3.2.3 Ergebnisse der Monte-Carlo-Simulation für Siliziumdioxid



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3.2.3 Ergebnisse der Monte-Carlo-Simulation für Siliziumdioxid

Bei niedrigen Feldstärken und daher kleinen Elektronenenergien wird aufgrund der starken ionischen Bindung in Siliziumdioxid von polar-optischen Phononen ein starker dissipativer Mechanismus in Gang gesetzt, sodaß freie Elektronen die Energie des Feldes an das Gitter abgeben. Zwei Moden [97] tragen zu einer Stabilisierung des Ladungstransports bei. Dabei absorbiert das Gitter entweder eine Energie von oder aber im zweiten Schwingungsmodus . Falls jedoch die Geschwindigkeit der Ladungsträger aufgrund höherer Felder weiterhin ansteigt, kann das Gitter der Bewegung der Elektronen nicht länger folgen. Die Rate, mit welcher die Elektronen nun das Gitter polarisieren, nimmt ab. Elektronen nehmen also ab einem elektrischen Feld von ungefähr mehr Energie auf, als sie an das Gitter abgeben können.

Alle Experimente zur Messung der Elektronenenergie bei hohen Feldstärken zeigen aber, daß die mittlere Elektronenenergie wesentlich höher als die Energie der polaren, longitudinalen optischen Phononen ist. Ein zweiter wichtiger Streuprozeß muß also stattfinden [74][108][110]. Akustische Phononen sind bereits für den Hochenergietransport von Alkalihalogeniden vorgeschlagen worden. Da Stoßionisation aufgrund der Differenz zwischen Valenz- und Leitfähigkeitsband erst bei sehr hohen Energien einsetzt, stabilisiert diese Wechselwirkung der Elektronen mit dem Gitter die Energieverteilung und verhindert einen dielektrischen Zusammenbruch (polar runaway). In Abbildung 3.12 sind die Streuraten des Vierbandmodells mit einem parabolischen als auch einem nichtparabolischen Einbandmodell verglichen. Im niedrigen Energiebereich ist die Streurate fast ausschließlich aus der Streurate der beiden polar-optischen Moden zusammengesetzt.

 

 

 

Akustische Deformationspotentialstreuung kann nahezu vernachlässigt werden. Aufgrund der starken Energieabhängigkeit der nichtpolaren akustischen Phononenstreuung (U-Prozesse) steigt die Streuwahrscheinlichkeit sehr stark an. Für ein nichtparabolisches Band erkennt man deutlich im Gegensatz zu einem parabolischen Band die Tendenz zu starkem Anwachsen. Beim Vierbandmodell nimmt die Streurate wegen des löcherähnlichen zweiten Bandes wieder ab. Die einzelnen Beiträge der Prozesse sind ebenfalls in Abbildung 3.13 eingezeichnet. Ab einer Energie von wird die totale Streurate von den akustischen Phononen dominiert. Die Unstetigkeiten an den Spitzen sind aufgrund der Einschränkung auf Innertalstreuung bedingt. Nichtpolare optische Phononen sind nahezu unbedeutend und tragen nur zur Zwischentalstreuung und somit zur Besetzung der höheren Bänder bei.

Das akustische Deformationspotential ist für die Normal- und Umklappprozesse gleich [110] bei nichtparabolischem Band und bei einem parabolischen Band. Zwischen , also der Hälfte des ersten Bandes, und ist die Streurate linear interpoliert [109]. Für die polar-optischen Phononen wird jeweils die effektive Elektronenmasse verwendet, im dritten und vierten Band ist dieser Prozeß unterdrückt. Die optische Zwischentalstreuung hat ein Potential von [107]. In Tabelle 3.3 ist die Besetzung der einzelnen Bänder gegeben. Bis zu einer Feldstärke von ungefähr wird der Transport fast ausschließlich vom ersten Band bestimmt, erst danach trägt das zweite Band zum Elektronentransport bei. Das dritte und vierte Band haben bei allen Feldstärken nur einen geringen Einfluß und können bis zu elektrischen Feldern von ungefähr vernachlässigt werden. Jedoch ist zu berücksichtigen, daß mit einer höheren optischen Deformationspotentialstreuung auch die Besetzung der höheren Bänder zunimmt. Für Anwendungen im Transistorbereich, bei denen maximal Feldstärken bis zu auftreten, ist es ausreichend, ein einzelnes nichtparabolisches Band zu verwenden.

