3.2 Monte-Carlo-Simulationen in Siliziumdioxid



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3.2 Monte-Carlo-Simulationen in Siliziumdioxid

Siliziumdioxid ist der wichtigste Isolator in der Halbleitertechnologie. Erste Berechnungen, um das Verhalten von Siliziumdioxid als auch das von Alkalihalogeniden unter dem Einfluß eines elektrischen Feldes zumindest qualitativ zu erläutern, wurden bereits um 1935 durchgeführt [90]. Dabei wurde derjenige Streumechanismus, der bei niedrigen Feldstärken den Elektronentransport kontrolliert, nämlich Gitterstreuung aufgrund von polar-optischen Phononen, angegeben. Das Potential dieses Prozesses wurde aufgrund des ionischen Charakters von Alkalihalogenidbindungen als coulombartig identifiziert. Das kritische Feld in solchen Verbindungen, das einen Materialzusammenbruch bewirkt, konnte abgeschätzt werden. Im Gegensatz dazu wurde ein Zusammenhang zwischen Elektronentransport und Stoßionisation hergeleitet [91]. Weitere Untersuchungen [92] von ionischen Kristallen zeigen, daß das kritische elektrische Feld unabhängig von der Kristallsymmetrie und der Richtung eine Degradation hervorruft. Inwieweit eine Temperaturabhängigkeit des Stromtransports und des kritischen Feldes auftritt, wurde in [93] erarbeitet. Dabei wird auch zum ersten Mal darauf hingewiesen, daß nichtpolare akustische Phononen den Transport beeinflussen. Eine Berechnung des Elektronentransports mittels einer vollständigen, nichtperturbativen quantenmechanischen Ableitung mit der Methode der Pfadintegrale wurde in [94][95] durchgeführt, wobei nur polar-optische Phononen berücksichtigt wurden.

Auswertungen experimenteller Arbeiten [96][97] zur Untersuchung des Raman-Spektrums in Siliziumdioxid lassen die Schlußfolgerung zu, daß zwei verschiedene Moden longitudinaler polar-optischer Phononen auftreten. Monte-Carlo-Rechnungen zur Studie des Elektronentransports wurden erstmals in [98][99] getätigt, um das kritische Feld bei Alkalihalogeniden zu bestimmen. Die Frage, ob nicht doch nichtpolare Phononen in die Energierelaxationszeit eingehen, wird in [100] aufgeworfen und dahingehend beantwortet, daß die Häufigkeit von Kollisionen deswegen stark erhöht wird und somit auch das Auftreten von Stoßionisation erst bei höheren elektrischen Feldern einsetzt.

Die Beweglichkeit von Elektronen in amorphem Siliziumdioxid ist erstmals in [101] behandelt worden, wobei für niedrige Feldstärken nur polar-optische Phononen verantwortlich sind. Eine qualitative rechnerische Abhandlung des Löchertransports findet sich in [102][103] mit Bezugnahme auf [104]. In dieser Arbeit wird der Stromtransport aufgrund der großen effektiven Masse von Löchern damit erklärt, daß sich die ungesättigten Elektronenbindungen mit Phononwechselwirkungen sprunghaft verschieben.

Zur Berechnung des kritischen Feldes wurde ab 1970 die Monte-Carlo-Methode verwendet. Dabei wurde der Materialzusammenbruch ab Feldstärken größer als ungefähr vorausgesagt [105][106][107]. Obwohl Ridley qualitativ eine Abschätzung der Energieabhängigkeit der nichtpolaren akustischen Phononenwechselwirkung angab und die Behauptung aufstellte, daß trotz des ionischen Charakters der Bindung in Alkalihalogeniden und Siliziumdioxid dieser Streumechanismus eine Stabilisierung des Elektronentransport bei höheren Feldstärken zulassen muß, wurde erstmals in [108] eine quantitative Auswertung dieses Streuprozesses in I-VII-Verbindungen durchgeführt. Das Resultat dieser Arbeiten hat die starke Energieabhängigkeit des postulierten Streuprozesses richtig wiedergegeben. Eine analoge Erweiterung auf Siliziumdioxid von Fischetti [109][110] führte dahingehend zu einer konsistenten Erklärung des Hochenergietransports in amorphen Quarz, daß die freie Weglänge als auch die Energierelaxationszeiten mit den Experimenten übereinstimmen. Die Ableitung eines quantenmechanischen Modells für diesen neuen Streuprozeß [111] als auch eine Erweiterung auf quantenmechanischen Transport [110] brachte keine nennenswerten Modifikationen und ließ die Schlußfolgerung zu, daß mit der semiklassischen Monte-Carlo-Rechnungen zahlreiche experimentelle Ergebnisse [110][112] richtig erklärt werden können. Im Gegensatz dazu unternahmen Porod und Ferry [113][114] den Versuch, den Stromtransport im Oxid so zu beschreiben, daß verschiedene Täler vorhanden seien und eine optische Zwischentalstreuung die Energie der Elektronen niedrig hält, um die Stoßionisation bei elektrischen Feldern ab zu unterbinden.

Bei Speicherbauteilen wird in der Fertigungstechnologie die Nitridation verbunden mit der Reoxidation eingesetzt. Dabei werden in speziellen, mehrschichtigen Isolatorschichten aus dünnen Oxiden und relativ dicken Nitriden (MNOS, MONOS) die kondensatorähnlichen Eigenschaften zur Speicherung von Ladung ausgenützt. Wegen dieser zusätzlichen Grenzfläche wird beim Schreib- und Löschzyklus aufgrund hoher positiver oder negativer Gate-Spannungen ein weiteres Zentrum aus sogenannten trapped electrons auf- beziehungsweise abgebaut. Um jedoch die isolierenden Eigenschaften von Siliziumdioxid in MOS-Strukturen zu optimieren, versucht man mit Aufdampfverfahren die Kristalldefekte in Siliziumdioxid möglichst gering zu halten. Prozeßtechnologien zur Reduktion dieser unerwünschten Effekte sind in [115] beschrieben. Experimentelle Messungen an Nitridschichten hingegen (SiN) sind noch nicht durchgeführt worden. Ein Nitrid hat im Gegensatz zu Siliziumdioxid eine kleinere Energielücke zwischen Valenz- und Leitfähigkeitsband von ungefähr [116] und somit wird ein verstärkter Tunnelstrom zu erwarten sein. Die Dielektrizitätskonstante ist mit dagegen fast doppelt so hoch wie in SiO [116]. Bis jetzt sind noch keine Bandstrukturberechnungen oder eine Analyse der zugrundeliegenden Streuprozesse vorhanden, obwohl man isolierende Eigenschaften ähnlich wie in Siliziumdioxid vermutet. Transportberechnungen für dieses Material sind ausständig.





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Martin Stiftinger
Mon Aug 7 18:44:55 MET DST 1995