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6.1.9 Einfluß des elektrischen Feldes  

 

Während im Bereich des Ohmschen Transports analytische Methoden zur Berechnung von $\mu_{\mathrm{}}^{}$ einigermaßen richtige Ergebnisse liefern, versagen sie mit zunehmender Feldstärke immer mehr. Dies hat seinen Grund in der immer stärker von der Gleichgewichtsverteilung f0 abweichenden Distribution der Ladungsträger. Die Annahme eines einzigen Korrekturterms, f=f0+f1, ist nicht mehr ausreichend zur Beschreibung von f, f wird zunehmend asymmetrisch mit einem ausgeprägten Maximum in Feldrichtung. Ein einigermaßen erfolgreicher Versuch der Beschreibung des Hochfeldtransports basierend auf einem einfachen Ansatz von f mit expliziter Feldabhängigkeit wurde von Arora vorgeschlagen [11,12]. Eine sehr detailierte Darstellung bietet [156].

Im Gegenzug erhöht sich die Attraktivität der MC Verfahren, da mit steigendem Feld für dieselbe gewünschte statistische Genauigkeit der Ergebnisse weniger Streuprozesse simuliert werden müssen. Mit steigender Feldstärke verbessert sich das Verhältnis der Driftgeschwindigkeit $v_{\mathrm{d}}$ zur thermischen Geschwindigkeit $v_\mathrm{th}$ der Ladungsträger, und man benötigt somit kürzere Zeit um das thermische Rauschen wegzumitteln. Für GaAs bei Raumtemperatur etwa liegt $v_\mathrm{th} = \sqrt{3\,k_{\mathrm{B}}\,T/{m_{}^{}}}=4.6\times 10^7\,\mathrm{cm}/\mathrm{s}$ für eine zur Berechnung von $\mu_{\mathrm{0}}^{}$ typische Feldstärke von $0.5\,\mathrm{kV}/\mathrm{cm}$ eine Größenordnung über $v_{\mathrm{d}}=\mu_{\mathrm{0}}^{}\,F= 4.2\times 10^6\,\mathrm{cm}/\mathrm{s}$. Die MC Simulation hat sich daher als das Standardverfahren zur Untersuchung des Hochfeldtransports etabliert. In diesem Zusammenhang sind für III-V HL insbesonders die Arbeiten [26,57,60,133,186] anzuführen.

Die Mehrtalbandstruktur der direkten HL mit der sehr kleinen effektiven Masse des $\varGamma$ Minimums und den größeren Werten in den energetisch höheren L und X Tälern führt zu der bekannten nichtmonotonen $v_{\mathrm{d}}(F)$ Relation aufgrund der Umbesetzung der Täler mit zunehmender Feldstärke und folglich zunehmender Ladungsträgerenergie (Zwischentalstreuung , ``k-space transfer''). Diese negative differentielle Beweglichkeit wird in einfachen HF-Oszillatoren ausgenützt (Gunn-Effekt). In Abbildung 6.24 sind Kennlinien für GaxIn1-xAs dargestellt.

  
Abbildung 6.24: Driftgeschwindigkeit in GaxIn1-xAs für verschiedene Legierungszusammensetzungen als Funktion des elektrischen Feldes (ohne Stoßionisation)
\begin{figure}
 \epsfxsize0.90\textwidth
 \centerline{\epsfbox{ps/GaxIn1-xAs_vE_...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Auffällig ist trotz der deutlich verschiedenen Eigenschaften bei kleinen bis mittleren Feldstärken der nahezu gleiche Verlauf bei hohen Feldern. Eine Abschätzung für die Sättigungsgeschwindigkeit  $v_{\mathrm{sat}}$ aufgrund der Limitierung durch PO Streuung in einem Bandminimum [3],

 \begin{displaymath}
 v_{\mathrm{sat}}= \sqrt{\frac{8\,\hbar\,\omega_{\mathrm{LO}}}{3\,\pi\,{m_{}^{}}}}\,,
\end{displaymath} (6.66)

ergibt einen monoton mit x steigenden Verlauf. Setzt man die Werte der X Täler ein, so ergibt sich $v_{\mathrm{sat}}=1.15\times 10^7\,\mathrm{cm}/\mathrm{s}$ für GaAs und $v_{\mathrm{sat}}=0.85\times 10^7\,\mathrm{cm}/\mathrm{s}$ für InAs. Der Wert von GaAs entspricht tatsächlich ungefähr den experimentellen Daten bei Raumtemperatur. Für mittlere x liegt die Driftgeschwindigkeit aber unter den Werten von GaAs, wie auch das Experiment klar gezeigt hat [218,219]. Dieser Sachverhalt ist auf den Einfluß der Legierungsstreuung  zurückzuführen. Gleichwohl ist das Konzept einer Sättigungsgeschwindigkeit überhaupt fragwürdig, denn, wie die Experimente gezeigt haben, sinkt $v_{\mathrm{d}}$ jenseits des Maximums zwar schwach aber dennoch monoton mit der Feldstärke. Dies erkennt man auch aus den gerechneten Kurven klar. Pragmatisch wurde und wird $v_{\mathrm{sat}}$ daher definiert als die über einen relativ großen Bereich der Feldstärke ($\sim 20-70\,\mathrm{kV}/\mathrm{cm}$) nahezu konstante Driftgeschwindigkeit.

