löcher- und Verschiebungsstromdichten gleichermaßen optimal sind. Aus den Schlußfolgerungen des Abschnittes 2.3 ergibt sich, daß die Gewichtsfunktionen für alle drei Teilstromdichten in den Halbleitergebieten ident sein müssen. Für Isolatorgebiete, in denen die Verschiebungsstromdichte integriert wird, muß die nunmehr einzige Gewichtsfunktion stetig angeschlossen werden. Die Fragestellung legt nahe, das arithmetische Mittel der Funktionale für Elektronen und Löcher (2.23)-(2.24) für die gemeinsame Gewichtsfunktion zu minimieren, nämlich

Die Funktion ist in Raumladungszonen (falls solche existieren) klein, sodaß die Gradienten der Gewichtsfunktion gerade in Raumladungszonen auftreten.
Die Lösungen dieser Extremwertaufgabe erfüllen die lineare partielle Euler-Lagrangegleichung

 

Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, daß Gewichtsfunktionen dieses Typs in [72] in Erwägung gezogen wurden, jedoch aufgrund von Schwierigkeiten bei der Diskretisierung verworfen worden sind.
Die Diskretisierung dieser partiellen Differentialgleichung erfolgt durch finite Differenzen. Analog zu (2.23) und (2.24) ist durch harmonische Mittenwertapproximation die Stabilität der Diskretisierung zu gewährleisten. Für die x-Richtung liefert diese Interpolation den Ausdruck

 

unter Einsatz der exponentiellen Interpolationsformeln (2.31) und (2.32). Die bestimmte Integration liefert

mit den Parametern und

der Diskriminante

und der Funktion

 

Zur Implementation der Interpolationsformel (2.41) ist sorgfältig auf die Vermeidung von Unter- bzw. Überläufen der Fließkomma-Arithmetik zu achten, die durch die sehr großen bzw. kleinen auftretenden Zahlen leicht entstehen können. Am einfachsten logarithmiert man die Beträge von Zähler und Nenner des Argumentes der Area- bzw. Arcusfunktion und begrenzt den Betrag der Differenz mit dem größtmöglichen durch die Computerarithmetik zur Verfügung stehenden Exponenten. Weiters hat die hyperbolische Tangensfunktion bei Polstellen. Der Wert der Areafunktion kann in der Nähe durch den maximalen Exponenten der Computerarithmetik ersetzt werden.
Setzt man in (2.41) abwechselnd und , bzw. und zu Null, so geht die Interpolationsformel (2.41) erwartungsgemäß in (2.35) für Elektronen bzw. in (2.36) für Löcher über.
Eine kurze Überlegung zeigt, wie beliebige Gewichtsfunktionen, die bloß auf dem Halbleitergebiet definiert sind, auch zur Bestimmung des Verschiebungsstroms verwendet werden können. Dazu denke man sich diese Gewichtsfunktionen in die Oxidgebiete beliebig stetig fortgesetzt. Einzige Einschränkung ist, daß am äußeren Rand der Oxidgebiete die für die Gewichtsfunktionen notwendigen homogenen Dirichlet- (D) bzw. Neumann-Randbedingungen (N) gemäß (2.5) bzw. (2.6) eingehalten werden. Man erhält für das Gesamtgebiet

gültige Gewichtsfunktionen

mit beliebigen Funktionen . Die Beiträge der Oxidgebiete können nun einzeln in Oberflächenintegrale über die Berandung dieser Gebiete verwandelt werden:

Diese Oberflächenintegrale sind nur von der Verschiebungsstromdichte und von den Gewichtsfunktionen an der Berandung , nicht jedoch vom Verlauf im Inneren der Oxidgebiete abhängig. Der gesamte Verschiebungsstrom kann solcherart aus einem Volumenintegral mit dem Gradient der Gewichtsfunktion im Halbleitergebiet, und aus Beiträgen von Oberflächen-integralen entsprechend den Oxidgebieten zusammengesetzt werden.
Für Gate-Kontakte, die keine entsprechenden Gewichtsfunktionen im Halbleitergebiet besitzen, existieren auch keine Fortsetzungen derselbigen, d.h. der Bereich der Gewichtsfunktionen entartet auf die Gate-Kontakte selbst. Deswegen müssen für die Verschiebungsströme, die über diese Gate-Kontakte fließen, Linienintegrale berechnet werden.

  
Abbildung 2.1: Querschnitt durch den Oxidkörper eines MOSFETs.


Zur Illustration betrachte man den Querschnitt durch den planaren Oxidkörper eines MOSFETs mit angrenzendem Source-, Drain- und Gate-Kontakt (Abbildung 2.1). Die Linien , , gehören zum Dirichlet-Rand des Gate-Kontaktes, zum Dirichlet-Rand des Drain-Kontaktes und zum Dirichlet-Rand des Source-Kontaktes. Die Oberflächenintegrand dieser Abschnitte wird entweder mit = oder = gewichtet. Die Verschiebungsstromdichte auf der Linie , die an das Halbleitergebiet grenzt, wird mit der Gewichtsfunktion des Halbleitergebietes multipliziert. Die beiden verbleibenden Abschnitte und sind Neumannränder, an denen die Gewichtsfunktion vorgegeben werden kann. Um die Bedingung (2.7) zu erfüllen, wählt man zweckmäßig die Gewichtsfunktionen als stetige lineare Funktionen im Intervall [,]. Das bedeutet, daß beispielsweise auf der Linie die Gate-Gewichtsfunktion komplementär (bezüglich ) zur Source-Gewichtsfunktion sein muß.
Bei einem SOI-MOSFET mit einem vergrabenen Substratkontakt (Backgate) kann der Verschiebungsstrom direkt auf der Grenzfläche zwischen Halbleiter und vergrabenem Oxid integriert werden.



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Martin Stiftinger
Fri Oct 14 21:33:54 MET 1994