Unterabschnitte

3.1 Quasistatische Näherung

Von quasistatischer Näherung spricht man, wenn der Verschiebungstrom gegenüber dem Leitungsstrom vernachlässigt wird. Dadurch vereinfachen sich die Maxwell-Gleichungen signifikant, (3.1) reduziert sich zu

$\displaystyle \nabla\!\times\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle H$}} {\...
...ox{\boldmath$\scriptstyle J$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle J$}}\,.%\\
$ (3.11)

Basierend auf dem Ansatz (3.8) erhält man unter Verwendung der Sätze der Vektoranalysis

$\displaystyle \nabla\!\times\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle B$}} {\...
... {\mbox{\boldmath$\scriptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}\,.$ (3.12)

Damit folgt aus (3.11) sowie unter der Einbeziehung von (3.5)

$\displaystyle \nabla(\nabla\cdot{\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle A$}}...
... {\mbox{\boldmath$\scriptstyle J$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle J$}}\,.$ (3.13)

Aus (3.3) und der Materialgleichung (3.6) folgt

$\displaystyle \nabla\!\cdot\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle E$}} {\m...
...e A$}}}-\mathrm{\Delta}\varphi=\frac{\rho}{\makebox{\boldmath$\varepsilon$}}\,.$ (3.14)

Bei Einführung der Coulomb-Eichung

$\displaystyle \nabla\!\cdot\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle A$}} {\m...
...} {\mbox{\boldmath$\scriptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}=0$ (3.15)

wird (3.14) zu

$\displaystyle \mathrm{\Delta}\varphi=-\frac{\rho}{\makebox{\boldmath$\varepsilon$}}$ (3.16)

und (3.13)

$\displaystyle \mathrm{\Delta}\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle A$}} {\m...
...ldmath$\scriptstyle J$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle J$}}\,.%\\ [+2mm]
$ (3.17)

Diese Poisson-Gleichungen können mithilfe der Green-Funktionen3.1 gelöst werden:

$\displaystyle G(\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\boldmath...
...{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}}'\vert)\,.$ (3.18)

In der quasistatischen Näherung erscheint die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit unendlich, daher zeigt diese Näherung nur gute Resultate, wenn die minimale Wellenlänge des ausbreitenden Signals wesentlich größer als die Abmessungen des Leitungssystems senkrecht zur Ausbreitungsrichtung ist3.2 [2,77]. Die Lösungen sind

$\displaystyle \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle A$}} {\mbox{\boldmath$\...
...$}} {\mbox{\boldmath$\scriptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}$ $\displaystyle =\frac{\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}}{4\pi}\in...
...scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}}'\vert}\mathrm{d}V'\,,$ (3.19)
$\displaystyle \varphi$ $\displaystyle =\frac{1}{4\pi\makebox{\boldmath$\varepsilon$}}\int_{\cal{V}}\fra...
...scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}}'\vert}\mathrm{d}V'\,.$ (3.20)

Außerdem sind in dieser Näherung das elektrische und das magnetische Feld entkoppelt. Im allgemeinen zeitabhängigen Fall sind elektrisches und magnetisches Feld immer gekoppelt, siehe (3.1) und (3.2). Wenn aber die Kopplung vernachlässigbar wird, kann man das elektrische und das magnetische Feld unabhängig voneinander berechnen.

3.1.1 Elektrisches Feld und Kapazität

Aus (3.2) folgt im stationären Zustand ( $ \partial_t=0$), dass das elektrische Feld aus dem Gradienten eines skalaren Potenzials berechnet werden kann

$\displaystyle \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle E$}} {\mbox{\boldmath$\...
...$\scriptstyle E$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle E$}}=-\nabla\!\varphi\,.$ (3.21)

Für den stationären Fall mit linearer Dielektrizitätszahl ist das Verhältnis von Ladung $ Q$ und Spannung $ U$ zweier voneinander isolierter Leiter konstant und wird als Kapazität $ C$ bezeichnet

$\displaystyle C=\frac{Q}{U}\;.$ (3.22)

Da die Leiter im Inneren feldfrei sind, ist das Potenzial im ganzen Leiter konstant und die Ladung ist ausschließlich auf der Oberfläche der Leiter verteilt.

