6.3.1 Nichtlinearitäten und Kopplungen in den zu lösenden Gleichungen



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6.3.1 Nichtlinearitäten und Kopplungen in den zu lösenden Gleichungen

Die Hauptgleichungen (3.95), (3.96), (3.97), (3.98) hängen nichtlinear von der Gittertemperatur ab. Wenn die Gittererwärmung signifikant ist, ist das thermische System stark mit dem elektrischen System gekoppelt. Die Rekombinationsrate, die Beweglichkeit, die (effektive) thermoelektrische Kraft und die effektive intrinsische Ladungsträgerkonzentration hängen von der Temperatur ab, während der Temperaturgradient als treibende Kraft wirkt und die Wärmegeneration eine Funktion der elektrischen Größen darstellt.

Thermoelektrischer Transport bedeutet, daß dem elektrischen Problem des Ladungsträgertransports ein Energiediffusionsproblem überlagert wird.

Die thermoelektrische Wechselwirkung beginnt mit der Produktion von Wärme durch Dissipation elektrischer Energie. Die Wärmegeneration ist der komplexeste physikalische Parameter im thermoelektrischen Transportmodell. Sie ist eine direkte Funktion der Stromdichten, der thermoelektrischen Kräfte, der effektiven thermoelektrischen Kräfte, der Rekombinationsrate, der intrinsischen Ladungsträgerkonzentration und der Temperatur. Dazu kommen starke indirekte Abhängigkeiten von den Beweglichkeiten, von den Ladungsträgerkonzentrationen insbesondere aber auch von der Temperatur. Diese direkte und indirekte Temperaturabhängigkeit stellt die Hauptursache der Nichtlinearität der Wärmeflußgleichung dar. Die schwache Temperaturabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit liefert einen zusätzlichen, schwachen Beitrag zur Nichtlinearität der Wärmeleitungsgleichung.

Die Poissongleichung ist nicht unmittelbar temperaturabhängig, weil vollständige Ionisation vorausgesetzt wird. Sie hängt indirekt von der Temperatur ab, weil Ladungsträgerkonzentrationen und damit Raumladungen von der im Bauelement existierenden Temperaturverteilung beeinflußt werden. Die signifikanteste thermische Wirkung auf die Poissongleichung ergibt sich durch die starke Temperaturabhängigkeit der eingebauten Potentiale (bzw. der Fermipotentiale) und die damit verbundenen Änderungen der Randbedingungen besonders an idealen, ohmschen Kontakten.

Die Ladungsträgerkontinuitätsgleichungen zeigen zwei in ihrer Wirkung fundamental unterschiedliche, direkte Abhängigkeiten von der Temperatur. Die doppelte Temperaturabhängigkeit der Stromrelationen entfaltet eine stabilisierende Wirkung auf die thermoelektrische Wechselwirkung. Weil die Beweglichkeit mit der Temperatur abnimmt, wird der Strom in heißen Gebieten kleiner. Zudem bewirkt der Thermodiffusionsstrom einen Abtransport von Ladungsträgern aus heißen Gebieten. Beide Effekte tragen zu einer Gleichverteilung des Stromes und damit der Temperatur bei. Die starke Abhängigkeit der Rekombinationsrate von der Temperatur, hauptsächlich vermittels der starken Temperaturabhängigkeit der intrinsischen Ladungsträgerkonzentration, äußert sich dagegen äußerst destabilisierend. Wenn eine kritische Temperatur erreicht ist, ändert die Rekombinationsrate das Vorzeichen. Die temperaturbedingte, massive, thermische Generation von Ladungsträgern bewirkt eine Stromeinschnürung mit verstärkter Energiedissipation, verbunden mit einer weiteren Temperaturerhöhung. Die starke Temperaturabhängigkeit der intrinsischen Ladungsträgerkonzentration beinflußt auch die Randbedingungen der Kontinuitätsgleichungen der Elektronen und Löcher (Ohmscher Kontakt).

Für das elektrische Subsystem werden Ohmsche Kontakte und homogene Neumannbedingungen angenommen. Um realistische (nichtideale) Kühlbedingungen modellieren zu können, sind gemischte Randbedingungen für die Wärmeflußgleichung eine Notwendigkeit. Die adäquate Modellbildung der schlechten Kühlbedingungen ist von besonderer Bedeutung für transiente, elektrothermische Simulationen, weil die charakteristische Zeit für Selbsterwärmungsvorgänge (thermische Relaxationszeit) mit zunehmendem äußeren, thermischen Widerstand steigt.



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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995