next up previous
Next: 3.5 Zustand nach der Streuung Up: 3 Monte-Carlo-Methode Previous: 3.3 Mittelwertbildung

3.4 Kleinwinkelstreuung


 

Abbildung 3.6: Vergleich der Elektronenbeweglichkeit (BH) bei Verwendung von $\sigma$ und $\sigma_{\mathrm m}$ als Funktion der Störstellenkonzentration bei 300 K.

\begin{figure}\psfrag{e2}{\hspace{-0.2cm}$10^2$}\psfrag{y-mob}{Electron Mobili... ...s{mobsigm.eps}}\end{center}\begin{center}\parbox{14cm}{}\end{center}\end{figure}


Streuprozesse wie die Streuung an ionisierten Störstellen liefern besonders bei niedriger Dotierung kleine Streuwinkel, die die Beweglichkeit kaum beeinflußen, jedoch oft über 90% der Streuungen ausmachen, da auf Grund der langreichweitigen Coloumb-Wechselwirkung der Streuwirkungsquerschnitt bei schwacher Abschirmung sehr groß wird (Abbildung 3.5). Der scheinbare Widerspruch liegt darin, daß nicht der totale Streuwirkungsquerschnitt (1.4), sondern der Impulswirkungsquerschnitt

\begin{displaymath}\sigma_{\mathrm m} (k) = 2\pi\int\limits_{-1}^{1} \sigma (k,\theta) \,(1-\cos\theta ) {\mathrm d}(\cos\theta )\end{displaymath} (3.24)


die Beweglichkeit $\mu$ bestimmt. $\sigma_{\mathrm m}$ ist also das Integral des differentiellen Wirkungsquerschnitts $\sigma (\theta) $, gewichtet mit der Differenz aus dem Betrag der Gruppengeschwindigkeit und deren x-Komponente. Um den Einfluß von $\sigma_{\mathrm m}$ auf die Beweglichkeit zu verstehen, wollen wir vom Streuterm der Boltzmann-Transportgleichung ausgehen, der im nicht-entarteten Fall lautet

 \begin{displaymath}\left( \frac{\partial f}{\partial t}\right)_{c} = \frac{V_0}... ...'})- P(\vec{k},\vec{k'}) f(\vec{k})\}\,{\mathrm d}\vec{k'}\,.\end{displaymath} (3.25)


Wenn man nun (3.25) mit $\vec{p}\!=\! \hbar \vec{k} $ multipliziert und über alle $\vec{k}$ integriert, erhält man die mittlere Impulsverlustrate infolge von Streuprozessen:

   \begin{eqnarray}\left( \frac{\partial \vec{p}}{\partial t}\right)_{c} &=& \int\l... ...})\, \vec{k}\,\tau_{\mathrm m}^{-1}(\vec{k})\,{\mathrm d}\vec{k}\end{eqnarray} (3.26)



 

Abbildung 3.7: Verhältnis aus Impuls- und Stoßwirkungsquerschnitt als Funktion der Störstellenkonzentration für drei Elektronenenergien normiert mit $k_{\mathrm B}T$ bei Raumtemperatur.

\begin{figure}\psfrag{a16}{\raisebox{-1ex}{\hspace{-0.2cm}$10^{16}$}}\psfrag{a... ...ics{sigfr.eps}}\end{center}\begin{center}\parbox{14cm}{}\end{center}\end{figure}


Der Übergang in (3.26) setzt voraus, daß P nicht vom Azimutwinkel $\phi$, sondern nur vom Streuwinkel $\theta$ abhängt, also ein zylindersymmetrisches Problem vorliegt. Für ein zentralsymmetrisches Potential ist diese Annahme erfüllt. Aus (3.26) sieht man nun, warum $\sigma_{\mathrm m}$ im Fall von stark anisotropen Streuprozessen um Größenordnungen kleiner sein kann. Die Impulsrelaxationszeit $\tau_{\mathrm m}^{-1}$ ist nämlich definiert als

 \begin{eqnarray}\tau_{\mathrm m}^{-1}&=& N_i\,
v_g(k)\, \sigma_{\mathrm m} (k) \; .\end{eqnarray} (3.27)


