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3.2.1 Elektrothermische Randbedingungsmodelle  

Verwendet man thermische Randbedingungsmodelle in Kombination mit elektrischen Randbedingungsmodellen, wie es z.B. das OHM'sche Kontaktmodell darstellt, dann müssen mögliche thermische Erwärmungseffekte des idealisierten Kontaktmodells berücksichtigt werden [8,52]. Diese Erwärmungseffekte betreffen die Oberflächenrekombination der Löcher, sowie die Ein- bzw. Austrittsarbeit der Elektronen vom Metall in den Halbleiter.

Derzeit ist in MINIMOS-NT ein OHM'sches Kontaktmodell implementiert, das die Ladungsträgerkonzentrationen von Elektronen und Löchern (n,p) am Kontakt folgend berechnet

 \begin{eqnarray}
n=N_c\cdot \exp \left(\frac{-E_c + q\cdot \psi_{BI}}{k_B\cdot T...
 ...\exp \left(\frac{E_v - q\cdot \psi_{BI}}{k_B\cdot T_L}\right)\; .
\end{eqnarray} (3.14)

Die Größe $\psi_{BI}$ entspricht dabei dem eingeprägten Potential, welches sich aus der lokalen Nettodotierstoffverteilung bestimmt. Überwiegen die lokalen Donatoren gegenüber den Akzeptoren, so ist das lokal eingeprägte Potential positiv. Ist der Halbleiter im thermischen Gleichgewicht, d.h. es wirken keine Kräfte auf die freien Ladungsträger, so sind die positiven Donatoratome durch freie Elektronen kompensiert, der Halbleiter ist lokal ladungsneutral. Im Fall des OHM'schen Kontaktes gilt diese Bedingung am Kontaktpunkt. Da gleichzeitig jedoch das Produkt $n\cdot p=n_i^2$ gilt, so bedeutet das, daß am Kontaktpunkt lokale Minoritätsladungsträger vorhanden sind. Da Metalle Elektronenleiter sind, müssen die am Kontakt vorhandenen Löcher rekombiniert oder generiert werden. Die dabei auftretende Rekombinationswärme wird durch das Gitter abgeführt. Das implementierte Kontaktmodell geht davon aus, daß die Rekombinationsgeschwindigkeit am Kontakt als unendlich angenommen wird. Das bedeutet, daß die Rekombination der Löcher nicht bauteilbestimmend ist.

Passieren die verbleibenden Elektronen die Metall-Halbleitergrenze, so müssen sie die Potentialdifferenz der Leitungsbandkante Ec zur persnameFermi-Energie des Metalls EF überwinden (Abb. 3.1). Im Fall des Drift-Diffusionsmodells nehmen sie dazu Energie vom Gitter auf, bzw. geben diese an das Gitter ab. Treten Elektronen in einem n-Halbleiter vom Halbleiter in den Metallkontakt über, so muß jedem Elektron die Austrittsenergie $E_a\!
=E_c\!-\! E_{\psi,BI}
=E_c\!+\!q\!\cdot\!\psi_{BI}$ in Form thermischer Energie vom Halbleitergitter zugeführt werden.


  
Abbildung 3.1: Energieverhältnisse am Metall/n-Halbleiter Kontakt.
\begin{figure}
 \centering \includegraphics [width=10.0cm]{ps/kontact.eps}
\begin{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Das OHM'sche Kontaktmodell ist ein idealisiertes elektrothermisches Modell, welches für die Kontaktfläche ausgewertet wird. Bei der Simulation werden dabei alle örtlich auftretenden mikroskopischen Effekte [52] auf eine unendlich dünne Kontaktfläche zusammengefaßt. Im zweidimensionalen Fall entspricht diese Kontaktfläche einer Kontaktlinie, die durch die Segmentgrenze festgelegt wird. Mögliche vorhandene Energieüberträge an das Kristallgitter können im Rahmen dieses Modell nur sinnvoll einbezogen werden, wenn man sie durch Flächendivergenzen des Energieflusses beschreibt

 \begin{eqnarray}
\mathop\mathrm{div_A}\cdot \vec{S}_L(\vec{r},t)=H_\mathrm{A}(\vec{r},t)\; .
\end{eqnarray} (3.15)

Flächendivergenzen des Energieflusses bewirken einen Sprung der ersten Ableitung des Temperaturverlaufs. Die Größe $H_\mathrm{A}(\vec{r},t)$ stellt den Flächenenergieübertrag der Ladungsträger auf das Kristallgitter dar. Sie berechnet sich aus den Stromanteilen der Elektronen und Löchern zu

 \begin{eqnarray}
H_\mathrm{A}(\vec{r},t)= J_n\cdot \left(\frac{E_c}{q} +\psi_{BI}\right)+J_p\cdot \left(\frac{E_v}{q} +\psi_{BI}\right)\; .
\end{eqnarray} (3.16)

Die in MINIMOS-NT implementierten Differentialgleichungen sind Flußgleichungen für die zu lösenden Variablen. Dabei wird das Potential aus der Gleichung des dielektrischen Flußes bestimmt. Die Ladungsträgerkonzentrationen werden aus den Stromflußgleichungen bestimmt, die Temperaturen aus den entsprechenden Energieflußgleichungen. Bei den Randbedingungsmodellen wird dieser Fluß durch eine Gleichung ersetzt, die eine explizite Bedingung für die Lösungsvariable vorgibt. So wird für die Konzentration statt der Flußgleichung Gleichung (3.14) gesetzt. Die Information des Randflusses wird jedoch nicht verworfen, sondern weiterverwendet, um z.B. aus den Teilströmen der jeweiligen Boxen den Gesamtstrom, der über den Kontakt fließt, zu berechnen. Dabei werden die Einzelstrombeiträge der Randboxen umgeleitet und zu einer neuen Gleichung zusammengefaßt, die den Gesamtstrom über den Kontakt beschreibt. Auch der Elektronenkontaktstrom und der Löcherkontaktstrom wird auf diese Weise berechnet. Neben dem Umleiten der Teilströme zu einer Gesamtstromgleichung erlaubt die Funktionalität des Gleichungsaufbaus von MINIMOS-NT weit komplexere Manipulationen.

Im Falle der elektrothermischen Randbedingungsmodelle werden die elektrischen Teilströme der jeweiligen Randboxen mit der Energiedifferenz

\begin{eqnarray}E_c/q+\psi_{BI} \qquad\mathrm{bzw.}\qquad E_v/q+\psi_{BI} 
\end{eqnarray} (3.17)

multipliziert und zu den Randteilströmen der Energieflußgleichung der Gittererwärmung addiert. Dies geschieht automatisch beim Aufbau des Gleichungssystems, ein zusätzliches Eintragen von Termen in das Gleichungssystem ist nicht notwendig. Die dazu notwendigen Anweisungen sind im Randbedingungsmodell für die Ladungsträgerkonzentrationen implementiert.

Erst die Einbeziehung der thermischen Randbedingungseffekte in die Bauteilsimulation ermöglicht es, die Äquivalenz von elektrischer und thermischer Energie zu zeigen. Sind alle m Bauteilkontakte elektrisch und thermisch aktiv und nimmt man an, daß ein Energieaustausch nur über die Kontakte stattfindet, so entspricht im stationären Fall die aus dem Bauteil abfließende Wärme Ptherm der elektrischen Leistung Pel.

 \begin{eqnarray}
P_{therm}=\sum_{i=1}^m \vec{N}_i\cdot\vec{S}_{L,i,th.}=P_{el.}=\sum_{i=1}^m \vec{N}_i\cdot\vec{I}_i\cdot U_i\; .
\end{eqnarray} (3.18)

$\vec{N}_i$ entspricht dabei dem Kontaktflächennormalvektor.

Das elektrothermische Randmodell des Halbleiters mit dem idealen Leiter (OHM'scher Kontakt) ist sowohl für die Drift-Diffusionssimulation, als auch für die hydrodynamische Simulation geeignet. Das Modell entspricht jedoch eher dem Drift-Diffusions Modell, da die von den Ladungsträgern aufgenommene Energie augenblicklich relaxiert. Im Fall der hydrodynamischen Simulation wird weiters angenommen, daß die Ladungsträgertemperatur am Kontakt Gittertemperatur annimmt.


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Martin Knaipp
1998-10-09