2.4.1 Allgemeine Überlegungen



next up previous contents
Next: 2.4.2 Spezielle Überlegungen für Up: 2.4 Elektronische Abbremsung Previous: 2.4 Elektronische Abbremsung

2.4.1 Allgemeine Überlegungen

 

Die elektronische Abbremsung ist viel komplizierter als jene durch die Atomkerne, was man schon aus einer Betrachtung der möglichen Ursachen erkennen kann:

Daher ist es nicht möglich, eine rein theoretische Behandlung anzugeben, die mit den Experimenten übereinstimmt. Das Modell von Ziegler und Biersack [Zie85] ist sowohl durch Anpassung an eine große Menge von Experimenten als auch durch grundlegende physikalische Überlegungen entstanden. Die abgeleitete analytische Funktion liefert die elektronische Abbremsung für praktisch beliebige Energien und Ion-Target-Kombinationen.

Die elektronische Abbremsung ist definiert als Energieverlust aufgrund von (wie den oben bereits beschriebenen) elektronischen Wechselwirkungsprozessen je Wegeinheit, gebrochen durch die Atomdichte des Targets (siehe Gl. (2.16)).

 

Die anschließende Diskussion besteht aus zwei Teilen: Zuerst wird der Energieverlust von leichten Teilchen (Wasserstoff und Helium) besprochen, weil dort die meisten experimentellen Daten vorliegen und He Stopping-Power in H Stopping-Power umgerechnet werden können. Daher kann eine Proton-Stopping-Power (H-Ionen) laut Gl. (2.17) angegeben werden.

 

Die Parameter bis sind von den Targetatomen abhängig. Diese Paramter sind in Tabellen festgehalten [Zie85]. Für Energien unterhalb von 25keV werden für die Proton Stopping Power Potenzgesetze verwendet (Gl. (2.18)), die bei 25 keV in Gl. (2.17) übergehen.

 

Für schwerere Elemente gibt es drei Bereiche, je nach Energie des Ions. Für sehr hohe Energien gibt es eine sehr gute Beschreibung nach der Bethe-Bloch-Theorie [Bet32]. Für niederenergetische Ionen, wenn Gl. (2.19)

  
Tabelle: Fermigeschwindigkeiten und Masse der wichtigsten in der Halbleiterherstellung vorkommenden Elemente nach [Zie85].

 

gilt, dann ist die elektronische Abbremsung annähernd proportional zur Geschwindigkeit des Ions (1 [amu] = 1.660531 kg). In diesem Fall kann die Stopping Power als Wechselwirkungsvorgang zwischen einem Elektronengas und einem Ion angesehen werden. Im mittleren Bereich - - ist eine Beschreibung wesentlich komplizierter. ist die Fermigeschwindigkeit des Festkörpers. Werte von für einige wichtige in der Halbleitertechnologie verwendete Elemente können Tabelle 2.1 entnommen werden.

Nach Ziegler und Biersack wird im Bereich das Modell nach Brandt und Kitagawa verwendet [Bra82]. Allerdings wird dieses Modell durch Fitparameter, die an Experimente angepaßt wurden, erweitert. Im niederenergetischen Bereich geht diese elektronische Abbremsung dann stetig in die bereits erwähnte geschwindigkeits-proportionale Form über. Um nun eine Funktion für schwere Elemente zu erhalten, wird das in Gl. (2.20) angegebene Skalierungsgesetz verwendet.

  
Abbildung: Relative effektive Ladung des Ions nach Gl. (2.21) für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon.

 

Dabei gibt die relative effektive Ladung des Ions an. ist die effektive Ladung des Ions. Mit Gl. (2.20) ist es also möglich, für eine bestimmte Geschwindigkeit und für ein bestimmtes Targetmaterial die entsprechende elektronische Abbremsung für ein Ion aus der elektronischen Stopping-Power für Protonen umzurechnen. Als beste Approximation für die relative effektive Ladung geben Ziegler und Biersack

 

an. In Gl. (2.21), die für einige Elemente, die für die Implantation als Ionen in Frage kommen (Bor, Phosphor, Arsen und Antimon), in Abb. 2.5 gezeigt ist, ist die Ionisierung des Ions, das heißt, die aktuelle Anzahl der Elektronen, die das Ion mitführt, dividiert durch die Anzahl der Elektronen, die das entsprechende neutrale Atom hätte. Das heißt, daß das Ion für vollständig ionisiert und für neutral ist. ( m/s) ist die Bohrgeschwindigkeit, ( Å) der Bohrradius und ist die Abschirmlänge des Ions (siehe Gl. (2.22)). ist in Abb. 2.6 - für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon - gezeigt.

  
Abbildung: Abschirmlänge des Ions nach Gl. (2.22) für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon.

 

Die Ionisierung des Ions wird nach Gl. (2.23), die aus einer Anpassung an Experimente gewonnen wurde, bestimmt [Zie85]. ist eine normierte Relativgeschwindigkeit (Gl. (2.24)). Zur Illustration ist für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon in Abb. 2.7 abgebildet.

 

  
Abbildung: Ionisierung des Ions nach Gl. (2.23) mit aus Gl. (2.25). (Werte für aus Tabelle 2.1).

 

ist die mittlere Relativgeschwindigkeit zwischen Ion und den Leitungselektronen des Targets. Diese Relativgeschwindigkeit kann aus der Geschwindigkeit des Ions und der Fermigeschwindigkeit nach Gl. (2.25) berechnet werden. ist in Abb. 2.8 für Bor, Phosphor, Arsen und Antimon illustriert.

 

  
Abbildung: Relativgeschwindigkeit nach Gl. (2.25) zwischen Ion und Leitungselektronen des Targets. (Werte für aus Tabelle 2.1).

Für kleine Energien wird wieder ein Potenzgesetz nach Gl. (2.26) verwendet.

 

Die Grenze zwischen dem Potenzgesetz und dem Brandt-Kitagawa-Modell ist laut Gl. (2.27) gegeben. Der Gültigkeitsbereich der Brandt-Kitagawa-Theorie selbst liefert diesen Grenzwert [Bra82].

 

Die hier dargestellten Formeln gelten für alle Ion-Target-Kombinationen. Daher konnten die Fitparameter durch Anpassung an über 10000 experimentelle Daten bestimmt werden. Allerdings kann nach diesem Modell die elektronische Abbremsung nur in einatomigen Targets berechnet werden. Für zusammengesetzte Materialien - wie etwa - wird zuerst die elektronische Abbremsung für jede Atomsorte berechnet, und dann werden - nach dem ,,Braggschen Gesetz`` - die einzelnen Werte gewichtet mit ihrem relativen Vorkommen im Target aufsummiert. Da die Berechnung der elektronischen Stopping Power sehr rechenzeitintensiv ist, wird hier ebenfalls wieder ein Tabellenverfahren angewandt. Die elektronische Stopping-Power ist allerdings nur von einem Parameter (der Energie) abhängig, was in diesem Falle die Interpolation vereinfacht.



next up previous contents
Next: 2.4.2 Spezielle Überlegungen für Up: 2.4 Elektronische Abbremsung Previous: 2.4 Elektronische Abbremsung



Martin Stiftinger
Sat Oct 15 14:00:19 MET 1994