2.4 Topographiesimulation durch Lösung einer Diffusionsgleichung



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2.4 Topographiesimulation durch Lösung einer Diffusionsgleichung

Ein interessanter Ansatz für die Topographiesimulation wurde von Fujinaga et al. [Fuj90] vorgestellt. Die Bewegung der Oberfläche wird durch Lösen einer Diffusionsgleichung beschrieben, wobei sich die Geometrie am Ende eines Zeitschrittes als Konturlinie der Lösungsfunktion darstellt. Abbildung 2.31 zeigt einen Schnitt durch das Simulationsgebiet. stellt die Ätzmittelkonzentration und die Materialkonzentration dar. Das Simulationsgebiet wird in drei Bereiche unterteilt. Im Bereich I dominiert die Diffusion des Ätzmittels, die chemischen Reaktion des Ätzmittels mit dem zu ätzenden Material wird vernachlässigt. Im Bereich II kommt es gleichzeitig zu Diffusion des Ätzmittels und chemischer Reaktion mit dem zu ätzenden Material, im Bereich III sind beide Effekte vernachlässigbar. Die folgenden Gleichungen beschreiben dieses Verhalten:

Bereich I:

 

  
Abbildung 2.31: Material- und Ätzmittelkonzentration im Simulationsgebiet.

Bereich II:

Bereich III:

stellt den Diffussionsfluß des Ätzmittels und den zugehörigen Diffusionskoeffizient dar. und sind chemische Reaktionsraten, und beschreiben die Material- und Ätzmittelkonzentration im chemischen Gleichgewicht.

Im Bereich II dominiert im allgemeinen die chemische Reaktion gegenüber der Diffusionsreaktion, sodaß gezeigt werden kann, daß die geometrische Ausdehnung dieses Bereiches hinreichend klein gegenüber den Abmessungen der Geometrie wird [Fuj90]. Unter dieser Vorraussetzung () kann die Ätzfront nun durch den Ätzmittelkonzentrationswert an der Stelle beschrieben werden. Der konstante Konzentrationswert beginnt sich durch den Diffusionsprozeß weiter in das Material hinein zu bewegen, es kommt damit zu einer Bewegung der Ätzfront.

Unter der Annahme, daß der Diffusionskoeffizient nicht von der Konzentration abhängt (lineares Diffusionsproblem), erhält man als Lösung der Diffusionsgleichung im Bereich I [Cra75]

 

Die Lösungsfunktion beschreibt die Ätzmittelkonzentration für das eindimensionale Problem unter der Annahme konstanter Oberflächenkonzentration . Der geometrische Ort der Ätzfront läßt sich damit als Funktion der Konzentration an der Stelle beschreiben

 

Damit erhält man für die Geschwindigkeit der Ätzfront

 

Aus Gleichung 2.22 und Gleichung 2.23 erkennt man, daß die Distanz, um die sich die Ätzfront bewegt, proportional zu ist, wobei die Geschwindigkeit der Bewegung proportional zu erfolgt. Setzt man für die Wurzel des Diffusionskoeffizienten

 

so wird aus Gleichung 2.22

 

wobei die Ätzrate des Materials beschreibt, ist die zugehörige Ätzzeit, und sind Proportionalitätskonstanten ohne weitere physikalische Interpretation. Mit Gleichung 2.24 wird die Ätzzeit proportional zur Wurzel der Diffusionszeit . Setzt man weiters und , so erhält man mit für den Konzentrationswert an der Stelle :

 

Das Prinzip der Methode besteht nun darin, diesen Konzentrationswert während des Diffusionsprozesses zu verfolgen. Wählt man entsprechend Gleichung 2.25 quadratische Diffussionszeitschritte, also z.B. ,, , so bewegt sich die Ätzfront entsprechend der gewählten Ätzrate um lineare Wegstrecken. Die Ätzrate ist dabei über Gleichung 2.24 mit dem Diffusionskoeffizienten verknüpft.

Abbildung 2.32 zeigt die Lösung des eindimensionalen Diffusionsproblems in Abhängigkeit der Diffusionszeit, Abbildung 2.33 zeigt die entsprechende Konturline für den Konzentrationswert . Die Ätzrate für dieses Beispiel beträgt , der zugehörige Zeitschritt wurde zu gewählt. Damit ergibt sich pro Zeitschritt ein zurückgelegter Weg von 0.316 , wobei zu beachten ist, daß diese Wegstrecke proportional zur Wurzel der Diffusionszeit anwächst (a = b).

Die Bewegung der Ätzfront kann also durch die Lösung einer Diffusionsgleichung beschrieben werden, wobei die Ätzrate und die Ätzzeit über die Gleichung 2.24 und Gleichung 2.25 mit den entsprechenden Größen des Diffusionsprozesses verknüpft sind. Für die praktische Simulation wird die zwei- oder dreidimensionale Geometrie durch quadratische oder würfelförmige Zellen beschrieben, wobei jeder Zelle ein bestimmter Konzentrationswert zugeordnet wird. Abbildung 2.34 zeigt das Prinzip des Algorithmus. Am Beginn jedes Zeitschrittes besteht das Simulationsgebiet aus Zellen, deren Konzentrationswert entweder oder ist. Zellen mit dem Konzentrationswert kennzeichnen Vakuumzellen während Zellen mit dem Konzentrationswert Materialzellen darstellen. Nach dem Lösen der Diffusionsgleichung werden die Konzentrationswerte der Zellen entsprechend dem Konzentrationswert aus Gleichung 2.26 umgesetzt. Zellen, deren Konzentrationswerte unter dem Schwellwert liegen, bleiben Materialzellen alle übrigen Zellen werden zu Vakuumzellen. Durch das Umsetzten der Konzentrationswerte kommt es zu einer Bewegung der Oberfläche, die durch Materialzellen, deren Nachbarzellen Vakuumzellen sind, beschrieben wird.





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Martin Stiftinger
Thu Nov 24 17:41:25 MET 1994