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4.2 Minoritätselektronen

 Im Gegensatz zu den Majoritätselektronen können bei der Streuung von Minoritätselektronen Pauliverbot (infolge geringer Elektronenkonzentration) und dispersive Abschirmung (wegen der großen Löchermasse) vernachlässigt werden. Andererseits ist aufgrund des anisotropen Valenzbandes die Definition einer effektiven Masse nicht eindeutig, sodaß in der Literatur viele Werte zu finden sind, die bis um einen Faktor 3 differieren können. Die effektive Masse hat jedoch einen erheblichen Einfluß auf die Beweglichkeit, da sie einerseits die Entartung wesentlich mitbestimmt und andererseits die Plasmafrequenz von ihr abhängt, die wiederum die Plasmonenenergie und damit die Plasmonenstreuung beeinflußt. Die Plamonenstreuung ist einer der wichtigsten Streumechanismen in p-Si bei höherer Dotierung. Durch Vergleich mit numerischen Zustandsdichtedaten erhält man jedoch eine obere Schranke für die effektive Löchermasse von 1.3 m0, wenn man annimmt, daß bei hoher Entartung nur die energiereichsten Elektronen an der Streuung teilnehmen. In Abbildung 4.10 sieht man deutlich das Minimum in der Beweglichkeit, wobei wir eine Löchermasse von 1.2 [m0] angenommen haben.

Man nimmt außerdem an, daß mit zunehmender Akzeptorkonzentration die Elektron-Loch-Streuung wichtig wird. Unter bestimmten Voraussetzungen liefert dieser Streuprozeß dieselbe Streurate wie die der ionisierten Störstellenstreuung [AS83]. Andererseits zeigen Experimente, daß die Minoritätsbeweglichkeit bei hoher Dotierung wesentlich größer als die Majoritätsbeweglichkeit ist, sodaß bei Einführung eines zusätzlichen Streuprozesses die Übereinstimmung mit dem Experiment noch verschlechtert werden würde.

Es gibt nur vergleichsweise wenig Publikationen, die sich mit der Messung von Beweglichkeiten der Minoritätselektronen in hochdotiertem Silizium befassen [Dzi79,Neu85,SKS86,SKS88,SPMC88,LN93]. Unglücklicherweise sind einerseits die experimentelle Unsicherheiten beträchtlich, andererseits unterscheiden sich die veröffentlichten Werte für $\mu_{\mathrm{n,min}}$ beträchtlich (Abbildung 5.15). Der Grund für diese Diskrepanzen liegt daran, daß $\mu_{\mathrm{n,min}}$ nicht direkt gemessen werden kann, sondern über die Diffusivität und dem Diffusionskoeffizienten D ermittelt wird. Die einzige Möglichkeit die Diffusivität direkt zu messen besteht darin, daß man die Transitzeit der Minoritätselektronen mißt, die durch Licht angeregt wurden [Dzi79,Neu85,LN93]. Ein anderer Weg zur Messung von $\mu_{\mathrm p}$ geht von einer Messung der Diffusionslänge L und der Lebenszeit $\tau$ der Minoritätselektronen aus, über die man dann D und damit $\mu_{\mathrm p}$ bestimmt. Da jedoch L im $\mu$m-Bereich und $\tau$ im Nanosekundenbereich ist, kann der Fehler mehr als 30% betragen. Dies wiederum ergibt einen Fehler von über 100% in D.

Die Diffusionslänge L läßt sich schreiben als [See89]

\begin{displaymath}L=\sqrt{D\, \tau}
\end{displaymath} (4.8)

Der Diffusionskoeffizient D kann über die Einstein-Relation zu

\begin{displaymath}D=\mu_{\mathrm p} \, \frac{k_{\mathrm B}\,T}{e}
\end{displaymath} (4.9)

berechnet werden. $\mu_{\mathrm{n,min}}$ ist schließlich

\begin{displaymath}\mu_{\mathrm p}=\frac{\vert e\vert\, L^2}{\tau\, k_{\mathrm B}\, T} 
\end{displaymath} (4.10)

Verschiedenste Annahmen über die Temperaturabhängigkeit von $\tau$ führen nun zu den zum Teil widersprüchlichen Daten für $\mu_{\mathrm p} $ verschiedener Experimentatoren (5.15). Swirhun [SKS86,SKS88] nahm ein temperaturunabhängiges $\tau$ an, während Wang [Neu85,LN93] eine lineare Abhängigkeit für $\tau$ als Funktion der Temperatur voraussetzt.


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Kaiblinger-Grujin Goran
1997-12-06