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3.1 Trajektorien im Impulsraum

 In der semi-klassischen Beschreibung der Dynamik von Elektronen in einem Festkörper geht man von punktförmigen Teilchen aus, die sich auf wohldefinierten Bahnen bewegen. Das klassische Bild der Trajektorie setzt voraus, daß das Wellenpaket des untersuchten Teilchens lokalisiert sein muß, daß also dessen Ausdehnung kleiner als der mittlere Teilchenabstand ist. Die de-Broglie-Wellenlänge $\lambda_B$ muß also folgende Ungleichung

\begin{eqnarray}\lambda_B := \frac{2\pi\hbar}{\sqrt{2mk_BT}} \ll \left(\frac{V}{N}\right)^{\frac{1}{3}}
\end{eqnarray} (3.1)

erfüllen, da sonst nur eine ausschließlich quantenmechanische Betrachtung möglich ist. Nach [JL89] kann man die Bedingung

\begin{displaymath}\tau \gg \frac{\hbar}{k_{\mathrm B}T} \equiv 10^{-13} - 10^{-14}\,{\mathrm{} s}
\end{displaymath} (3.2)

aus der Heisenbergschen Unschärferelation herleiten, die in der Praxis (bei endlichen Temperaturen) erfüllt ist. Die Elektronenbahnen gehorchen dem Newtonschen Axiom

 \begin{displaymath}
\hbar \,\frac{ d\vec{k}(t)}{ d t}= \vec{F}(\vec{r}(t)) \; .
\end{displaymath} (3.3)

Im Fall eines räumlich konstanten elektrischen Feldes $\vec{E}$ lautet die Lösung

 \begin{displaymath}
\vec{k}(t) = \vec{k}_{0} - \vec{D}\,t\; , \;\;\;\;\;\;\;\;\vec{D}=\frac{e\vec{E}}{\hbar}\; .
\end{displaymath} (3.4)

Damit lautet die zeitliche Entwicklung der Bandformfunktion $\gamma$ in einem nicht-parabolischen Band

 \begin{displaymath}
\gamma (t) = E(t)\, (1+\alpha\, E(t)) = \frac{\hbar^2\,k(t)^...
 ...vec{k}\!\cdot\!\vec{D}\, t + \frac{\hbar^2\,D^2}{2m}\,t^2 \; .
\end{displaymath} (3.5)

Für die zeitliche Entwicklung der Gruppengeschwindigkeit ergibt sich damit

 \begin{displaymath}
\vec{v}(\vec{k}) = \frac{\hbar}{m_c} \,\vec{k}(t) = \frac{\hbar}{m_c} \,\left( \vec{k}_{0}
- \vec{D}\,t \right)\; ,
\end{displaymath} (3.6)

wobei die energieabhängige effektive Leitfähigkeitsmasse mc als zeitlich konstant angenommen wurde. Damit wird der Ortsvektor der Teilchenbahn zu

 \begin{displaymath}
\vec{r}(t) = \vec{r}_{0} + \frac{\hbar}{m_c} \,\left( \vec{k}\,t - \frac{\vec{D}\,t^2}{2} \right) \; .
\end{displaymath} (3.7)

Die Bahnen sind im Ortsraum wie für freie Elektronen Parabeln, jedoch ist die Masse eine Funktion der Energie (Abbildung 3.2).
 
Abbildung 3.2: Die dicken Linien in (a) repräsentieren den Anstieg des Impulses in Abhängigkeit der Zeit und entsprechen im Ortsraum (b) einem parabelähnlichen freien Flug. Dünne Linien in (a) stellen die Streuprozesse dar.
\begin{figure}
\begin{center}\resizebox{14cm}{!}{\includegraphics{exa.eps}}\end{center}\begin{center}\parbox{14cm}{}\end{center}\end{figure}

(3.4) und (3.7) beschreiben vollständig das zeitliche Verhalten eines klassischen Teilchens in einem Festkörper unter dem Einfluß eines konstanten Feldes bei Annahme eines nicht-parabolischen Bandes. Wäre der Festkörper streng periodisch, so gäbe es keinerlei Wechselwirkung mit dem Elektron, und es könnte sich ungehindert im Festkörper bewegen. Aufgrund von räumlichen Asymmetrien infolge von Verunreinigungen oder thermischen Schwingungen kommt es zu Wechselwirkungen zwischen diesen Störungszentren, die das Elektron von ihrer ursprünglichen Bahn ablenken. Der Ausdruck $\lambda (t)\,{\mathrm{} d}t$ sei die Wahrscheinlichkeit, daß ein Teilchen zur Zeit t gestreut wird. Unter der Annahme, daß ein Streuprozeß zur Zeit $t\!=\!0$ stattfindet lautet die Wahrscheinlichkeit P(t), daß das Teilchen bis zur Zeit t keiner erneuten Streuung unterliegt, also eine freie Flugdauer t hat,

 \begin{displaymath}
P(t)= 1- \exp \left( -\int\limits_{0}^{t} \lambda (\vec{k}) \,{\mathrm{} d}\tau \right)\; .
\end{displaymath} (3.8)

Nach dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung kann man eine statistische Folge von Driftzeiten erzeugen. Bei der direkten Methode [JR83] bestimmt man die Driftzeit $t_{\mathrm d}$ aus

\begin{displaymath}P(t_{\mathrm d}) =r_{1} \; ,
\end{displaymath} (3.9)

wobei r1 eine gleichverteilte Zufallszahl zwischen 0 und 1 ist. Eingesetzt in (3.8) erhalten wir

 \begin{displaymath}
\int\limits_{0}^{t_{\mathrm d}} \lambda (\vec{k}) \,{\mathrm{} d}t =- \ln(r_{1}) \; ,
\end{displaymath} (3.10)

wobei wir berücksichtigt haben, daß r1 gleichverteilt ist.
 
Abbildung 3.3: Wahl des Streuprozesses mit Hilfe einer gleichverteilten Zufallszahl r im Intervall [$ 0,\lambda $].
\begin{figure}
\begin{center}\resizebox{7cm}{!}{\includegraphics{wahl.eps}}\end{center}\begin{center}\parbox{14cm}{}\end{center}\vskip0.cm
\end{figure}

Am Ende des freien Fluges wird mit Hilfe einer zweiten, im Bereich

\begin{displaymath}0\leq r\leq \lambda (\vec{k} )
\end{displaymath} (3.11)

gleichverteilten Zufallszahl r2 ein Streuprozeß ausgewählt. Die totale Streurate $\lambda$ ist die Summe der einzelnen Streuraten N verschiedener Streuprozesse:

\begin{displaymath}\lambda (\vec{k}) = \sum_{i=1}^{N} \lambda_{i} (\vec{k})
\end{displaymath} (3.12)

Der m-te Streuprozeß wird ausgewählt, wenn gilt:

\begin{displaymath}\sum_{i=1}^{m-1} \lambda_{i} (\vec{k}) \leq r < \sum_{i=1}^{m} \lambda_{i} (\vec{k})\; ,
\end{displaymath} (3.13)

wobei $m\leq N$ ist.


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Kaiblinger-Grujin Goran
1997-12-06