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3 Numerische Lösung nichtlinearer Anfangsrandwertprobleme der Bauelementsimulation

 

Ziel der Bauelementsimulation ist es Aufschluß über das äußere und innere Verhalten eines Bauelements zu geben. Das äußere Verhalten eines Bauelements beschreibt seine Reaktion auf die Steuerung durch die Beschaltung über die elektrische Größen, wie etwa Strom oder Spannung, eingeprägt werden. Dementsprechend bildet sich im Inneren des Bauelements eine Konfiguration der physikalischen Größen aus. Dieses innere Verhalten wird mit physikalischen Modellen beschrieben, die für die Bauelementsimulation zumeist als Sätze von partielle Differentialgleichungen definiert sind (s. Kapitel 4).

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Abbildung 3.1: Schema der numerischen Lösung eines nichtlinearen Randwertproblems in einem Bauelementsimulator.

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Abbildung 3.2: Das Simulationsgebiet und dessen Berandung. Innerhalb des Simulationsgebiets werden die gesuchten physikalischen Feldgrößen mittels Simulation berechnet. Der Einfluß der Umgebung wird durch die Randbedingungen berücksichtigt. Das Simulationsgebiet selbst kann in weitere Teilgebiete gegliedert sein, die über Grenzflächenmodelle verbunden sind.

Abbildung 3.1 zeigt schematisch den Vorgang der Bauelementsimulation. Mittels Simulation sollen Lösungen der Differentialgleichungen innerhalb eines definierten räumlichen Bereichs, dem Bauelement, berechnet werden. Man spricht vom sogenannten Simulationsbereich (s. Abb. 3.2). Das Simulationsgebiet soll die aktiven Bereiche des Bauelements enthalten und es sollen die Ergebnisse nicht wesentlich von der Wahl der Ränder abhängen. Die Verbindung mit den Steuerelektroden erfolgt an den entsprechenden Stellen am Rand des Simulationsbereichs, den sogenannten Kontakten. Die Steuerung entspricht somit der Definition von Randbedingungen. Das zu simulierende Problem wird demnach durch die partiellen Differentialgleichungen und die Randbedingungen vollständig beschrieben. Probleme dieser Art werden Randwertprobleme genannt. Enthalten die Differentialgleichungen eines Randwertproblems auch Ableitungen nach der Zeit, müssen Anfangswerte definiert werden, um eine eindeutige Lösung zu ermöglichen. Es handelt sich dann um ein Anfangsrandwertproblem.

Die numerische Lösung von Randwertproblemen wird auf die wiederholte Berechnung linearer Gleichungssysteme zurückgeführt (s. Abb. 3.1). Der Aufbau dieser Gleichungssysteme erfordert für einen allgemeinen Bauelementsimulator einen erheblichen Aufwand (s. Abschnitt 3.5). Schon die Zahl der Differentialgleichungen steht nicht a priori fest, sondern hängt von der Problemstellung ab.

Es ist zumeist nicht möglich, eine gesamte integrierte Schaltung als Simulationsbereich zu wählen. Eine Begrenzung ist im allgemeinen notwendig, da nur begrenzte Mittel für die Berechnung verfügbar sind. Es liegt daher nahe, den Bereich durch Begrenzung so zu wählen, daß einerseits das Verhalten des Bauelements hinreichend genau berechnet werden kann und andererseits der Aufwand dafür nicht zu groß wird. Die Art der Begrenzung kann einer realen physikalische Randbedingung entsprechen, wie etwa den Grenzflächen zwischen den Steuerelektroden und dem Simulationsgebiet oder den Grenzflächen zwischen unterschiedlichen Halbleitermaterialien. Künstliche Randbedingungen entstehen durch Abgrenzung zu benachbarten Strukturen, die nicht simuliert werden sollen. Die Randbedingungen wirken über die durch die partiellen Differentialgleichungen bestimmten lokalen Zusammenhänge in das Innere des Simulationsgebiets.

Weiters wird zwischen nichtlinearen und linearen partiellen Differentialgleichungen unterschieden. Die für die Bauelementsimulation verwendeten partiellen Differentialgleichungen sind im allgemeinen stark nichtlinear. Durch die rasche Entwicklung der Computertechnik in den letzten Jahren ist aber die numerische Lösung nichtlinearer Randwertprobleme immer mehr in den Vordergrund getreten. Sie ist nun mit zufriedenstellender Genauigkeit und Rechenzeit durchführbar und ist für eine große Anzahl von Problemen anwendbar.

Die numerische Lösung von Randwertproblemen erfordert eine räumliche Diskretisierung des Simulationsgebiets und der Differentialgleichungen. Dies führt auf eine endliche Zahl algebraischer Gleichungen. Je nach dem, ob das Randwertproblem linear oder nichtlinear ist, sind auch die algebraischen Gleichungen linear oder nichtlinear. Die folgenden Überlegungen beschränken sich auf den Fall nichtlinearer Randwertprobleme, da die linearen Randwertprobleme als ein Spezialfall interpretiert werden können.

Die physikalischen Größen für jeden Diskretisierungspunkt innerhalb des Simulationsgebiets stellen die Unbekannten dar. Entsprechend der angewendeten Lösungsmethode wird eine Näherung der Lösung der Differentialgleichungen berechnet. Werte zwischen den Diskretisierungspunkten können durch Interpolation gefunden werden.




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