 

 

Zur Bestimmung der mittleren Geschwindigkeit und der Energie sind drei verschiedene experimentelle Meßmethoden verwendet worden. Das sogenannte Elektroluminiszenzverfahren ermöglicht eine indirekte Bestimmung der mittleren Elektronenenergie an der Grenzfläche Siliziumdioxid-Metallelektrode. Die Elektronen verursachen eine Plasmonemission im Metall und die Kopplung von Photonen und Plasmonen bedingt eine verstärkte Luminiszenz. Dieses Photonenspektrum wiederum läßt Rückschlüsse auf die Energie zu, die die Elektronen bei Eintritt in die Gate-Elektrode haben [121]. Die zweite experimentelle Technik, die Ladungsträgerseparation [127], erlaubt eine indirekte Messung der Elektronenenergie, die bei hohen elektrischen Feldstärken von der Gate-Elektrode ins Silizium beschleunigt werden. Da diese Ladungsträger im Siliziumsubstrat sehr hohe Energien aufweisen, werden dort verstärkt Elektron-Lochpaare erzeugt. Löcher und Elektronen können unabhängig voneinander gezählt werden, indem man den Source- und/oder Drainstrom eines MOS-Transistors mißt. Je heißer die Elektronen sind, desto mehr Paare werden generiert. Wenn nun das Verhältnis der Ladungsträger bestimmt wird, kann diejenige mittlere Elektronenenergie ermittelt werden, die die Elektronen beim Verlassen des Oxids haben. Bei der Vakuumemission kann direkt auf die mittlere Energie als auch auf die Energieverteilung der Elektronen geschlossen werden. Dabei werden die Elektronen vom Substrat injiziert, gelangen zur Gate-Elektrode und werden in einer Vakuumkammer analysiert [128].

In Abbildung 3.14 ist die Driftgeschwindigkeit als Funktion des elektrischen Feldes bei Raumtemperatur dargestellt. Die experimentellen Daten sind dem Vakuumemissionsverfahren entnommen [110]. Die Geschwindigkeit wächst solange an, bis die nichtpolaren akustischen Phononen, die eine Streuung um große Winkel bevorzugen, eine starke Umverteilung der Impulskomponenten gewährleisten. Vergleich der verschiedenen theoretischen Berechnungen ergibt, daß die beiden parabolischen Einbandmodelle eine Abweichung aufweisen, die auf die effektive Masse in Siliziumdioxid zurückzuführen ist. Obwohl in [110] die Tatsache bekannt ist, daß die effektive Masse des ersten Leitfähigkeitsbandes in Siliziumdioxid beträgt, wird diese gleich der Elektronenmasse angenommen. Aufgrund von quantenmechanischen Korrekturen der Streurate zeigt sich eine konstante Driftgeschwindigkeit bei hohen Feldern. Das nichtparabolische und das Vierbandmodell ergeben niedrigere mittlere Geschwindigkeiten bei schwachen Feldstärken und liegen näher bei den experimentellen Daten. Aufgrund der stark ansteigenden Streurate eines nichtparabolischen Bandes flacht die Geschwindigkeit bei nicht ab. Die Elektronenbeweglichkeit hat bei niedrigen Feldstärken den von Hughes [102] vorhergesagten Wert von und fällt danach in exponentieller Darstellung nahezu linear ab. In Abbildung 3.15 ist die Elektronenenergie eingezeichnet und mit experimentellen Messungen verglichen. Die Übereinstimmung mit den Daten des Vakuumemissionsexperiments ist für ein Feld zwischen und ausgezeichnet. Ebenso sind Energiewerte des Ladungsträgerseparationsexperiments in einem Bereich von bis nahezu identisch. Das späte Ansteigen der Energiedaten wird in [127] wegen eines eingeschränkten Meßbereichs erklärt. Die Daten, die mit dem ältesten Verfahren, der Elektroluminiszenz, ermittelt worden sind, liegen unter den theoretischen Berechnungen. Bei den Simulationen ist das Anwachsen der Elektronenenergie bei verschiedenen Feldstärken festzustellen. Eine Erklärung hierfür liefert die unterschiedliche effektive Masse. Mit einem parabolischen Einbandmodell und einer effektiven Masse von kann eine Stabilisierung der Energie nur dann erreicht werden, falls der Faktor im Gegensatz zu einem nichtparabolischen Band von auf erhöht wird.