Die Ladungsverteilung ergibt sich aus der elektrischen Flussdichte  $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle D$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle D$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle D$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle D$}}$ gemäß der dritten Maxwellschen Gleichung (3.3). Betrachtet man einen die Oberfläche eines Leiters umgebenden Bereich mit der Dicke $ d$ und lässt $ d$ gegen Null gehen, so erhält man die Flächenladungsdichte $ \sigma$ als Differenz der Normalkomponenten von $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle D$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle D$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle D$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle D$}}$ außerhalb ( $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle D_o$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle...
...mbox{\boldmath $\scriptstyle D_o$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle D_o$}}$) und innerhalb ( $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle D_i$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle...
...ox{\boldmath $\scriptstyle D_i$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle D_i$}}=0$) des Leiters

$\displaystyle \sigma=(\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle D_o$}} {\mbox{\...
... {\mbox{\boldmath$\scriptstyle n$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle n$}}\;,$ (3.23)

wobei der Vektor $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle n$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle n$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle n$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle n$}}$ normal auf die Leiteroberfläche steht und in Richtung Dielektrikum zeigt. Mittels Ladungsintegration über die Leiteroberfläche $ \Gamma _i$

$\displaystyle Q= \oint_{\Gamma _i} \sigma\,\textrm{d}A = \oint_{\Gamma _i} \mat...
...oldmath$\scriptstyle n$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle n$}}\,\textrm{d}A$ (3.24)

kann man die gesamte auf einem Leiter gespeicherte Ladung berechnen. Über (3.22) lässt sich daraus die Kapazität zwischen zwei Leitern ermitteln3.3.

Als Alternative zur Ladungsintegration kann die Kapazität auch mit der Energiemethode ermittelt werden. Die in einem Kondensator gespeicherte Energie $ W$ lässt sich durch

$\displaystyle W=\frac{C U^2}{2}$ (3.25)

ausdrücken, die natürlich gleich der im elektrischen Feld enthaltenen Energie

$\displaystyle W=\frac12\int_{\cal{V}}\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyl...
...oldmath$\scriptstyle E$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle E$}}\,\textrm{d}V$ (3.26)

sein muss. Der Integrationsbereich $ \cal{V}$ erstreckt sich über das gesamte Dielektrikum zwischen den Leitern und geht theoretisch i.a. bis ins Unendliche. Das elektrische Feld ladungsbalancierter Leiter klingt für Entfernungen, die groß gegenüber dem Durchmesser des Gebietes sind, das die Ladungen enthält, mit der dritten Potenz des mittleren Abstands ab. Deshalb ist der größte Teil der Feldenergie in der nächsten Umgebung der Leiter enthalten und der Integrationsbereich kann für praktische Anwendungen entsprechend verkleinert werden, ohne dass damit ein großer Fehler bei der Energieberechnung gemacht wird.

Sowohl die Energiemethode als auch das Verfahren der Ladungsintegration erfordern die numerische Berechnung des elektrischen Feldes. Anzumerken ist, dass bei der Ladungsintegration die Berechnung des Feldes auf der Leiteroberfläche genügt. Setzt man (3.21) in (3.3) ein und berücksichtigt, dass in den Isolatoren keine elektrischen Ladungen ($ \rho=0$) vorhanden sind, erhält man die Euler-Gleichung

$\displaystyle \nabla\!\cdot\!\left(\makebox{\boldmath$\varepsilon$}\nabla\!\varphi\right)=0\;.$ (3.27)

Das Gebiet $ \cal{V}$, auf dem Gleichung (3.27) gelöst werden soll, wird durch mehrere Flächen berandet (Abb. 3.1).

