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Unterabschnitte


1.4 Energiespektrum der Ladungsträger

Bei der quantenmechanischen Beschreibung des Elektrons im Kristall handelt es sich um ein Problem mit vielen wechselwirkenden Teilchen. Eine Untersuchung des Ladungstransportes mit einer solchen Beschreibung der Zustände ist jedoch aus Sicht des Rechenaufwands und der Komplexität nicht zielführend. Um das Problem zu vereinfachen, haben sich einige Näherungsmethoden etabliert.

Ein sehr weit verbreiteter Ansatz ist als Born-Oppenheimer-Näherung [49] in der Literatur zu finden. Dabei wird das Gesamtsystem in die beiden Subsysteme bestehend aus den Valenzelektronen auf der einen und den verbleibenden Atomrümpfen oder Gitterionen auf der anderen Seite zerlegt. Der Hamilton-Operator, der ja die Gesamtenergie des Systems beschreibt, kann dann als Summe von fünf Teilbeträgen angeschrieben werden.

$\displaystyle {} {\ensuremath{\mathsf{H}}} = {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{...
...{{\ensuremath{\mathsf{V}}}}}_{cc}+{\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{V}}}}}_{ee}$ (1.9)

Die Operatoren $ {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{T}}}}}_e$ und $ {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{T}}}}}_c$ stehen dabei für die kinetische Energie der beiden Subsysteme (Elektronen und Gitterionen). Der Operator $ {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{V}}}}}_{ce}$ beschreibt die Wechselwirkung der Gitterionen und der Elektronen. Die beiden verbleibenden Operatoren $ {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{V}}}}}_{cc}$ und $ {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{V}}}}}_{ee}$ beziehen sich dann auf die Wechselwirkung innerhalb der einzelnen Subsysteme.

1.4.1 Methode des selbstkonsistenten Feldes

Der in (1.9) angegebene Hamilton-Operator ist auf eine Vielteilchenwellenfunktion anzuwenden. Um das Problem für die Verwendung von Einteilchenwellenfunktionen umzuformen bietet die Methode der selbstkonsistenten Felder, beziehungsweise Hartree-Fock-Näherung, einen interessanten Ansatz ([50],[26], [39]). Die Vielteilchenwellenfunktion wird in einer Basis entwickelt, die aus antisymmetrischen Produkten von Einteilchenwellenfunktionen, den so genannten Slater-Determinanten, bestehen. Weiters wird als Nebenbedingung die Normierung der einzelnen Wellenfunktionen vorausgesetzt. Das Ergebnis aus dem Ritz'schen Variationsprinzips ist dann ein Satz von gekoppelten Schrödinger-Gleichungen für die Einteilchenwellenfunktionen.

Des weiteren werden noch Annahmen über das Subsystem der Gitterionen gemacht. Im Vergleich zu den Valenzelektronen handelt es sich um ein weitaus starreres System. Bei der Beschreibung werden also die Gitterionen als eine ruhendes System behandelt (adiabatische Näherung), das lediglich um diese Ruhelage gewisse Schwingungen ausführt, deren Energiequanten als Phononen bezeichnet werden.

In den gekoppelten Schrödinger-Gleichungen für die Einteilchenwellenfunktionen kommen dann die bereits erwähnten Potenzialterme vor. Über diese Terme ergibt sich auch die Verkopplung des Gleichungssystems, die vorerst eine Überführung des Problems auf voneinander unabhängige Einteilchenprobleme verhindert. Ein Ausweg ist jedoch die Vereinfachung der Potenzialterme. Dabei wird die Verknüpfung aller Einteilchenwellenfunktionen durch die Verwendung von Mittelwerten gelöst. Für die Potenziale wird dabei nur noch eine Abhängigkeit von einer mittleren Teilchendichte und nicht den einzelnen Zuständen angenommen.

1.4.2 Bandstruktur aus numerischen Methoden

Abbildung 1.4: Bandstruktur für Silizium.
\includegraphics[]{Theorie/BandstruktSi}

Es soll nun die praktische Durchführung der Lösung der Schrödinger-Gleichung zwecks Ermittlung der Bandstruktur skizziert werden. Aus dem Theorem von Bloch ist bekannt, dass es genügt die Wellenfunktion nur innerhalb der Elementarzelle zu bestimmen. Über verschiedene Ansätze, wie zum Beispiel der Pseudopotenzialmethode [6], kann nun der Verlauf der Eigenenergien der Einteilchenwellenfunktionen zu einem gegebenen Potenzial berechnet werden. Es werden nur noch Einteilchenwellenfunktionen betrachtet und in einer bekannten Basis für die Einheitszelle entwickelt. Bei der Berechnung werden noch die speziellen Symmetrien der Kristallstruktur berücksichtigt und entlang der ausgezeichneten Richtungen diese Energiewerte in Form von Energiebändern aufgezeichnet. Prinzipiell wird eine Einteilchen-Schrödinger-Gleichung gelöst in der die Wirkung der übrigen Teilchen auf ein zu bestimmendes Potenzial reduziert wurde. Zu jedem Wellenvektor werden nun diskrete Eigenenergien berechnet und in einem Diagramm (siehe Abbildung 1.4) dargestellt. Die so erhaltene Bandstruktur zeigt typischerweise charakteristische Minima und Maxima, die so genannten Täler [22]. Für die Untersuchung des Ladungstransports kann nun entweder diese gesamte Information herangezogen werden (Vollband-Monte Carlo-Simulation) oder aber man beschränkt sich auf einen speziellen Bereich der Bandstruktur.