 

 

 

 

 

 

Die Thermalisierungslänge wird als diejenige Länge definiert, die ein Elektron benötigt, um seine Durchschnittsenergie anzunehmen. Diese Länge ist sowohl von der Feldstärke als auch der injizierten Elektronenenergie abhängig. Bei niedrigen Injektionsenergien schwankt dieser Bereich zwischen für niedrige Feldstärken und für hohe Feldstärken. Die linke Abbildung 3.16 gibt diesen Sachverhalt für eine Injektionsenergie für verschiedene elektrische Felder wieder. Wird nun ein Elektron mit injiziert, so verringert sich die Thermalisierungslänge. Bei hohen Feldern hat das Elektron bereits nach die Durchschnittsenergie angenommen. Vermindert man das Feld, wird diese Länge auf ungefähr anwachsen.

Eine Untersuchung der Temperaturabhängigkeit ist in den Abbildungen 3.17, 3.18 und 3.20 gegeben. Die totale Streurate der longitudinalen polar-optischen Phononen ist im Vergleich mit den akustischen Phononen bei höherer Energie gering. Dabei ist die Streurate nur für den interessanten Energiebereich bis eingezeichnet. Die Energie, in Abbildung 3.18 festgehalten, hat bei niedrigen Feldstärken eine umso höhere Energie, je höher die Temperatur ist. Bei niedrigen Feldern überwiegt die thermische Energie, zusätzlich nehmen noch die polar-optischen Phononen viel Energie auf. Steigt nun das elektrische Feld, so wird ein Elektron bei niedriger Kristalltemperatur eine höhere Energie aufweisen, da die Streuraten geringer sind. Die maximale prozentuelle Abweichung ergibt sich knapp vor dem Einsetzen der akustischen Phononenstreuung (Abbildung 3.19). Bei weiterem Anwachsen der Feldstärke wird also aufgrund der höheren Streurate bei größerer Temperatur eine niedrigere Energie zu erwarten sein. Die Geschwindigkeit hat für niedrige Energie immer einen kleineren Wert. Es zeigt sich, daß die relative Abweichung bei geringen elektrischen Feldstärken am größten ist (Abbildung 3.21), da die thermische Energie den Hauptbeitrag liefert und somit auch die mittlere Geschwindigkeit unkorreliert ist.

 

Die Driftgeschwindigkeit kann durch eine analytische Formel angeschrieben werden. Man unterteilt die Driftgeschwindigkeit als Funktion des elektrischen Feldes in drei Unterbereiche für niedrige, mittlere und hohe Feldstärken. Die Geschwindigkeit wird dann mit den einzelnen Geschwindigkeitsbeiträgen wie folgt

angesetzt. Die einzelnen freien Parameter sind dabei in der folgenden Tabelle aufgelistet:

Die beiden Konstanten und können als die jeweiligen Beweglichkeiten im Intervall kleiner und mittlerer Felder aufgefaßt werden. Die einzelnen Bereiche entsprechen immer einem dominanten Streuprozeß. Im ersten Intervall sind die polar-optischen Phononen mit einer Energie von bedeutend, im zweiten kommt der erste Schwingungsmodus hinzu, während im dritten der Elektronentransport hauptsächlich von den akustischen Phononen bestimmt wird. Der dritte Parameter ist ein exponentieller Gewichtsfaktor. Der negative Schnittpunkt der linearen Funktion im zweiten Bereich mit der Abszisse wird mit dargestellt. Der dritte Bereich wird mit einer Curie-Weiss'schen Funktion angenähert. Dabei entspricht einem Normierungspunkt und nahezu der doppelten Maximalgeschwindigkeit. Die Beweglichkeit ist als Quotient von Geschwindigkeit und dem elektrischen Feld,

gegeben. In Abbildung 3.22 sind die theoretisch ermittelten Werte mit der oben angeführten Formel angepaßt. Für sehr kleine Feldstärken muß aber Materialverunreinigung durch Wasserstoff oder Gitterfehler und Versetzungen, die sicherlich einen Grenzwert in der Nullfeldbeweglichkeit zur Folge haben werden, gesondert berücksichtigt werden. Für niedrige elektrische Felder ist eine Beweglichkeit von gemessen worden [101].

Die Abhängigkeit von der Temperatur kann nun in der Nullfeldbeweglichkeit , der Beweglichkeit bei mittleren Feldstärken und dem Parameter für den Bereich hoher Felder als Funktion des Verhältnisses eingeführt werden,

wobei als Referenztemperatur gewählt wird. Die Beweglichkeiten und sind in gegeben, die Geschwindigkeit in . Der Gültigkeitsbereich der Temperatur erstreckt sich von bis .



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Martin Stiftinger
Mon Aug 7 18:44:55 MET DST 1995