7 Ausblick



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7 Ausblick

 

DAS in dieser Arbeit mitentwickelte Halbleitertechnologie-CAD-System VISTA übertrifft, wie Abb. 7.1 zeigt, bereits jetzt typische Simulatoren in Bezug auf Quellcodegröße bei weitem. Weil bei TCAD-Systemen drei Wissensgebiete - die Halbleitertechnologie, die physikalische Modellierung und die Software-Technologie - ineinandergreifen, die sich alle rasant entwickeln, wird ein derartiges Programmsystem wohl nie endgültig abgeschlossen sein. Einige der vorhersehbaren Entwicklungsmöglichkeiten werden hier angeführt.

  
Abbildung: Vergleich der Quellcodegröße typischer Simulatoren mit der des Technologie-CAD-Systems VISTA (ohne Simulatoren) [Hal93].

Im praktischen Einsatz bei der Halbleitertechnologieentwicklung wird der Anwender beim Management der anfallenden großen Datenmengen nicht unterstützt. Die Verwaltung über benutzerspezifizierte Datei- und Objektnamen wird in der Anwendungspraxis sehr rasch unübersichtlich. Es fehlt an:

Datenmanagement und Variantenverwaltung:
Das Wiederauffinden von Simulationsergebnissen soll vereinfacht, die nochmalige Berechnung vorhandener Daten verhindert und die Variantenentwicklung auf der Datenebene unterstützt werden. Einfache, praxisrelevante Ansätze dazu sind in SATURN [Jac93] (Tabelle der Simulationsläufe, Verwaltung direkt über UNIX-Dateien) und CAESAR [Axe93] (direkte Abbildung der Simulationsaufgabe auf einen UNIX-Dateibaum und dessen Manipulation wie im UNIX-Werkzeug ,,make``) vorhanden.

Mögliche und wünschenswerte Funktionalitätserweiterungen von VISTA zur Vergrößerung des Einsatzbereichs und der Verbesserung der Praxisrelevanz sind:

Layout-Schnittstelle:
Die Übernahme von Layout-Daten als Geometrie- und Maskeninformation in die Prozeßsimulation ist vorzusehen. In PREDITOR [Wal93b], SIMPLE-IPX [Sch92a] und PROSE [Won92] gibt es dafür eine Datenschnittstelle zu CIF (Caltech Intermediate Format) [CIF79].
Visual Programming:
Komplexere TCAD-Entwicklungsaufgaben sind zumeist datenflußorientiert und lassen sich sehr prägnant als Ablauf- oder Blockdiagramm darstellen. Durch Visual Programming, das Anordnen und Verbinden von Funktionalitätsmodulen, könnte das TCAD-System auf der Steuerungsebene programmiert werden, ohne sich einer herkömmlichen Programmiersprache zu bedienen. Ein erfolgreiches Beispiel für Visual Programming ist das technisch-wissenschaftliche Datenvisualisierungssystem AVS [Ups89]. VISTA ist mit dem Callback-Konzept und einer flexiblen, interpretierten Erweiterungssprache mit direkter X-Windows-Anbindung bestens für den Einsatz von Visual Programming geeignet.
Response Surface Method:
Die vollständige Erkundung des Parameterraums bei einer mehrdimensionalen Prozeßoptimierung kostet enorm viel Rechenzeit. Stattdessen wird in [Alv88] und [Low89] mit statistischen Methoden eine geringe Anzahl aussagekräftiger Simulationsparameter ausgewählt (der Auswahlprozeß ist als ,,Design of Experiments`` bekannt) und aus den Ergebnissen ein Modell zweiter Ordnung, die ,,Response Surface`` gebildet, in dem die Optima mit wesentlich geringerem Rechenaufwand gefunden werden können. Über die Anwendung der Response Surface Method in TCAD wird schon in [Aok87] und [Mas91b] berichtet, aber in kommerziellen TCAD-Systemen erst im The MASTER Framework [Hop93] unterstützt. Für VISTA ist eine Schnittstelle zum NORMAN/DEBORA-System [Car92], welches die Response Surface Method in der Prozeß- und Bauelementsimulation anwendet, zu erwägen.
Automatische Simulator- und Modellauswahl:
Der Anwender eines TCAD-Systems soll alle Arbeitsaufgaben simulatorunabhängig formulieren (können). Ein regelbasierendes Expertensystem beispielsweise, das die Anwendbarkeitsbedingungen der verschiedenen Simulatoren, physikalischen Modelle und Parametersätze kennt, soll die für die jeweilige Aufgabe beste Wahl treffen. Ähnliche Konzepte sind in die EDA-Frameworks CADWELD [Dan91] und ULYSSES [Bus86] [Bus89] eingeflossen.

Technologie-CAD-Systeme wie VISTA dürfen nicht Selbstzweck werden. Sie werden von all jenen, die weniger an Lösungsmethoden, sondern an Lösungen selbst interessiert sind, beispielsweise von den potentiellen Anwendergruppen der Prozeßingenieure und Physiker, daran gemessen, wie stark sie ihre spezifischen Problemstellungen bewältigen helfen. Darum soll der Arbeitsschwerpunkt in Zukunft stärker in Richtung

  1. der Anwendung in der Halbleitertechnologieentwicklung
  2. und der Simulatorentwicklung und -integration
verschoben werden. Insgesamt verbleibt allerdings ein Paradoxon in der Relation von TCAD-Framework zu Simulator: Es bedarf komplexer Systeme, um die Anwendung anderer zu vereinfachen.



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Martin Stiftinger
Mon Oct 17 21:16:53 MET 1994