3.1 Die SRH-Ratengleichungen



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3.1 Die SRH-Ratengleichungen

 

Die Vorgangsweise zur Ableitung der Ratengleichungen der indirekten Generation und Rekombination nach Shockley, Read und Hall (SRH) über Störstellen entspricht vollständig den ursprünglichen Publikationen in [41][99].
Es sollen nur Störstellen, die durch eine einzige Elementarladung umladbar sind, betrachtet werden. Störstellen können analog zur Dotierung mit Fremdatomen entweder akzeptorartig oder donatorartig wirken. Akzeptorartige Störstellen sind elektrisch neutral, wenn sie unbesetzt sind, negativ geladen, wenn sie besetzt sind. Donatorartige Störstellen sind positiv geladen, wenn sie unbesetzt sind, jedoch neutral, wenn sie besetzt sind. Bezüglich der Besetzungsstatistik verhalten sie sich jedoch vollständig gleichartig, sodaß im folgenden auf die Art der Störstellen keine Rücksicht genommen werden muß.
Die Störstellen, deren diskretes Energieniveau fortan mit bezeichnet wird, können sowohl mit dem Leitungsband als auch mit dem Valenzband in Wechselwirkung treten. Es existieren vier ,,Reaktionen``, deren Reaktionspartner die Störstellen, Elektronen und Löcher sein können:

Elektronen-Einfang:
-
Eine neutrale unbesetzte akzeptorartige Störstelle fängt ein Elektron aus dem Leitungsband ein und wird negativ geladen.
-
Eine positiv geladene unbesetzte donatorartige Störstelle fängt ein Elektron aus dem Leitungsband ein und wird neutral.

Energie wird frei.
Elektronen-Emission:
-
Eine negativ geladene besetzte akzeptorartige Störstelle emittiert ein Elektron ins Leitungsband und wird neutral.
-
Eine neutrale besetzte donatorartige Störstelle emittiert ein Elektron ins Leitungsband und wird positiv geladen.

Energie wird benötigt.
Löcher-Einfang:
-
Eine negativ geladene besetzte akzeptorartige Störstelle fängt ein Loch aus dem Valenzband ein und wird neutral.
-
Eine neutrale besetzte donatorartige Störstelle fängt ein Loch aus dem Valenzband ein und wird positiv geladen.

Energie wird frei.
Löcher-Emission:
-
Eine neutrale unbesetzte akzeptorartige Störstelle emittiert ein Loch ins Valenzband und wird negativ geladen.
-
Eine positiv geladene unbesetzte donatorartige Störstelle emittiert ein Loch ins Valenzband und wird neutral.

Energie wird benötigt.

Da Löcher als Ladungsträger letztlich fehlende Elektronen sind, ist Löcher-Einfang identisch mit Elektronen-Emission ins Valenzband, desgleichen ist Löcher-Emission identisch mit Elektronen-Einfang aus dem Valenzband. Weiters sind die Wechselwirkungen mit dem Valenzband völlig analog zu denen des Leitungsbandes. Deswegen werden die Ratengleichungen nur für Elektronen-Einfang und -Emission hergeleitet und am Ende auf Löcher als Ladungsträger erweitert.
Im thermodynamischen Gleichgewicht unterliegen Elektronen, Löcher und Störstellen der Fermi-Dirac-Statistik. Die Besetzungswahrscheinlichkeit eines Quanten-Zustands nach dieser Verteilung ist durch

gegeben. Die unabhängige Variable sei die Energie , die Boltzmann Konstante und die Temperatur im thermodynamischen Gleichgewicht. Im thermodynamischen Gleichgewicht der Elektronen, Löcher und Störstellen existiert ein gemeinsames Ferminiveau , und für Löcher gilt die komplementäre Wahrscheinlichkeitsverteilung der Elektronen. Für die Störstellen ist dann anstatt der Variablen das diskrete Niveau anzunehmen. Die Verteilungsfunktionen für Elektronen sei , für Löcher und für Störstellen .
Zuerst soll der Elektronen-Einfangprozeß betrachtet werden. Die Einfangrate von Elektronen aus einem breiten Streifen des Energiebandes in eine Störstelle der Konzentration und des Energieniveaus ist durch das Massenwirkungsgesetz zwischen Reaktionspartnern gegeben. Dieses besagt, daß die Reaktionsrate proportional zur Konzentration der Reaktionspartner ist:

ist die Zustandsdichte im Leitungsband. Die Form des Proportionalitätsfaktors ist gegeben durch

und resultiert aus der Vorstellung, daß die Elektronen mit thermischer Geschwindigkeit ein gewisses Volumen pro Zeiteinheit durchfahren. Dieses zeitliche Volumen ist proportional der thermischen Geschwindigkeit und einer weiteren Konstante, die einen Querschnitt repräsentiert. Während sehr genau bekannt ist, ist der ,,Einfangquerschnitt`` ein schwer bestimmbarer Parameter, der unter anderem sowohl vom Energieniveau der Störstelle als auch vom Energieniveau des eingefangenen Elektrons abhängig ist.
Es ist nicht anzunehmen, daß ein eingefangenes Elektron sofort in den quantenmechanischen Grundzustand der Störstelle fällt, vielmehr eine gewisse Zeit, entsprechend einer spezifischen Lebensdauer, in einem angeregten Zustand verbleibt. Diese Verzögerungszeit bleibt im folgenden unberücksichtigt. Somit wird angenommen, daß eine eben erst besetzte Störstelle ein eingefangenes Elektron sofort wieder emittieren kann.
Der dem Ladungsträgereinfang inverse Vorgang ist die Ladungsträgeremission. Die Elektronen-Emissionsrate einer Störstelle der Konzentration und des Energieniveaus in einen Streifen des Leitungsbandes ist durch

gegeben.
Im thermodynamischen Gleichgewicht sind alle Spezies Fermi-Dirac verteilt mit dem gemeinsamen Ferminiveau , weiters sind alle Teilprozesse im Gleichgewicht, somit gilt

was notwendigerweise

bedeutet, was nach Vereinfachung auf

führt. Für den Nicht-Gleichgewichtsfall wird ein Quasi-Ferminiveau für Elektronen und für Störstellen definiert. Die totale Einfangrate (Rekombinationsrate) ist dann durch

gegeben.
Im Fall des nicht entarteten Halbleiters kann die Fermi-Dirac-Verteilung durch eine Maxwell-Boltzmann Verteilung approximiert werden. Mit der dann üblichen Definition der Elektronenkonzentration über das Quasi-Ferminiveau

wobei das Bandgewicht durch

definiert ist, findet man für die totale Rekombinationsrate

wobei die mittlere thermische Geschwindigkeit der Elektronen darstellt. Die mittleren Einfangquerschnitte sind durch

definiert. Diese Definition bedeutet eine gewichtete Mittelung der Einfangquerschnitte über das gesamte Leitungsband. Eine analoge Darstellung ist im Fall des entarteten Halbleiters mittels Fermifunktionen möglich.
Nun können die Ratengleichungen für die vier Teilprozesse angeschrieben werden. Zur Vereinfachung definiert man die Variable , die Konzentration der besetzten Störstellen. Unter Berücksichtigung von

findet man schließlich

Analog ergibt sich für die Teilprozesse der Löcher

Alternative Formulierungen für die Emissionsraten ergeben sich z.B. durch Verwendung der Variablen ,

Die Konzentration bzw. entspricht der sich ergebenden Elektronen- bzw. Löcherkonzentration im Fall der Lage des Ferminiveaus auf dem diskreten Störstellenniveau . Weiters findet man unter Verwendung der Eigenleitungskonzentration die Formulierung



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Martin Stiftinger
Fri Oct 14 21:33:54 MET 1994