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1.4.2 Plasmonenstreuung


 

Abbildung 1.2: Einfluß der Elektron-Plasmon Streuung auf die Elektronenbeweglichkeit als Funktion der Dotierung bei 300 K. Grundlage des Vergleichs ist das BH Modell mit und ohne Plasmonenstreuung. Die experimentellen Daten sind [MSS83] entnommen.

\begin{figure}\psfrag{e2}{\hspace{-0.2cm}$10^2$}\psfrag{y-mob}{Electron Mobili... ...ics{mobpl.eps}}\end{center}\begin{center}\parbox{14cm}{}\end{center}\end{figure}


Der Coulomb-Anteil des gesamten Hamilton-Operators zur Beschreibung der Elektron-Elektron Wechselwirkung kann durch Einführung eines Grenzwellenvektors $q_{\mathrm c}$ in zwei Teile aufgespalten werden: einen kurzreichweitigen Term, der die binäre Elektron-Elektron Streuung beschreibt und einen langreichweitigen Term, der die Streuung eines Elektrons am gesamten Eletronengas beschreibt [PSB96]. $q_{\mathrm c}$ gibt den minimalen Wert für Landau-Dämpfung der Plasmonen an, für Wellenlängen länger als etwa $q_{\mathrm c}^{-1}$ existieren kollektive Schwingungen des Plasmas, während darunter die Plasmonen stark gedämpft werden und in Einteilchen-Anregungen zerfallen, die mit einem abgeschirmten Coulomb-Potential wechselwirken [RH86]. Die inelastische Streuung von Elektronen an kollektiven Schwingungen des Löchergases wird besonders im Fall von p-dotierten Halbleitern wichtig.

Ein elegantes mathematisches Hilfsmittel zur allgemeinen Beschreibung von schwingungsfähigen Systemen stellt nun die Einführung von quantisierten Eigenschwingungen dar, durch die ein oszillierendes System vollständig beschrieben werden kann. Schon im vorigen Abschnitt konnte die Beschreibung von Kristallschwingungen durch die Einführung des Phononenbegriffs wesentlich erleichtert werden. Das Analogon dazu bei der Beschreibung von oszillierenden Plasmen stellen die Plasmonen dar. Ein Maß für die Bedeutung der Plasmonenstreuung ist die Resonanzfrequenz dieser longitudinalen Eigenschwingungen

\begin{displaymath}\omega_{\mathrm p}= \sqrt{\frac{ne^2}{\epsilon_{0}\epsilon_{\mathrm{sc}}m}} \; .\end{displaymath} (1.79)


Longitudinale Wellen in einem Plasma verursachen Ausdehnungen und Verdichtungen in dem Elektronengas und zerstören dadurch die Ladungsneutralität. Sie bringen dadurch Rückstellkräfte aufgrund der Coulomb-Wechselwirkung ins Spiel. Die Plasmawellen werden durch schnelle Elektronen erzeugt, vergleichbar mit der Entstehung starker Oberflächenwellen, die ein schnelles Boot hinter sich erzeugt [KF89,Tom93]. Es sei $E_{\mathrm f}= E_{\mathrm i}\pm \hbar \omega_{\mathrm p}$ die Energie des Elektrons nach der Streuung, wobei das obere Vorzeichen Absorption und das untere Emission eines Plasmons bedeutet. Weiters sei die durchschnittliche Anzahl an Plasmonen der Frequenz $\omega_{\mathrm p}$ gegeben durch die Bose-Einstein Statistik

\begin{displaymath}
N(\omega_{\mathrm p}) = \frac{1}{\exp\left( \frac{\hbar\omega_{\mathrm p}}{k_{\mathrm
B}T_{e}}\right) -1} \; .
\end{displaymath} (1.80)


