Kurzfassung

Über viele Jahrzehnte hinweg ermöglichten Innovationen in Halbleiterindustrie das Skalieren von Transistoren entsprechend dem Mooreschen Gesetz. Darüber hinaus gibt es seit kürzerem intensive Bemühungen um verschiedenartige Funktionalitäten auf einem einzelnen Chip zu vereinen. Versuche dies in einer Ebene zu realisieren, verursachen Verdichtungen von elektrischen Leitungen und erhöhen Rauschen und Verzögerungen der Schaltungen. Diese Probleme können durch ein vertikales Stapeln der verschiedenen Technologien auf verschiedenen Ebenen des Chips gelöst werden, wobei auch für die elektrischen Leitungen drei Dimensionen genutzt werden. Diese Verbindungstechnologie zur dreidimensionalen Integration bietet zwar bedeutende Vorteile, wie bei vielen neuen Technologien kann es aber auch zu einigen Zuverlässigkeitsproblemen kommen. Ein wesentliches Zuverlässigkeitsproblem in modernen Leitungsstrukturen ist der Einfluss der Elektromigration, ein Effekt der bei hohen elektrischen Strömen zu Massentransport in metallischen Verbindungen führt, auf die Lebenszeit von Geräten. Die Vorhersage von elektromigrationsbedingter Lebenszeit ist damit wichtig um die Zuverlässigkeit von elektrischen Leitungen zu beurteilen. Beschleunigte Elektromigrationstests werden seit Jahrzehnten genutzt, um festzustellen welche Faktoren die Lebenszeit von elektrischen Verbindungen bestimmen, jedoch ist es sehr schwierig die Mechanismen hinter den Fehlern zu identifizieren. Hier bietet sich physikalische Modellierung als der praktikabelste Weg an.

Das multiphysikalische Problem der Elektromigrationsmodellierung teilt sich in zwei Phasen. In der frühen Phase entstehen Leerstellen und in der späten Phase kommt es zu einer Entwicklung der Leerstellen. Das Entstehen der Leerstellen in der ersten Phase ist bedingt durch die Entwicklung von Zugspannungen, im Besonderen in Bereichen geringer Adhäsion zwischen Metalllagen und umgebenden Material. Das Wachstum dieser Leerstellen in der späten Phase führt dann zu beträchtlichen Veränderungen des Leitungswiderstandes bis hin zu einer Unterbrechung des Schaltkreises. Die Lebenszeit elektrischer Verbindungen wird bestimmt durch einen maximalen Widerstandswert der in einer gegebenen Schaltung toleriert werden kann. Die Entwicklung des Zwei-Phasen-Modells für die Elektromigration und dessen Implementierung in kommerzieller Finite-Elemente-Methoden basierter Software ermöglicht effiziente numerische Simulationen.

In dieser Arbeit werden Elektromigrationssimulationen von realistischen Verbindungen in Integrationsarchitekturen durchgeführt, um deren Zuverlässigkeit abzuschätzen. Hierbei sind Fallstudien von hohlen Silizium-Durchkontaktierungen und Flip-Chip Lötkugeln besonders interessant. Bei ersteren treten elektromigrationsbedingte Fehler in der Nähe der Metallisierungsbarriere zwischen Durchkontaktierungen und den anliegenden Metallen auf. Sobald sich eine Leerstelle gebildet hat, wird deren Wachstum durch den elektromigrationsinduzierten Fluss von Vakanzen entlang der Oberfläche der Leerstelle verursacht. Die Kombination der Kinetik der beiden Fehlerphasen ermöglicht eine gute Abschätzung der Lebenszeit von elektrischen Verbindungen. Bei Flip-Chip Lötkugel-Technologien fördert die elektromigrationsbedingte Veränderung der Materialzusammensetzung die Bildung von Leerstellen an den Grenzschichten zwischen Lötkugeln und intermetallischen Verbindungen. Die Analyse zeigt, dass die Lebenszeit der Lötkugeln stark durch die frühe Fehlerphase bestimmt wird. Darüber hinaus wird eine bedeutsame Vergleichsstudie präsentiert, die den Einfluss von Geometrie und Mikrostruktur auf die Entwicklung von elektromigrationsbedingten Fehlern in normalen elektrischen Verbindungen untersucht. Simulationen ermöglichen die Abbildung von Elektromigrationsphänomenen in verschiedenen Strukturen und stellen aussagekräftige Ergebnisse über die Zuverlässigkeit sicher.



M. Rovitto: Electromigration Reliability Issue in Interconnects for Three-Dimensional Integration Technologies