1.4.3 Effektive Massen und das Modell von Kane

Für bestimmte Anwendungen genügt bereits die Berücksichtigung eines einzigen Minimums der Bandstruktur für eine sinnvolle Simulation. Die weit verbreitete kp-Methode betrachtet nur die Wechselwirkung zwischen dem niedrigsten Leitungsband und dem höchsten Valenzbandzustand und ist als Kane-Modell bekannt [20]. In diesem Modell bedient man sich bei der Charakterisierung nur jener speziellen Täler der Bandstruktur, die am Stromtransport maßgeblich beteiligt sind ([3],[7]).

Im folgenden soll die Ableitung des noch einfacheren Einbandmodells kurz dargelegt werden. Dabei wird nur das Leitfähigkeitsband in der Umgebung des Talminimums betrachtet und eine Taylor-Entwicklung der Energie angesetzt. Man beginnt mit dem Hamilton-Operator nach (1.9) in dem nur die Terme für die Elektronen verwendet werden.

$\displaystyle {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{T}}}}}_e + {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{V}}}}}_{ee}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -\frac{{\ensuremath{\mathsf{p}}}^2}{2{\ensuremath{m_{0}}}}+ {\ensuremath{{\ensuremath{\mathsf{V}}}}}$ (1.10)
$\displaystyle {\ensuremath{\mathsf{p}}}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle -{\imath}\hbar\nabla$  

Für die Wellenfunktion verwenden wir den Ansatz nach Gleichung (1.8). In diesem Fall lautet die Schrödinger-Gleichung für die Bloch-Funktionen $ u$

$\displaystyle \left[ -\frac{{\ensuremath{\mathsf{p}}}^2}{2{\ensuremath{m_{0}}}}...
...} {\ensuremath{{\ensuremath{\vec{\mathtt{k}}}}}}\cdot {\ensuremath{\mathsf{p}}}$ (1.11)

Es tritt also in der Schrödinger-Gleichung ein Zusatzterm $ {\ensuremath{\mathsf{W}}}$ auf. Geht man davon aus, die Lösungen des ungestörten Problems zu kennen, so folgen aus der Störungsrechnung (siehe Anhang A.1) die Energieeigenwerte des gestörten Problems zu

$\displaystyle {\ensuremath{{\cal E}}}_i\left( {\ensuremath{{\ensuremath{\vec{\m...
...)} = {\ensuremath{{\cal E}}}_i(0) + \frac{\hbar^2 {k}^2}{2{\ensuremath{m_{e}}}}$ (1.12)

Für die kinetische Energie ergibt sich also weiterhin wie beim freien Teilchen eine parabolische Abhängigkeit vom Wellenvektor, allerdings mit einer effektiven Masse. Um diese Darstellung mit dem Konzept der Bandstruktur zu verknüpfen, betrachten wir das Tal der Leitungselektronen genauer und entwickeln die Beziehung zwischen Energie und Wellenvektor im Bandminimum in eine Taylor-Reihe.

$\displaystyle {\ensuremath{{\cal E}}}({\ensuremath{{\ensuremath{\vec{\mathtt{k}...
...c{\partial^2 {\ensuremath{{\cal E}}}}{2 \partial {k}_i{k}_j} {k}_i{k}_j + \dots$ (1.13)

Die erste Ableitung verschwindet im Bandminimum. Bricht man die Reihe nach dem quadratischen Glied ab, ergibt dieser Ansatz einen parabolischen Zusammenhang zwischen dem Wellenvektor und der Energie mit einem Parameter, der als effektive Masse bezeichnet wird. Für die Beschreibung des Elektronentransports im Halbleiter werden also in dieser Vereinfachung nur Einteilchenwellenfunktionen, welche die zeitunabhängige Schrödinger-Gleichung

$\displaystyle \left( \frac{- \hbar^2 \nabla^2}{2 {\ensuremath{m_{e}}}} + {\ensu...
...}}}}}) \right) {\ensuremath{\Psi}} = {\ensuremath{{\cal E}}}{\ensuremath{\Psi}}$ (1.14)

erfüllen, zur Charakterisierung der Zustände herangezogen.

Für eine genauere Beschreibung der Täler im Sinne des Kane-Modells wird der Einfluss anderer Bandminima durch die Störungsrechnung einbezogen und die Dispersionsrelation in der Form

$\displaystyle {} {\ensuremath{{\cal E}}}\left( 1 + {\ensuremath{\alpha}}{\ensuremath{{\cal E}}}\right) = \frac{\hbar^2 {k}^2}{2 {\ensuremath{m_{e}}}}$ (1.15)

mit einem Korrekturfaktor $ {\ensuremath{\alpha}}$ angeschrieben. Diese Darstellung stimmt über einen größeren Bereich um das Talminimum mit der numerisch berechneten Bandstruktur überein und hat so wie der parabolische Ansatz den großen Vorteil eine explizite analytische Relation darzustellen.


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C. Troger: Modellierung von Quantisierungseffekten in Feldeffekttransistoren