2.1.4 Das Banddiagramm (Bändermodell)



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2.1.4 Das Banddiagramm (Bändermodell)

In Bauelementen sind zusätzlich zum Kristallpotential eingebaute und angelegte Makropotentiale vorhanden. Das eingebaute Potential ist durch inhomogene Dotierung bedingt, das angelegte Potential ist auf die im jeweiligen Arbeitspunkt anliegende Spannung zurückzuführen. Das Verhalten eines einzelnen Kristallelektrons im Makropotential , das dem Kristallpotential überlagert wird, ohne es zu beeinflussen, kann von der Schrödingergleichung (2.1) beschrieben werden (). Nimmt man an, daß das von bedingte elektrische Feld zu schwach ist, um Übergänge von einem Band in ein anderes zu induzieren, läßt sich Gl. (2.1) () umformen [121]:

 

Der neue, äquivalente Hamiltonoperator in Gl. (2.20) enthält die potentielle Energie des periodischen Kristallpotentials explizit nicht mehr. Ersetzt man die Bandstruktur in Gl. (2.20) durch Gl. (2.18), ergibt sich die Schrödingergleichung für ein freies Teilchen mit der effektiven Masse im Feld des Potentials . Das periodische Potential wird in die Eigenschaften des Wellenpakets inkorporiert. Das Wellenpaket verhält sich im elektrischen Feld wie ein sonst freies Teilchen mit der durch gegebenen Dispersionsbeziehung zwischen Energie und Wellenvektor. Allerdings ist nicht zu vergessen, daß die Gültigkeit der effektive-Masse-Näherung in Anwesenheit von Makropotentialen streng genommen auf Elektronen in unmittelbarer Nähe der Bandränder in schwachen, langsam veränderlichen Feldern beschränkt bleibt [120], [121].

Gl. (2.20) erlaubt nach dem Korrespondenzprinzip die Einführung einer klassischen Hamiltonfunktion:

 

stellt die Gesamtenergie eines im gestörten Halbleiter als klassisches Teilchen betrachteten Elektrons als Funktion des Wellenvektors (bzw. Impulses ) und des Ortes dar. Die Gesamtenergie setzt sich aus der Bandenergie und der potentiellen Energie der externen Störung zusammen. Die Bandenergie ist die Energie eines Bloch-Elektrons im ungestörten Kristallgitter ohne eingebaute und angelegte Felder. Gl. (2.21) impliziert die Gültigkeit der Bandstruktur des ungestörten Kristalls auch bei Anwesenheit von Makropotentialen . Setzt man Gl. (2.18) mit in Gl. (2.21) ein, ergibt sich für Elektronen im Leitungsband:

 

Die beiden ersten Ausdrücke der rechten Seite von Gl. (2.22) stellen die potentielle Energie dar. ist die potentielle Energie des Elektrons im ungestörten Kristall. Der letzte Term ist die Relation für parabolische, isotrope Bänder in der Nähe des Bandminimums. Er entspricht der kinetischen Energie eines freien Teilchens mit der effektiven Masse . ist die Leitungsbandkante. Sie stellt die gesamte potentielle Energie dar. ist aufgrund eingebauter und angelegter Potentiale ortsabhängig. Die Gesamtenergie eines Elektrons im Leitungsband setzt sich aus der potentiellen Energie und der kinetischen Energie zusammen. (Anmerkung: Obwohl in dieser Arbeit nur Standardbänder betrachtet werden, wird allgemein als Funktion des Wellenvektors und nicht als Funktion seines Betrages geschrieben).

Bisher wurde das Elektron unter dem Einfluß des Kristallpotentials und eingebauter und angelegter Makropotentiale betrachtet. Streuprozesse sind in die bisherige Betrachtung nicht eingegangen. Weil die Bewegung des Elektrons ohne Streuprozesse erfolgt, bleibt die Gesamtenergie konstant. Die Forderung der verschwindenden zeitlichen Änderung von ergibt [120]:

 

Daraus folgt in Übereinstimmung mit Gl. (2.9), (2.10):

 

In der semiklassichen Näherung wird das Elektronenwellenpaket als klassisches Teilchen behandelt, das in eingebauten und angelegten Feldern den Newton'schen Bewegungsgesetzen gehorcht. Das Kristallpotential tritt explizit nicht in Erscheinung. Es ist implizit in der effektiven Masse und in der Bandstruktur enthalten. Die Trägerstreuung muß quantenmechanisch behandelt werden, weil Kollisionen teilweise schnell veränderliche Potentiale implizieren.

Für Löcher erhält man zu (2.22) analoge Ausdrücke:

 

Das Banddiagramm stellt die energetischen Verhältnisse für den Grenzfall des ruhenden Elektrons (oder Lochs) () dar. Während die Bandstruktur einen mikroskopischen Zusammenhang wiedergibt, ist das Banddiagramm als makroskopische Beziehung aufzufassen. Aus Gl. (2.22) und (2.25) folgt:

  

Die Leitungs- und Valenzbandkante , haben keine quantenmechanische Bedeutung. Sie stellen Begrenzungen der Bewegung quasifreier Ladungsträger unter dem Einfluß von Kräften dar [126].

Die physikalische Bedeutung der Bandkanten , kann verdeutlicht werden, wenn sie mit Hilfe der Vakuumniveaus , , der Elektronenaffinität und des Bandabstandes dargestellt werden:

  

In Gl. (2.28), (2.29) bezeichnet die potentielle Energie eines Elektrons außerhalb des feldfreien Halbleiterkristalls (im Vakuum). kann als lokales Vakuumniveau in Gegenwart zusätzlicher Kraftfelder interpretiert werden. Die Elektronenaffinität stellt die Energie dar, die aufgewendet werden muß, um ein Elektron von der Leitungsbandkante zum lokalen Vakuumsniveau zu befördern (). ist die Energiedifferenz zwischen dem Leitungsband und dem Valenzband. kann als Bindungsenergie der äußersten Valenzelektronen aufgefaßt werden.

Während das lokale Vakuumniveau Energieänderungen berücksichtigt, die allen Bändern gemeinsam sind, können Elektronenaffinität und Bandabstand zusätzliche lokale Änderungen der Energie des Leitungs- bzw. Valenzbandes z.B. infolge einer ortsabhängigen Bandstruktur anzeigen [126].



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Martin Stiftinger
Sat Jun 10 15:00:12 MET DST 1995