3.9 Numerische Lösung und Implementation



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3.9 Numerische Lösung und Implementation

 

Während analytische Approximationen wie jene im Abschnitt 3.5 zum grundlegenden Verständnis der Dynamik solcher Prozesse unerläßlich sind, erlaubt die numerische Lösung des Gesamtsystems von Gleichungen quantitative Aussagen für Fälle, in denen die analytischen Formeln aufgrund ihrer einschränkenden Voraussetzungen ihre Gültigkeit verlieren. Andererseits aber erlaubt die Simulation, jene Schranken zu bestimmen, in denen die analytischen Formeln erst gültig werden. Eine solche Schranke ist z.B. der Übergangspunkt von der stationären zur nichtstationären Grenzflächen-Emission. Die erstere ist von der Lage des Quasi-Ferminiveaus an der Grenzfläche abhängig, die letztere nicht. Sie kann durch analytische Formeln quantitativ sehr gut erfaßt werden, was große praktische Bedeutung hat.
Die zeitabhängige Bilanzgleichung einer Störstelle des Energieniveaus ist eine gewöhnliche, lineare Differentialgleichung der Variablen . Die Koeffizienten dieser Gleichung sind jedoch sowohl orts- als auch zeitabhängig und können sowohl örtlich als auch zeitlich stark variieren. Anfangsrandwertprobleme dieses Typs werden als ,,steif`` bezeichnet und erfordern in der Regel eine implizite Zeit-Diskretisierung, um Instabilitäten hinsichtlich der Zeit zu vermeiden. Das einfachste Verfahren ist von erster Ordnung (Rückwärts-Euler-Verfahren). Zur Diskretisierung denke man sich die Zeit durch ein nicht äquidistantes Gitter , , , , mit den Gitterabständen =, =,,,, diskretisiert. Die implizite diskrete Version von Gleichung (3.100) lautet

 

und analog dazu die Gleichung (3.111) für die Ableitung nach dem Potential

 

falls, wie im vorangegangenen Abschnitt bemerkt, die Funktion mit dem Argument anstatt von benutzt wird. Löst man aus numerischen Gründen auch die komplementäre Besetzungsfunktion nach der Zeit, so ist auch dafür eine gewöhnliche Differentialgleichung analog zu (3.114) mitzuführen.
Diese Gleichungen wurden in das Simulationsprogramm MINIMOS implementiert. Grundsätzlich werden donator- und akzeptorartige Störstellen gemeinsam zugelassen, jedoch getrennt berechnet. Es existieren Bilanzgleichungen für beide Störstellentypen, wobei nach erfolgter Lösung dieser Gleichungen die Raten und die resultierenden Ladungen überlagert werden. Die Ableitungen nach , werden vor der Lösung der Kontinuitätsgleichungen, die Ableitungen nach vor der Lösung der Poissongleichung bzw. der zeitdifferenzierten Poissongleichung berechnet.
Die Gleichungen (3.114) bzw. (3.115) gelten in dieser Form für diskrete Volumenstörstellen, wobei deren räumliche Verteilung als homogen angenommen wird. Diese diskreten Störstellen sind wichtig zur transienten Analyse von Galliumarsenid MESFETs, deren Simulation mit MINIMOS ebenfalls möglich ist [48][60][61].
Aufgrund der Verteilung der Grenzflächen-Störstellen in der Energielücke einerseits und der räumlichen Verteilung an der - Grenzfläche andererseits sind zur realistischen Simulation verteilter Störstellen einige Parameter vorzugeben. Die folgende Liste gibt einen Überblick über die möglichen Eingaben in MINIMOS:

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Einfangquerschnitte für Elektronen und Löcher, sowohl für donator- und akzeptorartige Störstellen. Diese sind räumlich und energetisch uniform.
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Störstellenverteilungen an der (den) - Grenzfläche(n). Sowohl räumlich uniforme als auch lokalisierte, normalverteilte Störstellenverteilungen sind möglich.

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Störstellenverteilungen im verbotenen Band. Uniforme und lineare Verteilungen sind möglich.

Spezifikation von Störstellenparametern an der rückwärtigen Grenzfläche von Dünnfilm SOI-MOSFETs werden im Abschnitt 4.2 behandelt.
Zur numerischen Berechnung verteilter Störstellen wird eine äquidistante Diskretisierung der Generations- und Rekombinationsraten bzw. der zeitabhängigen Besetzungsfunktion im Bereich des verbotenen Bandes durchgeführt, wobei der Gitterabstand durch den Parameter () vorgebbar ist. Die totalen, energieunabhängigen Generations- und Rekombinationsraten für donator- bzw. akzeptorartige verteilte Störstellen ergeben sich gemäß dem diskretisierten Äquivalent der Gleichungen (3.54)-(3.56) durch Summation über das gesamte verbotene Band. Gleichermaßen ist die totale Besetzungsfunktion durch

gegeben und die Ableitung nach dem elektrostatischen Potential durch



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Martin Stiftinger
Fri Oct 14 21:33:54 MET 1994