3.5 Emissionstheorie verteilter Störstellen



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3.5 Emissionstheorie verteilter Störstellen

 

Die im Abschnitt 3.3 hergeleiteten Formeln für zeitliche Emissionsvorgänge können für im verbotenen Band verteilte Störstellen verallgemeinert werden. Die erste mathematische Untersuchung dieses Falles wurde in der Arbeit von Simmons und Wei [101] dargelegt. Dieser Darstellung soll hier im Prinzip gefolgt werden. Die in geschlossener Form darstellbaren analytischen Formeln erlauben Vergleiche zu Ergebnissen aus numerischen Simulationen.
Man rufe sich die in Abschnitt 3.3 beschriebene Situation der Emission von diskreten Störstellen ins Gedächtnis. Wenn im Unterschied dazu ein Band von Störstellen an der Emission beteiligt ist, so ist die Nichtgleichgewichts-Emissionsrate durch

gegeben und ist eine Funktion der Störstellenenergie , der Zeit und der verteilten Grenzflächen-Dichte der Störstellen . Im Nicht-Gleichgewicht (siehe Abschnitt 3.3) ist die Besetzung der Störstellen im verbotenen Band nur eine Funktion der Zeit, nicht des Quasi-Ferminiveaus. Wird also für die zeitabhängige Funktion die Formel (3.34) hergenommen, so findet man mit Benützung der zeitabhängigen Störstellen-Verteilungsfunktion

für die totale im Zeitpunkt emittierte Grenzflächenladung durch Integration über das verbotene Band

 

Man beachte, daß eine Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion mit dem Ferminiveau ist.
Zur Auswertung des Integrals wird und im verbotenen Band konstant gesetzt. Nach einer Variablentransformation der Form

und unter Benutzung des Exponential-Integrals der Ordnung Eins

worin das Symbol für die Euler-Mascheroni-Konstante

ist, findet man für die zeitabhängige Generationsrate der Elektronen die Formel

 

Das Verhalten von für große Werte des Argumentes findet man mit Hilfe der asymptotischen Approximation

und der Annahme

als

Demnach nimmt die Generationsrate (asymptotisch) verkehrt proportional zur Zeit ab. Die Formel (3.46) eignet sich mehr für analytische Überlegungen und nicht zur numerischen Auswertung, da sie ein Produkt einer rapid wachsenden mit einer rapid kontrahierenden Funktion ist. Stattdessen kann (3.41) problemlos numerisch integriert werdengif.
Unter stärkeren vereinfachenden Annahmen für die zeit- und energieabhängige Besetzungsfunktion kann die Grenzflächen-Generationsrate durch elementare Funktionen dargestellt werden. In diesem Fall wird die der Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion ähnliche Besetzungsfunktion durch eine Heaviside-Sprungfunktion mit der unbekannten Sprungstelle approximiert. Simmons und Wei, die diese Näherung vorschlugen [101], bekommen

 

und Kaden und Reimer [52] erhalten neben weiteren Näherungen die Formel

die eine exzellente Näherung für Gleichung (3.51) ist. ist das tiefste umladbare Niveau im verbotenen Band. Dieses wird durch unvermeidbare thermische Generation bestimmt und liegt wenige oberhalb des durch die Formel (3.27) gegebenen Wertes.
Zum Vergleich der soeben besprochenen Näherungen mit simulierten Daten wird das (nichtstationäre) Emissionsverhalten eines MOSFETs untersucht. Als Gate-Länge wird gewählt. Die Zeitkonstanten eines MOSFETs dieser Gate-Länge sind klein gegen die Rampensteilheit von des angelegten Gate-Pulses. Dadurch sind keine transienten lateralen Effekte zu erwarten. Um weiters Effekte des örtlich und zeitlich variierenden Quasi-Fermipotentials zu vermeiden, wurde die Emission im Kanalzentrum bei beobachtet. Die Zeitschrittweite beträgt . Um den Übergangspunkt von stationärer zu nichtstationärer Emission zu bestimmen, wurde die Entwicklung des Quasi-Fermipotentials mit dem Mittenwert der StörstellenVerteilung (=) verglichen. Die Störstellen-Verteilungsfunktion wurde im Energieraum in äquidistante Intervalle unterteilt. Der Übergangspunkt liegt näherungsweise beim Maximum des Elektronen-Emissionsstromes, doch ist er nicht scharf definiert. In einem schmalen Streifen, etwa zwischen den Wendepunkten der (simulierten) Emissionskurve, ist das Quasi-Fermipotential bereits unter der Emissionsgrenze . Der exakte Trennungspunkt liegt etwa beim linken Wendepunkt der simulierten Emissionskurve. Zwischen den Wendepunkten liegt der Übergangspunkt, in dem das Wachstum des emittierenden Streifens im Energieband sein Vorzeichen wechselt. Die zeitabhängige Besetzungsfunktion ändert in dieser Übergangszeit ihre Form, sodaß sie nicht länger durch eine Fermiverteilung gut approximiert werden kann. Dies ist der Grund zur Diskrepanz der Kurven, die durch die Emissionstheorie von Simmons und Wei gegeben sind.
Setzt man etwa das Anfangs-Quasi-Fermipotential, das dem Zeitpunkt des Maximums der simulierten Emissionskurven entspricht, in die Formeln (3.46) und (3.51) ein, so liegt der Emissionsstrom wesentlich höher, als durch die Simulation prädiziert wird, fällt aber dann schärfer ab. Zur Erklärung dieser Abweichung wird die Besetzungsfunktion der Störstellen in diesem Zeitpunkt mit einer idealen Fermifunktion, wie sie die Theorie von Simmons und Wei voraussetzt, verglichen. Die Ergebnisse der simulierten und berechneten Emissionskurven werden im oberen Teil der Abbildung 3.1 linear im Bereich der Gate-Spannungsrampe dargestellt, im unteren Teil ist die simulierte Verteilungsfunktion der Störstellen im Emissionsmaximum zusammen mit der idealen Fermifunktion dargestellt. Die simulierte Kurve zeigt wesentlich weniger besetzte Störstellen bei den hohen Energieniveaus. Die Emissionen von diesen Niveaus, die in der idealen Fermifunktion höher besetzt sind, führt zu der Emissionsstromspitze bei =.

  
Abbildung: Simulierter Elektronen-Emissionsstrom verglichen mit Approximationen nach Simmons und Wei [101] im oberen Bild. Verlauf des quasistatischen Ferminiveaus (strichliert) im Vergleich zur zeitabhängigen Verteilungsfunktion der Grenzflächen-Störstellen (durchgezogen) bei = (siehe Pfeil im oberen Bild) im unteren Bild.



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Martin Stiftinger
Fri Oct 14 21:33:54 MET 1994