Abbildung 3.1: Simulationsbereich und Ränder bei der Berechnung des elektrischen Feldes: Die beiden Elektroden $ {\cal{V}}_1$ und $ {\cal{V}}_2$ liegen auf konstanten Potenzialen ($ U_1$ bzw. $ U_2$) und bilden somit Dirichlet-Bedingungen. Der äußere Rand $ \Gamma _a$ wird durch eine homogene Neumann-Bedingung modelliert.
\begin{figure}\begingroup\psfrag{phi=V1}{$\varphi=U_1$}\psfrag{phi=V2}{$\va...
...izebox{0.501\textwidth}{!}{\includegraphics{capboundary}}}\endgroup
\end{figure}

Die konstanten Potenziale der Leiteroberflächen stellen Dirichlet-Bedingungen dar

$\displaystyle \forall \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bo...
...ox{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})=U_i\;,$ (3.28)

wobei mit $ \Gamma _i$ die Oberfläche des Leiters $ i$ bezeichnet wird. Wenn man für die numerische Berechnung das Simulationsgebiet nach außen hin begrenzt, benötigt man auch für $ \Gamma _a$ eine Randbedingung, die man sinnvollerweise so wählt, dass die Oberfläche ladungsfrei bleibt, also $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle D$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle D...
...{\mbox{\boldmath $\scriptstyle n$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle n$}}=0$ gilt, oder durch das Potenzial ausgedrückt:

$\displaystyle \forall \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bo...
...mbox{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})=0\;.$ (3.29)

Diese Art von Randbedingung wird homogene Neumann-Bedingung genannt. Oberflächen, auf denen eine fixe elektrische Flächenladungsdichte $ \sigma$ eingeprägt ist, lassen sich durch allgemeine Neumann-Bedingungen darstellen:

$\displaystyle \forall \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bo...
...\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})=\sigma\;.$ (3.30)


3.1.2 Elektrischer Strom und Widerstand

Gemäß dem Ohmschen Gesetz ist der elektrische Widerstand eines Leiters im statischen Fall als das Verhältnis von Klemmenspannung und Strom definiert:

$\displaystyle R=\frac{U}{I}\;.$ (3.31)

Der Widerstand einer Leitung kann nun berechnet werden, indem man an den Enden des Leiters eine Spannung anlegt und den Leitungsstrom durch Integration über eine Kontaktfläche des Leiters $ \Gamma _i$ ermittelt

$\displaystyle I=\int_{\Gamma _i}\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle J$}} ...
...math$\scriptstyle n$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle n$}}\,\textrm{d}A\;,$ (3.32)

oder man erhält den Widerstand aus der elektrischen Verlustleistung im Leiter

$\displaystyle P=\frac{U^2}{R}=\int_{\cal{V}}\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\disp...
...math$\scriptstyle J$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle J$}}\,\textrm{d}V\;.$ (3.33)

Für die Berechnung des elektrischen Feldes geht man wieder vom zeitlich unveränderlichen Fall aus und nimmt die elektrische Feldstärke als reines Gradientenfeld gemäß (3.21) an. Ferner lässt sich zeigen, dass die Stromdichte $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle J$}}$ quellenfrei ist, indem man den Divergenzoperator auf (3.1) anwendet:

$\displaystyle \nabla\!\cdot\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle J$}} {\m...
...\mbox{\boldmath$\scriptstyle J$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle J$}}=0\;.$ (3.34)

Setzt man nun (3.7) ein, erhält man die folgende Differentialgleichung für das elektrische Potenzial in einem Leiter

$\displaystyle \nabla\!\cdot\!(\gamma\nabla\!\varphi)=0$ (3.35)

mit der Leitfähigkeit $ \gamma$. Man erkennt, dass diese Gleichung vom gleichen Typ wie (3.27) ist. Der Bereich $ \cal V$, auf dem (3.35) gelöst werden soll, entspricht dem Inneren des stromführenden Leiters. Der Teil der Oberfläche, der ausschließlich von Isolatoren umgeben ist und keine Kontakte enthält ($ \Gamma _a$), stellt für das Potenzial eine homogene Neumann-Bedingung dar, da kein Strom vom Leiter in den Isolator fließen kann ( $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle J...
...{\mbox{\boldmath $\scriptstyle n$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle n$}}=0$), und somit gilt:

$\displaystyle \forall\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bol...
...mbox{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})=0\;.$ (3.36)

An den Kontaktflächen $ \Gamma _i$ wird üblicherweise ein konstantes Potenzial $ U_i$ vorgegeben, was eine Dirichlet-Bedingung darstellt:

$\displaystyle \forall\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bol...
...ox{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})=U_i\;.$ (3.37)

Alternativ zu einem konstanten Potenzial könnte man auch an den Kontakten eine konstante Stromdichte $ J_i$ (normal zur Oberfläche) einprägen (inhomogene Neumann-Bedingung)

$\displaystyle \forall \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bo...
...ox{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})=J_i\;.$ (3.38)

Wenn man hingegen anstatt der Stromdichteverteilung den Gesamtstrom $ I_{\mathrm f}$ angeben möchte und gleichzeitig ein konstantes Potenzial mit einem noch unbekannten Wert $ U_{\mathrm f}$ fordert, ergibt das eine schwebende Randbedingung (``floating boundary condition'')

$\displaystyle \forall \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bo...
...$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})=U_{\mathrm f_i}\;,$ (3.39)
$\displaystyle \oint_{\Gamma _i}(\gamma\nabla\!\varphi)\mathchoice{\mbox{\boldma...
...n$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle n$}}\,\textrm{d}A = I_{\mathrm f_i}\;.$ (3.40)

Wenn das Gebiet $ \cal V$ ausschließlich von Neumann-Bedingungen oder schwebenden Randbedingungen umgeben ist, dann hat (3.35) keine eindeutige Lösung für das Potenzial. Durch die Wahl eines beliebigen Potenzialwertes in einem beliebigen Punkt $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle p$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle p...
...\boldmath $\scriptstyle p$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle p$}}\in\cal V$ kann die Eindeutigkeit wieder hergestellt werden:

$\displaystyle \varphi(\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle p$}} {\mbox{\bo...
...boldmath$\scriptstyle p$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle p$}}\in\cal V\;.$ (3.41)

Die folgende globale Verträglichkeitsbedingung muss immer erfüllt sein:

$\displaystyle \sum_i\int_{\Gamma _i}\!\!J_i\,\textrm{d}A + \sum_i I_{\mathrm f_i}=0\;.$ (3.42)

Sie sagt aus, dass die Summe der Ströme über die gesamte Leiteroberfläche gleich Null sein muss. Ist mindestens eine Dirichlet-Bedingung vorhanden, so erfüllt die Lösung für das Potenzial $ \varphi$ diese Bedingung automatisch, gibt es jedoch nur Neumannsche und schwebende Randbedingungen, so muss (3.42) für den Rand garantiert sein.

3.1.3 Magnetisches Feld und Induktivität

Aus den Gleichungen (3.7) und (3.9) kann die Stromdichte bestimmt werden, (3.17) führt dann zu

$\displaystyle \mathrm{\Delta}\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle A$}} {\m...
...al{t}}=\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}\gamma\nabla\!\varphi\,.$ (3.43)

Die Quellenfreiheit der Stromdichte ist gegeben durch

$\displaystyle \nabla\!\cdot\![-\gamma\frac{\partial{\mathchoice{\mbox{\boldmath...
...ox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}}}{\partial{t}}-\gamma\nabla\!\varphi]=0\,,$ (3.44)

da der erste Term $ \gamma\partial_t{\nabla\!\cdot\!\mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle A$}...
...
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle A$}}}$ verschwindet ( $ \gamma\equiv{}const$), falls die Coulomb-Eichung gilt, ist die Stromkontinuität sichergestellt, wenn der zweite Term ebenfalls verschwindet.

