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7.2.2 Abbruchbedingungen, Lösungsmethoden  

Eine Bauteilsimulation ist dann beendet, wenn sowohl die Norm des Residuenvektors als auch die Norm des Korrekturvektors unter einem vorgegebenen Wert liegt. Als Norm kann dafür die quadratische Norm oder die Unendlichnorm herangezogen werden. Während die Unendlichnorm ein Maß für die maximale Abweichung darstellt, so beschreibt die quadratische Norm eine mittlere Abweichung. Die quadratische Norm ist daher besser als Maß für die Bewertung des globalen Abweichens geeignet als die Unendlichnorm. Um eine vom Arbeitspunkt unabhängige Berechnung der Vektornormen durchzuführen ist es notwendig, relative Normen zu berechnen. Im Fall der Normen des Korrekturvektors bezieht man sich auf den aktuellen Wert der Lösungsvariablen. Im Fall der Normen des Residuenvektors ist dies nicht möglich, da das Residuum nahe der Lösung beliebig klein werden kann. Eine Möglichkeit besteht jedoch darin, die Residuumsnorm auf ein Referenzwert zu beziehen. In MINIMOS-NT wird das Residuum über die sogenannten Kontrollfunktionen [18] bestimmt. Aufgrund der Boxintegrationsmethode handelt es sich dabei um eine Flußintegration über die betrachtete Boxoberfläche. Um eine von der Größe der Box unabhängige Bewertung des Residuums zu erhalten, muß daher die Kontrollfunktion durch die Boxfläche dividiert werden. Bei einer zweidimensionalen Simulation entspricht dies einer Division durch die Boxumrandung. Die Referenzresiduen könnten im Fall des elektrostatischen Flusses durch die Annahme von vorgegebenen Raumladungsdichten errechnet werden. Diese Raumladungsdichten bewirken eine elektrische Flußdichte, die einen Wert für einen maximal zulässigen Fehler darstellt. Im Fall der Stromgleichungen könnten die Referenzresiduen durch geeignete Generationsraten angegeben werden.

Ist die Norm des Residuenvektors klein, so bedeutet dies im Fall der Boxintegrationsmethode, daß die Erhaltungssätze der Flüsse gewährleistet sind. Im Fall der Bauteilsimulation ist man jedoch direkt an den Lösungsvariablen interessiert. Ist das Residuum einer betrachteten Box klein, so bedeutet dies nicht automatisch, daß die Lösungsvariable entsprechend genau berechnet ist. Im Fall der hydrodynamischen Simulation berechnet sich ein bestimmter Strom zwischen zwei Gitterpunkten durch die Gradienten der Trägerkonzentration und der Trägertemperatur. Verlaufen diese Gradienten in entgegengesetzte Richtung, so kann die Lösung sehr sensitiv auf die Variablen der Trägertemperatur bzw. -konzentration sein. Dies bedeutet, daß die Normen der Residuenvektoren von Trägertemperaturen und Trägerdichten schon unter der Abbruchbedingung liegen, während die Lösungsvariablen n, p, Tn und Tp noch unbestimmt sind.

Die Bewertung der Abbruchbedingung ausschließlich durch die Größe des Korrekturvektors kann ebenfalls problematisch sein. Im Folgenden wird davon ausgegangen, daß man im Einzugsgebiet der Lösung ist und aus dem Grund nicht mehr gedämpft wird. Nur wenn alle Ableitungen des Gleichungssystems korrekt berechnet werden, wird im Einzugsgebiet quadratische Konvergenz erreicht, d.h. der Korrekturvektor und das Residuum streben quadratisch gegen Null. Vernachlässigt man Ableitungen, so kann Konvergenz erzielt werden, jedoch ist in der Regel quadratische Konvergenz nicht mehr gegeben. Dies äußert sich darin, daß der Korrekturvektor bereits relativ klein ist, aber dennoch viele Iterationen nötig sind, um die geforderte Abbruchbedingung zu erreichen. Der Grund liegt in der Fehlberechnung des Korrekturvektors, der somit nur vorgibt, nahe an der Lösung zu sein.