Spezielle Aufmerksamkeit verdienen InAs  und sehr In-reiche Verbindungen. Unter stationären Bedingungen beobachtet man nämlich keine negative differentielle Beweglichkeit, für kurze gepulste Anregungen hingegen schon. Dies hängt mit der Stoßionisation  (``impact ionization'') zusammen, die in Abbildung 6.24 nicht berücksichtigt ist, und der Bandstruktur. Aufgrund der $\varGamma$-L Talseparation, die größer als die Bandlücke ist, erreichen die Ladungsträger nicht die nötige Energie für die Zwischentalstreuung, sondern generieren Elektron-Loch Paare. Da pro Generationsvorgang ein Elektron ungefähr die Energie ${E_{\mathrm{g}}}$ abgibt, reduziert dieser Effekt die mittlere Ladungsträgerenergie sehr effizient. Die Elektronen verbleiben im $\varGamma$ Tal und weisen so die überlegenen Transporteigenschaften dieses Minimums auf. Eine Simulation unter Berücksichtigung der Stoßionisation ist in Abbildung 6.25 dargestellt.

  
Abbildung 6.25: Driftgeschwindigkeit in GaxIn1-xAs für verschiedene Legierungszusammensetzungen als Funktion des elektrischen Feldes (mit Stoßionisation)
\begin{figure}
 \epsfxsize0.90\textwidth
 \centerline{\epsfbox{ps/GaxIn1-xAs_vE_...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Dabei wird die Stoßionisation als zusätzlicher isotroper Streuprozeß behandelt, dessen Streurate nach dem populären Keldysh Modell [185]

 \begin{displaymath}
 \tau_{\mathrm{II}}^{-1}(E(\vec{k})) = P\;\tau_{\mathrm{ph}}...
 ...frac{E(\vec{k})-{E_{\mathrm{th}}}}{{E_{\mathrm{th}}}}\right)^2
\end{displaymath} (6.67)

lautet. $\tau_{\mathrm{ph}}^{-1}({E_{\mathrm{th}}})$ ist die totale Phononenstreurate bei der Schwellwert-Energie ${E_{\mathrm{th}}}\geq{E_{\mathrm{g}}}$, P ist ein materialabhängiger Vorfaktor. Gleichung (6.67) beruht auf der Annahme eines parabolischen direkten LB. Obwohl Kritik an diesem einfachen Modell durchaus angebracht ist, insbesonders bei indirekten HL ist die Schwellwert-Energie aufgrund Impuls- und Energieerhaltung anisotrop und deutlich verschieden von ${E_{\mathrm{g}}}$ [199], liefert es hinreichend genaue Ergebnisse für die Transportparameter, wenn man den Vorfaktor P und zu einem gewissen Grad auch ${E_{\mathrm{th}}}$ als Anpassungsparameter betrachtet. Aufgrund der Sensitivität der Ionisierungswahrscheinlichkeit auf P und der Einfachheit des Modells sind quantitative Aussagen über so gewonnene Stoßionisationsraten mit größter Vorsicht zu bewerten [60]. Eine Anpassung der Stoßionisationsraten aus MC Simulation an experimentelle Daten wurde in [56] mithilfe der zusätzlichen Variation des Exponenten in (6.67) durchgeführt.

Die maximale Driftgeschwindigkeit erreicht bei Verwendung von $\tau_{\mathrm{II}}^{-1}$ in InAs fast $8\times 10^7\,\mathrm{cm}/\mathrm{s}$ und ist damit eine Größenordnung über $v_{\mathrm{d}}$ ohne Stoßionisation. Qualitativ erinnert der $v_{\mathrm{d}}(F)$ Verlauf von InAs eher an die Sättigungskennlinie von Si , wo der Ladungsträgertransport ebenfalls nur in einem LB Minimum stattfindet. Das scheinbar paradoxe Verhalten, daß ein zusätzlicher Streuprozeß die Beweglichkeit erhöht, ist durch die veränderte Population der Minima erklärbar. Im $\varGamma$ Tal alleine erhöht die Stoßionisation $v_{\mathrm{d}}$ natürlich nicht. Wie man aus dem Vergleich in Abbildung 6.26 sieht, hat die Stoßionisation für x<0.4 deutliche Auswirkungen auf die Hochfeldcharakteristik.


  
Abbildung 6.26: Einfluß der Stoßionisation auf die Driftgeschwindigkeit in GaxIn1-xAs für verschiedene Legierungszusammensetzungen als Funktion des elektrischen Feldes
\begin{figure}
 \epsfxsize0.90\textwidth
 \centerline{\epsfbox{ps/GaxIn1-xAs_vE_...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}



 
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Christian Koepf
1997-11-11