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6.3 Kalibrierung des hydrodynamischen Modells mit Hilfe von Substratströmen

Substratströme in MOSFETs lassen wesentliche Rückschlüsse auf die Lebensdauer dieser Bauteile zu [2,5,26,35,50,51,54]. Bei einem n-Kanal MOSFET ist der Substratstrom durch den Löcherstrom bestimmt, der durch Stoßionisation im Bereich Bulk - Drain generiert wird. Auslöser der Stoßionisation sind die Elektronen im Kanal, die durch das lokale Feld stark aufgeheizt werden. Die durch die Stoßionisation generierten Elektronen werden vom Drain eingefangen, die Löcher bilden den Substratstrom [3]. Die Höhe des Substratstromes ist dabei ein Maß für den Anteil heißer Kanalelektronen [34].

Bei der Substratstromsimulation ist man bestrebt, den Anteil heißer Elektronen durch geeignete Dotierungsprofile zu minimieren. Dadurch wird verhindert, daß die heißen Ladungsträger die Eigenschaften des Gateoxids nachhaltig beeinflussen [10,74]. Durch ihre hohe thermische Energie sind sie nämlich in der Lage, in das Oxid einzudringen, was zu einer Veränderung der Transistoreigenschaften führt. Dies schlägt sich unter anderem in einer Veränderung der Schwellenspannung nieder, die letztlich ausschlaggebend für die Lebensdauer der Transistoren ist.

Betrachtet man eine feste Source-Drainspannung und mißt man den Substratstrom bei steigender Gatespannung, so stellt man eine Zunahme des Substratstromes bis zu einer bestimmten Gatespannung fest. Danach nimmt der Substratstrom trotz steigendem Source-Drainstrom wieder ab. Ein typisches Kennlinienfeld ist in Abbildung 6.2 gezeigt. Die Zunahme des Substratstromes bei kleinen Gatespannungen wird durch die Zunahme heißer Ladungsträger im Kanal hervorgerufen. Im Drift-Diffusionsmodell entspricht dies einer Stromzunahme im Kanal. Bereits in diesem Arbeitsbereich sinkt die mittlere Elektronentemperatur bei steigender Gatespannung. Es überwiegt jedoch die Stromzunahme im Kanal, die letztlich zu einer Erhöhung des Substratstromes führt. Diese Prozesse verschieben sich bei höheren Gatespannungen zugunsten einer niedrigeren Elektronentemperatur, die sich durch eine Abnahme des Substratstromes bei gleichzeitigem Anstieg des Source-Drainstromes bemerkbar machen.

  
Abbildung 6.2: Typische Substratstromkennlinien.
\begin{figure}
\psfrag{Log I}{Log $I_{Sub}$\space [A]}
\psfrag{Gate-SourceVoltag...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Um das Kennlinienfeld der Abbildung 6.2 zu simulieren, ist es sinnvoll, die Stromdichteverteilungen die mit dem Drift-Diffusionsmodell und dem hydrodynamischen Modell berechnet werden, zu analysieren. Eine schematische Darstellung der Situation ist in Abbildung 6.3 gezeigt.

  
Abbildung 6.3: Schematische Darstellung des Stromflusses nach dem Abschnürpunkt.
\begin{figure}
\centering \includegraphics [width=10cm]{ps/pinchOff.eps}
\begin{center}\begin{minipage}{0.7\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Bei den simulierten Bauelementen handelt es sich um n-Kanal Transistoren, die ein LDD-Implant (Lightly Doped Drain) aufweisen. Die schwache Dotierung des LDD bewirkt einen flachen pn-Übergang, der geringe Felder und somit geringe Trägererwärmung verursacht. Der entscheidende Punkt ist, daß das vertikale Maximum des LDD-Implants unterhalb der Halbleiter-Oxid Grenzschicht liegt. Durch das eingeprägte Potential des LDD wird der Strom zusätzlich von der Halbleiter-Oxid Grenzschicht abgelenkt.

Wichtig für den Einfluß der Substratstromberechnung ist der Verlauf der Stromdichten entlang des Schnittes A-A' in Abbildung 6.3. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 6.4 und 6.5 für das hydrodynamische und das Drift-Diffusionsmodell gezeigt.

  
Abbildung 6.4: Stromdichteverteilung im Punkt maximaler Generation bei einer Gatespannung von 3V.
\begin{figure}
\psfrag{Current density}{Stromdichte [A/cm$^2$]}
\psfrag{Gate dis...
 ...{center}\begin{minipage}{0.72\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}


  
Abbildung 6.5: Stromdichteverteilung im Punkt maximaler Generation bei einer Gatespannung von 1V.
\begin{figure}
\psfrag{Current density}{Stromdichte [A/cm$^2$]}
\psfrag{Gate dis...
 ...{center}\begin{minipage}{0.72\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

In den Abbildungen erkennt man, daß die Stromdichte im hydrodynamischen Modell viel flacher ist, verglichen mit dem Drift-Diffusionsmodell. Diese Abweichung kommt von der starken Diffusion der Ladungsträger im hydrodynamischen Modell. Erklärbar ist dieses Verhalten durch den Verlauf der Elektronentemperatur, der in Abbildung 6.6 dargestellt ist.