Nun läßt sich die Beweglichkeit nach [BKBM+87,LT92] definieren als

 
\begin{displaymath}\vec{J} = -\mu \,\left( \frac{\partial
\vec{p}}{\partial t}\right)_{c} \; .\end{displaymath} (3.28)


In dieser allgemeinen Definition ist $\mu$ ein Tensor, da infolge anisotroper Bandstruktur und nicht-symmetrischer Verteilungsfunktion die Stromdichte $\vec{J}$ und die vektorwertige Impulsverlustrate im allgemeinen nicht kollinear sind. Die Elektronenstromdichte ist definiert als

 \begin{displaymath}\vec{J} = -e\int\limits_{\vec{k}} \vec{v}_{\mathrm{g}} (\vec{k})\, f(\vec{k})\, {\mathrm d} \vec{k}\; .\end{displaymath} (3.29)



 

Abbildung 3.8: Vergleich der relativen Häufigkeiten der Coulomb-Streuung (BH) bei Verwendung von $\sigma$ und $\sigma_{\mathrm m}$ als Funktion der Störstellenkonzentration bei 300 K.

\begin{figure}\psfrag{a16}{\raisebox{-1ex}{\hspace{-0.2cm}$10^{16}$}}\psfrag{a... ...coul-comp.eps}}\end{center}\begin{center}\parbox{14cm}{}\end{center}\end{figure}


Eine skalare Beweglichkeit erhalten wir nun durch Betragsbildung von (3.29)

 \begin{displaymath}\mu= %\frac{\left \vert \int e\, \vec{v}_{\mathrm g} (\vec{... ...mathrm{k})\; f(\vec{k}) \; {\mathrm d}\vec{k}\right\vert}\; .\end{displaymath} (3.30)


Aus (3.30) erkennt man, daß für die Beweglichkeit der Impulswirkungsquerschnitt maßgeblich ist und nicht der Stoßwirkungsquerschitt, der in der Monte-Carlo-Methode zur Berechnung der totalen Streurate benötigt wird. Das ist auch der Grund, warum bei niedriger Dotierung trotz dominierender Störstellenstreuung die Beweglichkeit von vergleichsweise wenigen Phononenstreuprozessen bestimmt wird. Man kann nun zeigen, daß es zur Berechnung der Niederfeldbeweglichkeit unter bestimmtem Voraussetzungen irrelevant ist, ob man die totale Streurate über den Stoßquerschnitt $\sigma (k,\theta)$ berechnet oder aber $\sigma_{\mathrm m }(k,\theta)$ zu Hilfe nimmt und eine isotrope Winkelverteilung nach der Streuung annimmt. Neben der Gültigkeit der goldenen Regel von Fermi muß vorausgesetzt werden, daß die Verteilungsfunktion als Reihe in Legendre-Polynome höchstens erster Ordnung darstellbar ist. Da Glieder höherer Ordnung in $\cos\theta$ für die Ohmsche Beweglichkeit keine Rolle spielen, ist diese Approximation in allen praktischen Anwendungen vollkommen ausreichend (Abbildung 3.6). Durch die Einführung eines solchen isotropen Streuprozesses erzielt man zwei Verbesserungen. Einerseits vermindert sich die Zahl der Kleinwinkelstreuungen um Größenordnungen, und andererseits fällt die oft nur numerisch mögliche Berechnung der anisotropen Winkelverteilung des Elektrons nach der Streuung weg [Kos97] (Abbildung 3.7). Das oft zitierte und weit verbreitete Modell von Ridley [Rid77], daß den Wirkungsquerschnitt exponentiell mit einem eher willkürlichen Parameter wichtet, um kleine Streuwinkel zu unterbinden, sollte vermieden werden, da es die Beweglichkeit willkürlich verändert.


next up previous
Next: 3.5 Zustand nach der Streuung Up: 3 Monte-Carlo-Methode Previous: 3.3 Mittelwertbildung

Kaiblinger-Grujin Goran
1997-12-06