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4 Gittertemperaturabhängige Rekombination/Generation Rekombinations/Generationsprozesse 

Rekombinations- und Generationsprozesse im Halbleiter sind von wesentlicher Bedeutung, in vielen Fällen sind sie sogar bauteilbestimmend. Dabei sind vor allem bipolare Bauteile betroffen, aber auch unipolare Bauteile wie MOSFETs sind im nicht durchgeschalteten Zustand stark von Generationsprozessen abhängig.

Die in diesem Kapitel behandelten Prozesse beschreiben Rekombinations- und Generationsprozesse, die über Rekombinationszentren im Halbleiter ablaufen. Diese Zentren können vom Donator- oder Akzeptortyp sein. Die Haupteigenschaft der Rekombinationszentren ist es, Ladungsträgerpaare generieren bzw. rekombinieren zu lassen. Hat eine Donatorfehlstelle ein Elektron aufgenommen, so ist sie ladungsneutral. Im Gegensatz dazu ist eine Akzeptorfehlstelle von einem Loch besetzt. Wieweit Rekombinationszentren von Ladungsträgern besetzt sind, hängt von der Dichte der freien Ladungsträger ab und vom Energiezustand der Fehlstellen. Damit die Fehlstellen effizient wirken können, sollten sie in der Lage sein, möglichst viele Ladungsträger innerhalb kurzer Zeit einzufangen bzw. zu emittieren. Dabei sollten beide Fehlstellentypen Elektronen und Löcher gleichermaßen effizient einfangen. Um dies zu erreichen, müssen die Fehlstellenenergieniveaus möglichst in Bandmitte zwischen Leitungs- und Valenzband liegen. In den meisten Fällen ist man bestrebt, die Anzahl der Fehlstellen im Bauteil möglichst gering zu halten. Dies erfordert eine hohe Reinheit des Halbleiters, damit möglichst wenig natürliche Fehlstellen vorkommen. In besonderen Fällen sind Fehlstellen jedoch erwünscht, damit von Ladungsträgern überschwemmte Gebiete schnell abgebaut werden können. Häufig eingesetzte Materialien für Silizium, die als Fehlstellen wirken, sind Gold und Platin.

Sind Fehlstellen geladen, so haben sie auf die freien Ladungsträger die gleichen Auswirkungen, wie aktive Dopanden. Aus diesem Grund müssen sie als Ladungsquellterm $\rho$ in der Poissongleichung (2.37) mitberücksichtigt werden. Der Unterschied zum normalen Dopanden besteht darin, daß die Rekombinationszentren vom Arbeitspunkt abhängige Dopanden darstellen. Ein Maß für die geladenen Fehlstellen liefert die Besetzungsfunktion fo. Ihr Wertebereich liegt zwischen Null und Eins und gibt den Anteil der geladenen Fehlstellen zur Gesamtfehlstellendichte an. Betrachtet man dreiwertige Fehlstellen, so errechnet sich der lokale Ladungsquellterm der Poissongleichung entsprechend (2.38) zu

 \begin{eqnarray}
\rho=q\cdot\left(p-n+ N_D^+ -N_A^- + f_o\cdot N_t\right)\; .
\end{eqnarray} (4.1)

Alle im Halbleiter vorkommenden Rekombinations/Generationprozesse haben Einfluß auf die lokale Stromdichte im Bauteil. Ist der Bauteil im thermischen Gleichgewicht, d.h. die Bauteilkontakte sind auf gleichem Potential, so muß die lokale Stromdichte verschwinden. Dies erfordert, daß die lokalen Nettorekombinationsraten ebenfalls verschwinden müssen. Ein Maß für das thermische Gleichgewicht ist die Differenz des Konzentrationsprodukts $n\cdot
p$ und dem Quadrat der intrinsischen Konzentration ni

 \begin{eqnarray}
D=n\cdot p-n_i^2\; .
\end{eqnarray} (4.2)

In Verarmungsgebieten, wie sie in den Raumladungszonen von Dioden, die in Sperrrichtung betrieben werden, vorkommen, verschwinden die Trägerkonzentrationen, und es gilt $D \ll 0$. In Anreicherungsgebieten hingegen (Raumladungszonen von Dioden in Flußrichtung) liegen hohe Trägerkonzentrationen vor und $D \gg 0$. Ist der Bauteil im thermischen Gleichgewicht, so verschwindet D.

Um ein Verschwinden des Stromes im thermischen Gleichgewicht zu gewährleisten, müssen daher alle Rekombinations/Generationmodelle im Drift-Diffusionsmodell durch den multiplikativen Faktor D beschrieben werden.

Die Forderung des thermischen Gleichgewichtes impliziert ein Verschwinden der treibenden Kraft auf die Ladungsträger. Erst dadurch ist gewährleistet, daß die lokale Stromdichte ebenfalls verschwindet. Ist dies der Fall, so ist es den Ladungsträgern nicht möglich, Energie aus dem Feld aufzunehmen. Die Folge ist, daß im thermischen Gleichgewicht die Träger die Temperatur des Gitters annehmen. Dies ist auch in Raumladungszonen der Fall, die ausschließlich durch das Built-In Potential bedingt sind. Die Äquivalenz von Gitter- und Trägertemperatur im thermischen Gleichgewicht ermöglicht es, im hydrodynamischen Fall die Generationsraten der Stoßionisation durch die Trägertemperatur zu modellieren (siehe Abschnitt 6.2). Dabei muß jedoch sichergestellt sein, daß die Generationsraten verschwinden, wenn die lokale Trägertemperatur gegen die Gittertemperatur strebt.



 
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Martin Knaipp
1998-10-09