Es wird eine Vielzahl möglicher Eigenfrequenzen des Plasmas durch deren Resonanzfrequenz im thermodynamischen Gleichgewicht ersetzt. Wir vernachlässigen also die q-Abhängigkeit von $\omega$. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich daraus, daß die Elektronentemperatur bei hohen Feldern von der Gittertemperatur abweicht, wir aber a priori keine Informationen darüber haben [MDB96]. Die Übergangswahrscheinlichkeit für Elektron-Plasmon-Streuung lautet dann [JL89,PSB96]

 \begin{displaymath}P(\vec{k},\vec{k'})=\frac{2\pi}{\hbar}\, \frac{e^2\hbar^3 \,... ...}\,\delta \left( E_{\mathrm\vec{k'}}-E_{\mathrm f}\right)\; .\end{displaymath} (1.81)


Die totale Streurate $\lambda_{\mathrm{ab}}^{\mathrm{p}}$ für die Absorption (+) eines Plasmons ergibt sich durch Integration von (1.81) integriert über alle möglichen Endzustände

\begin{displaymath}\lambda_{\mathrm{ab}}^{\mathrm{p}} (k)= \frac{e^2 \,N(\omega_... ...alpha E_{\mathrm f}}{k}\,\log\frac{q_c}{q_{\mathrm{min}}} \; .\end{displaymath} (1.82)


Für die totale Streurate $\lambda_{\mathrm{em}}^{\mathrm{p}}$ für die Emission (-) eines Plasmons ergibt sich analog

\begin{displaymath}\lambda_{\mathrm{em}}^{\mathrm{p}} (k)= \frac{e^2 \,(N (\omeg... ...1+2\alpha E_{\mathrm f}}{k}\,\log\frac{q_c}{q_{\mathrm{min}}} \end{displaymath} (1.83)


mit

 \begin{eqnarray}q_{\mathrm c} &=& {\mathrm{Min}} (q_{\mathrm{max}},\beta)\nonum... ...{\mathrm i}\,(1+\alpha E_{\mathrm i} ) } }\, \right)\nonumber\; .\end{eqnarray} (1.84)


Der Energieerhaltungssatz beschränkt den möglichen Impulsübertrag auf das Intervall $[q_{\mathrm{min}},q_{\mathrm{max}}]$. Andererseits werden kollektive Anregungen für q>qc stark gedämpft. Da außerdem qc infolge starker Dämpfung in Si nur für $n\ge 10^{17}$ cm-3 überhaupt definiert werden kann, ist der maximale Impulsübertrag nicht unumstritten [RH86]. In der Literatur findet man Werte im Bereich der inversen Abschirmlänge $\beta$ [LF85,Fis91], sodaß wir q-Werte größer als $\beta$ ausschließen (1.84). Um die Einführung eines Grenzwellenvektors zu umgehen, muß man den Real- und Imaginärteil der im allgemeinen frequenzabhängigen dielektrischen Funktion untersuchen [Rid93], welche die dielektrische Antwort eines Systems auf eine externe Ladung beschreibt. Leider sind viele Modelle für die dielektrische Funktion, die auf unterschiedliche Näherungen beruhen, bekannt [RH86].

Aus Abbildung 1.2 erkennt man, daß bei etwa 1019 cm-3 ein Minimum entsteht. Dieses kommt duch das Verschwinden der Plasmonstreuung zustande, wenn die Plasmaenergie größer wird als die mittlere thermische Energie der Elektronen, sodaß die Absorption oder Emission von Plasmonen durch Leitungselektronen sehr unwahrscheinlich wird. Die Plasmonenstreuung ist ein stark anisotroper Streuprozeß mit bevorzugter Vorwärtsstreuung. Für den Winkel nach der Streuung ergibt sich mit Hilfe der direkten Methode der Ausdruck [Tom93]

\begin{displaymath}\cos\theta_{r} = \frac{k^2 + k_{f}^2 - q_{\mathrm{min}}^{2(1-r)}\,q_{c}^{2r} }{2k k_{f}}\; .\end{displaymath} (1.85)



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Kaiblinger-Grujin Goran
1997-12-06