2.2.2 Bewegungsgleichungen



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2.2.2 Bewegungsgleichungen

Ausgehend von der quantenmechanischen Betrachtung des gesamten Festkörpers sollen in diesem Kapitel die Bewegungsgleichungen des Ladungsträgertransports erarbeitet werden [39][40][41]. Ein Festkörper besteht aus der Gesamtheit von positiv geladenen Gitterionen und Elektronen. Der Ladungsträgertransport wird aber fast ausschließlich von den Elektronen, die sich in höheren Bändern befinden, hervorgerufen. