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1 Einleitung

Die moderne Prozeßtechnologie erlaubt die Fertigung von geschichteten Halbleiterstrukturen mit nahezu abrupten Übergängen von Schicht zu Schicht. Solche Halbleiterstrukturen werden wegen ihrer besonderen Bandstruktur Heterostrukturen genannt und finden aufgrund ihrer hervorragenden Hochfrequenzeigenschaften immer breitere Anwendung in Satellitenkommunikation und Mobilfunk. Mit Epitaxieverfahren wie Molekularstrahlepitaxie (Molecular Beam Epitaxy) oder metallorganischer Dampfabscheidung (Metal Organic Vapor Phase Epitaxy) können Materialzusammensetzung, Dotierstoffkonzentration und Schichtdicke sehr genau eingestellt werden. Zum Aufbau der Heterostrukturen werden Halbleiterlegierungen mit nahezu gleicher Kristallgitterkonstante benötigt, um die mechanischen Spannungen an den Schichtübergängen gering zu halten. Verbindungen aus Halbleitern der III. und V. Hauptgruppe haben aus diesem Grund für die Fertigung von Heterostrukturen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die Verwendung unterschiedlicher Halbleitermaterialien erlaubt es, den Bandabstand zwischen Leitungs- und Valenzband gezielt mit der Legierungskonzentration zu beeinflussen. Damit erhält man eine zusätzliche Möglichkeit die Eigenschaften eines Bauelements zu bestimmen. Als besonders erfolgreich hat sich der Heterostruktur-Feldeffekttransistor erwiesen. Diese Arbeit befaßt sich mit der Simulation der elektrischen Eigenschaften solcher Transistoren. Dazu wurde der Bauelementsimulator MINIMOS-NT modifiziert und erweitert.

MINIMOS-NT wurde als flexibles Werkzeug zur Simulation von HFETs entworfen [11]. Diese Flexibilität erlaubt die Kombination unterschiedlicher Halbleitermaterialien ebenso wie die Integration neuer physikalischer Modelle. Die Leistungsmerkmale des Simulators sind jedoch so umfassend, daß seine Verwendbarkeit nicht auf HFETs beschränkt blieb. So wurden inzwischen neben MOSFETs auch thermoelektrische Probleme, Charge-Coupled Devices [10] und Polyemitter-Bipolartransistoren [15] erfolgreich mit MINIMOS-NT simuliert.

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Abbildung 1.1: Schematische Darstellung eines Heterostruktur- Feldeffekttransistors.

MINIMOS-NT ist für die stationäre und transiente Simulation von Problemen des ein-, zwei- und dreidimensionalen Raumes konzipiert. Da der Geometrie- und Gittermodul vom eigentlichen Simulationsprogramm getrennt verwaltet wird, muß je nach der Dimensionalität des Problems der entsprechende Modul verwendet werden. Zur Zeit steht ein zweidimensionaler Geometrie- und Gittermodul zur Verfügung.

Die Simulation von Heterostrukturen erfordert die Behandlung von geschichteten Halbleitermaterialien (s. Abb. 1.1) unter besonderer Berücksichtigung abrupter Übergänge zwischen den Schichten. Dazu wird das Simulationsgebiet in Segmente aufgeteilt, die den Schichten der Struktur entsprechen. Innerhalb der Segmente werden die jeweiligen Modellgleichungen, üblicherweise ein System partieller Differentialgleichungen, gelöst. An den Grenzflächen zwischen den Segmenten werden Grenzflächenbedingungen festgelegt, mit deren Hilfe die Segmente numerisch verbunden werden. Auf diese Weise ist es möglich, das unstetige Verhalten der physikalischen Größen an den Grenzflächen von Heterostrukturen in die Simulation einzubinden.

Mit modernen Lithographieverfahren können HFETs mit Gate-Längen unter tex2html_wrap_inline8154 gefertigt werden. Das hat zur Folge, daß nicht-lokale Effekte auftreten, die eine Verwendung zusätzlicher physikalischer Modelle und Lösungsansätze erfordern.

Nachdem die rasche Entwicklung der Bauelemente die Berücksichtigung neuer physikalischer Modelle notwendig macht, soll eine Erweiterung des Simulators leicht möglich sein. Dazu wurde der zentrale Teil des Simulators, der die Zusammenstellung des linearen Gleichungsystems vornimmt, modular aufgebaut. Diese Modularisierung und die Aufteilung des Simulationsgebiets in Segmente bedingen die große Flexibilität von MINIMOS-NT, die durch eine Schnittstelle zu einer leistungsfähigen Geometrie- und Gitterverwaltung ergänzt wird.

Kapitel 2 beschreibt den Aufbau von MINIMOS-NT. Die Funktion der einzelnen Komponenten wird erklärt, wobei auf wichtige Aspekte der Implementierung eingegangen wird.

Die folgenden vier Kapitel gehen auf die Theorie und die Konzepte der wichtigsten Komponenten des Simulators näher ein. Kapitel 3 beschreibt die Zusammenstellung des Gleichungssystems und dessen Lösung. Weiters wird auf die Anforderungen an die Datenverwaltung eingegangen, die sich durch die Aufteilung des Simulationsgebiets in Segmente ergeben. Die verschiedenen Transformationen des Gleichungssystems werden erläutert, da sie entscheidend zur Reduktion des Rechenaufwands für die Simulationen beitragen.

In Kapitel 4 werden die Kontinuitätsgleichungen und die Energiebilanzgleichungen beschrieben, wie sie für die Behandlung von Volumsmodellen benötigt werden. Weiters wird auf die Bedeutung der Quasi-Fermienergie näher eingegangen, da sie ein wichtiger Parameter für die Behandlung der Grenzflächenmodelle ist.

Um den Simulationsaufwand in vernünftigen Grenzen zu halten müssen analytische Grenzflächenbedingungen verwendet werden. Es hat sich gezeigt, daß die Qualität der Simulationsergebnisse von der Art und der Beschreibung der Grenzflächenbedingungen abhängen. Kapitel 5 setzt sich daher mit der Behandlung von Grenzflächenmodellen auseinander.

Das Kapitel 6 geht auf Aspekte der Diskretisierung der Volums- und Grenzflächenmodelle ein und schließt die theoretischen Betrachtungen ab.

Abschließend wurden zwei Heterostruktur-Feldeffekttransistoren simuliert, die den neusten Stand der Entwicklung darstellen und für welche Meßdaten zur Verfügung standen. Kapitel 7 vergleicht die Simulationsergebnisse, die mit verschiedenen Volums- und Grenzflächenmodellen erhalten wurden. Dabei zeigt sich, daß der Wahl der Grenzflächenbedingungen entscheidende Bedeutung zukommt. Sie beeinflußt sowohl die Effizienz des Simulators als auch die Qualität der Simulationsergebnisse.


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