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G. Kaiblinger-Grujin
Physikalische Modellierung und Monte-Carlo-Simulation
der Elektronenbeweglichkeit in Silizium
Die Entwicklung hochintegrierter Schaltkreise in der Mikroelektronik erfordert ein physikalisches Verständnis des Ladungstransports und damit der Beweglichkeit der Ladungsträger. Diese Arbeit hat zum einem das Ziel, den Gültigkeitsbereich von bestehenden Beweglichkeitsmodellen für Elektronen aufzuzeigen sowie deren zugrunde gelegte Annahmen und Näherungen kritisch zu beleuchten. Zum anderen sollen neue Lösungsansätze untersucht werden, um eine bessere Übereinstimmung mit dem Experiment zu erreichen.
In dotiertem Silizium wird die Beweglichkeit der Elektronen durch die Streuung an ionisierten Störstellen begrenzt. Das oft verwendete Brooks-Herring Modell zur Beschreibung dieses Streuprozesses wurde in wesentlichen Punkten verbessert.
Mithilfe des klassischen Thomas-Fermi-Modells wird die räumliche Verteilung der Elektronen bei der Störstellenstreuung mitberücksichtigt. Unter der Annahme einer geschirmten Coulomb-Verteilung für die Elektronendichte einer Störstelle wird die totale Energie der Störstelle berechnet. Durch Minimierung des totalen Energiefunktionals erhält man für jeden Dopandentyp einen Größenparameter, der ein Maß für die räumliche Ausdehnung der Ladungsverteilung der Störstelle ist.
Durch lineare Superposition wird ein allgemeiner Ausdruck für das Streupotential von N räumlich ausgedehnten Störstellen hergeleitet. Aus Mangel an Informationen über die genaue statistische Verteilung der Störstellen in einem Halbleiter beschränken wir uns auf die Paar-Streuung, die über einen großen Dotierungsbereich einen starken Einfluß auf die Elektronenbeweglichkeit hat.
Schließlich wird auch die dispersive Abschirmung von freien Elektronen in dem Beweglichkeitsmodell berücksichtigt. Es wird gezeigt, daß deren Bedeutung ab einer Störstellenkonzentration von 1018 cm-3 entscheidend zunimmt.
Zur Berechnung des Streuwirkungsquerschnitts bedienen wir uns der Born-Näherung bis zweiter Ordnung. Ein exakter Ausdruck für die Streuamplitude zweiter Ordnung für eine geschirmte Coulomb-Ladungsdichte wird hergeleitet.
Durch Berücksichtigung der räumlichen Ausdehnung der Störstelle kann die Abhängigkeit der Elektronenbeweglichkeit vom Dopandentyp auf eine natürliche Weise ohne zusätzliche Einführung von Parametern erklärt werden. So konnte die zu P-dotiertem Silizium vergleichsweise niedrigere Beweglichkeit von Elektronen in As- und Sb-dotiertem Silizium erklärt werden. Andererseits konnte die höhere Elektronenbeweglichkeit und die verschiedenartige Temperaturabhängigkeit derselben in B-dotiertem Silizium im hohen Dotierungsbereich bestätigt werden. Daß das entwickelte Beweglichkeitsmodell auch auf Verbindungshalbleiter erfolgreich anwendbar ist, zeigen Simulationen in n- und p-dotiertem GaAs und InP.
Unsicherheiten über die Größe der Dielektrizitätskonstanten bei der Berechnung des Variationsparameters lassen jedoch eine endgültige Entscheidung über den Einfluß der räumlichen Ausdehnung der Ladungsdichte auf die Elektronenbeweglichkeit nicht zu. Falls weitere Untersuchungen feststellen sollten, daß die Dielektrizitätskonstante des Vakuums einzusetzen sei, könnte die räumliche Ausdehnung der Ladungsdichte die Abhängigkeit der Beweglichkeit vom Dopanden nicht vollständig erklären, sodaß deren physikalische Ursache weiterhin ungeklärt bliebe.
Monte-Carlo-Simulationen der Niedrigfeldbeweglichkeit in Silizium wurden durchgeführt, wobei eine analytische Bandstruktur und Fermi-Dirac-Statistik benutzt wurde. Um die Effizienz der Monte-Carlo-Methode zu verbessern, wurde eine neue Methode bei der Berechnung der Streuraten angewendet, die es ermöglicht Kleinwinkelstreuungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren, sodaß nun weit weniger Streuprozesse ausreichen, signifikante Ergebnisse zu erzielen. Außerdem müssen die Streuraten der Störstellenstreuung nicht mehr ausgewertet werden, sondern der Streuprozeß wird mit Hilfe der Verwerfungsmethode ausgewählt oder verworfen.
Um die Anwendbarkeit des entwickelten physikalischen Modells in der Bauelementsimulation zu ermöglichen, wurden aus diesen Monte-Carlo-Daten analytische Ausdrücke für die Majoritäts- und Minoritätsbeweglichkeit als Funktion der Temperatur, der Störstellenkonzentration und des Dopanden extrahiert. In jenen Bereichen, wo die verwendeten physikalischen Modelle ihre Gültigkeit verlieren, wurden die Ausdrücke an experimentelle Daten angepasst. Dadurch ist das entwickelte analytische Beweglichkeitsmodell im Temperaturbereich [77-500] K und im Konzentrationsbereich [1014, 1022] cm-3 anwendbar. Damit hat man erstmals die Möglichkeit, den Dopanden bei der Simulation von Bauelementen mitzuberücksichtigen.