  
Abbildung 6.6: Temperaturverlauf der Elektronen ($V_G\!=\!\mathrm{1V}, V_D\!=\!\mathrm{3V}, V_S\!=\!V_B\!=\!\mathrm{0V}$).
\begin{figure}
\centering \includegraphics [angle=+90, width=10cm]{ps/car_temp_3...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.6\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

In der Abbildung betragen die Maximaltemperaturen der Elektronen über 6000K. Die Temperaturen bestimmen jedoch direkt die Diffusivität nach (2.39). Im Fall des hydrodynamischen Modells ist somit im Bereich hoher Ladungsträgertemperaturen ein weit weniger lokalisierter Stromdichteverlauf zu erwarten als im Drift-Diffusionsmodell.

Im Fall der Substratstromsimulation ist jedoch die relative Stromverschiebung bei niedrigen und hohen Gatespannungen entscheidend. Diese ist aufgrund der lokalisierten Stromdichte beim Drift-Diffusionsmodell wesentlich höher als beim hydrodynamischen Modell. Der Abfall der Substratströme, wenn die Gatespannung nahe der Drainspannung kommt, kann somit durch eine Abnahme der Oberflächengeneration im Fall des Drift-Diffusionsmodells erklärt werden [62,73].

Wählt man einen ähnlichen Zusammenhang der Oberflächen- und Bulkgenerationsraten im hydrodynamischen Modell, so stellt man eine wesentlich kleinere Abnahme aufgrund der geringeren Stromverschiebung fest. Tatsächlich zeigen neuere Monte-Carlo Simulationen ebenfalls, daß die Reduktion der Oberflächengeneration in der Literatur stark überbewertet wurde [36].

Die Ergebnisse in Abbildung 6.7 und 6.8 der hydrodynamischen Simulationen sind deshalb mit dem temperaturabhängigen Ionisationsmodell nach (6.10),(6.11) ermittelt worden, ohne daß eine Oberflächenabhängigkeit mitberücksichtigt wurde. Die Abbildungen zeigen weiters, daß bei den Simulationen ein relativ weiter Temperaturbereich von Bedeutung ist.


  
Abbildung 6.7: Multiplikationsfaktoren für den $\mathrm 0.4\mu m$ Bauteil ($\mathrm V_{S}\!=\!V_{Sub}\!=\!0V$). Die Elektronentemperaturen entsprechen den Werten in den Punkten maximaler Generation.
\begin{figure}
\begin{center}
\resizebox {8cm}{!}{
\psfrag{Measurement}{\small{M...
 ...gin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{center}\end{figure}


  
Abbildung 6.8: Multiplikationsfaktoren für den $\mathrm 1.0\,\mu m$ Bauteil ($\mathrm V_{S}\!=\!V_{Sub}\!=\!0V$). Die Elektronentemperaturen entsprechen den Werten in den Punkten maximaler Generation.
\begin{figure}
\begin{center}
\psfrag{Measurement}{\small{Messung}}
\psfrag{Simu...
 ...gin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{center}\end{figure}

Die Unterschiede der Generationsraten zwischen dem Drift-Diffusionsmodell und dem hydrodynamischen Modell sind in den Abbildungen 6.9 und 6.10 gezeigt. Man erkennt die Reduktion der Oberflächengenerationsrate im Drift-Diffusionsmodell, sowie den glatteren Verlauf der Generationsraten im hydrodynamischen Modell.


  
Abbildung 6.9: Generationsraten der Drift-Diffusionssimulation ($V_{S}\!=\!V_{Sub}\!=\!0\mathrm V, V_D\!=\!3\mathrm V$, $V_G\!=\!1\mathrm V $).
\begin{figure}
\centering \includegraphics [angle=+90, width=12cm]{ps/dd31.ps}
\...
 ...{center}\begin{minipage}{0.75\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}


  
Abbildung 6.10: Generationsraten der hydrodynamischen Simulation ($V_{S}\!=\!V_{Sub}\!=\!0\mathrm V, V_D\!=\!3\mathrm V,
 V_G\!=\!1\mathrm V $).
\begin{figure}
\centering \includegraphics [angle=+90, width=12cm]{ps/hd31.ps}
 ...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Ist der Substratstromanteil klein im Vergleich zum Source-Drainstrom, dann haben die generierten Ladungsträger kaum Einfluß auf die Potentialverteilung im Bauteil. Dieser Umstand macht die Simulation von Substratströmen numerisch sehr stabil. Oft kann sogar auf eine selbstkonsistente Berechnung verzichtet werden. Der Anteil des Substratstromes wird in diesem Fall dann in einem Postprocessing berechnet.

Abschließend soll noch erwähnt werden, daß die unterschiedlichen Stromverläufe, wie in den Abbildungen 6.4 und 6.5 gezeigt, generell bei Vergleichsimulationen zwischen dem Drift-Diffusionsmodell und dem hydrodynamischen Modell auftreten. Voraussetzung dafür ist eine entsprechend hohe Trägertemperatur. Sie ist jedoch bei den meisten MOSFETSs im Kanalbereich, auch vor dem Abschnürpunkt, gegeben. Als Folge dieses Effekts ist eine Neuformulierung von oberflächenabhängigen Beweglichkeitsmodellen notwendig.

Die Simulationen der Substratströme sind in dieser Arbeit ausschließlich bei 300K durchgeführt worden. Für die Konstante C3 in (6.11) ergab sich der Wert C3=0.416, der entsprechende Wert für den Vorfaktor lautete

 \begin{eqnarray}
C_1\cdot\mathrm{exp}\!\left(C_2\cdot\frac{T_L}{T_0}\right)=4.53\cdot 10^9 s^{-1}\; . 
\end{eqnarray} (6.13)


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Martin Knaipp
1998-10-09