Die Spezifikation der Abbruchbedingung über Normen erfordert Erfahrung in der Bewertung der Einzelnormen. Wie in Abschnitt 7.2.1 gezeigt, stellen sich bei einer Diode in Sperrichtung die Trägerkonzentrationen erst nach der Lösung des Potentials ein. Dies hat Auswirkungen auf die Bewertung des Simulationsergebnisses. Ist man am Sperrstrom interessiert, so kann die Simulation bei einer entsprechend kleinen Norm des Potentialkorrekturvektors beendet werden, wobei die Norm des Temperaturkorrekturvektors noch reltiv groß sein kann. Soll die Temperaturverteilung der Ladungsträger in der Raumladungszone ermittelt werden, so ist eine niedrige Norm des Temperaturkorrekturvektors für den Abbruch notwendig.

Im Zuge der Arbeit ist untersucht worden, ob eine Verbesserung der Konvergenz durch ein adaptives Dämpfungsverfahren des Korrekturvektors erreicht werden kann. Dabei ist das Ziel, durch das Verfahren die Anzahl der Iterationen zu minimieren. Dies könnte dadurch erreicht werden, daß noch vor der ersten Iteration eine Initialdämpfung bestimmt wird. Statt mit dem neu errechneten Korrekturvektor ein neues Gleichungssytem zu lösen, werden jedoch nur neue Lösungsvariablen berechnet, um das Residuum auszuwerten. Danach wird ein neuer Korrekturvektor durch eine leicht geänderte Dämpfung berechnet, wobei wieder das Residuum ermittelt wird. Dabei wird die geänderte Dämpfung aus der Orginaldämpfung berechnet, indem diese mit einem bestimmten Faktor multipliziert wird, der bei den gemachten Untersuchungen im Bereich 0.8 bis 1.2 gewählt wurde. Dies wird mit unterschiedlichen Dämpfungen wiederholt, um schließlich jene Dämpfung zu verwenden, die das kleinste Residuum ergibt. Das Berechnen der Residuen erhöht den numerischen Aufwand, jedoch kann mit dem Verfahren eine optimale Dämpfung für unterschiedliche Größen erreicht werden. Um eine optimale Gesamtkonvergenz zu erreichen, müßte man bei kleinen Normen des Potentialkorrekturvektors auf die Residuumsminimierung der Konzentrationen oder der Ladungsträgertemperaturen wechseln, da diese Residuen in vielen Fällen noch bedeutend größer sind. Bei stark gekoppelten Lösungsvariablen, wie es z.B. bei der Diode in Flußrichtung vorkommt, müßten von Anfang alle Normen der Korrekturvektoren gleichmäßig minimiert werden. Die derzeit implementierte Dämpfung nach dem Potential erzielt in den meisten Fällen ebenfalls eine schnelle Konvergenz, auch im Fall einer starken Kopplung der Kontinuitätsgleichungen mit der Poissongleichung.

Im Fall der hydrodynamischen Simulation hat sich gezeigt, daß in vielen Fällen Konvergenz erreicht werden kann, wenn man zu Beginn der Simulation nicht die komplette JACOBI-Matrix auswertet. Durch diese Vorgehensweise strebt das nichtlineare Gleichungssystem auch bei großem Abstand von der Lösung dieser stetig zu, ohne daß die Trägertemperaturen große Schwankungen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Iterationen aufweisen. Dieses Verhalten zeigt sich, wenn man bei der Auswertung der Kontinuitätsgleichungen die Ableitungen der Stromdichten nach den Ladungsträgertemperaturen vernachlässigt. Fällt die Norm des Korrekturvektors unter einen vorgegeben Wert, so werden die vernachlässigten Ableitungen dazugeschaltet. In den meisten Fällen wird das Einzugsgebiet dann wieder verlassen, worauf die Ableitungen wieder vernachlässigt werden. Nach einigen Iterationen ist die Norm des Korrekturvektors erneut so niedrig, daß die Ableitungen wieder zugeschaltet werden können. Das Entfernen aus dem Einzugsgebiet wird in der Folge immer kleiner, wobei letztlich bei jeder Iteration mit der kompletten JACOBI-Matrix gerechnet wird. Bei vielen Bauteilen, wie z.B. MOSFETs, ist in diesem Zustand dann eine schnelle Konvergenz des Iterationsverfahrens gegeben.


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Martin Knaipp
1998-10-09