Ein Satz von $ N^2$ Induktivitäten ist definiert für ein System von N Schleifen als

$\displaystyle L_{ij}\equiv\frac{\psi_{ij}}{I_{j}}\quad {\rm f\uml {u}r}\,\,I_k=0\,\,{\rm falls}\,\,k\neq j\,,$ (3.45)

wobei $ \psi_{ij}$ den magnetischen Fluß in der Schleife $ i$ repräsentiert, der auf den Strom $ I_j$ im Leiter $ j$ zurückzuführen ist. Anhand obiger Definition könnte man die Induktivitäten ermitteln, aber der übliche Weg über die Berechnung der magnetischen Energie zeigt die gleichen Resultate und ist überschaubarer, da die Berechnung der Induktivitäten aus dem magnetischen Fluß mit größerem Aufwand verbunden ist. So läßt sich z.B. die Definition der Integrationsflächen, die durch die Stromverteilungen gegeben sind, für ein anspruchvolleres Beispiel nicht mehr einfach durchführen.

Die magnetische Energie ist zunächst gegeben durch das Integral, das über den ganzen felderfüllten Raum ausgewertet werden muss

$\displaystyle W=\frac{1}{2\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}}\int...
...ath$\scriptstyle B$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle B$}}^2 \mathrm{d}V\,.$ (3.46)

Unter Verwendung von (3.8) und (3.11) ergibt sich

$\displaystyle W=\frac{1}{2\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}}\int...
...\scriptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}})\big] \mathrm{d}V\,,$ (3.47)

und der Anwendung des Satzes von Gauß auf den zweiten Term

$\displaystyle W=\frac{1}{2}\int_{\cal{V}}\!\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displ...
...math$\scriptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}) \mathrm{d}A\,.$ (3.48)

Gleichung (3.48) besteht aus einem Volumsintegral, das sich nur über stromführende Gebiete erstreckt, und einem Oberflächenintegral, das für im Endlichen gelegene Stromverteilungen verschwindet, wenn die Oberfläche gegen unendlich geht. Dies läßt sich anhand einer Kugel $ \partial\cal{V}$ mit Radius R veranschaulichen, die die ganze Stromverteilung einschließt, da die Oberfläche nur proportional mit dem Quadrat des Radius wächst, während die magnetische Feldstärke reziprok zur dritten Potenz des Radius und das magnetische Vektorpotenzial reziprok zur zweiten Potenz des Radius abklingt. Die magnetische Energie läßt sich mit (3.19) auch als doppeltes Volumsintegral ausdrücken:

$\displaystyle W$ $\displaystyle =\frac{\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}}{8\pi}\in...
...criptstyle r$}}'\vert} \mathrm{d}V \mathrm{d}V' =\frac{1}{2}\{I_i\}^T[L]\{I_j\}$ (3.49)

mit den Elementen $ L_{ik}$ der Matrix [L]

$\displaystyle L_{ik}$ $\displaystyle =\frac{1}{I_iI_k}\frac{\mu}{4\pi}\int_{{\cal V}_i}\int_{{\cal V}_...
...$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}}'\vert} \,\mathrm{d}V\,\mathrm{d}V'$ (3.50)

und der Spaltenmatrix der Schleifenströme $ \{I_j\}$ bzw. der transponierten Spaltenmatrix $ \{I_i\}^T$.

3.1.4 Eigenschaften der Induktivitätsmatrix [L]

Diese Punkte decken sich mit den Aussagen von (1.3).



Fußnoten

... Green-Funktionen3.1
Im Zusammenhang mit Rand- und Anfangswertaufgaben werden Grundlösungen auch Green-Funktionen genannt.
... ist3.2
Einfache Abschätzung der minimalen Wellenlänge für Leitungssysteme mit maximaler Signalfrequenz von 4 GHz mittels

$ \lambda=\displaystyle\frac{c}{f}=\frac{1}{f\sqrt{\makebox{\boldmath$\varepsilon$}\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}}}$:
$ \lambda_{SiO_2}=3.8 {cm} \quad\mathrm{mit}\quad\makebox{\boldmath$\varepsilon$}_r=3.9$
$ \lambda_{Xerogel}=5.6 {cm} \quad\mathrm{mit}\quad\makebox{\boldmath$\varepsilon$}_r=1.8$

... ermitteln3.3
Ein ladungsbalanciertes System ( $ \sum q_i=0$) sei vorausgesetzt.

C. Harlander: Numerische Berechnung von Induktivitäten in dreidimensionalen Verdrahtungsstrukturen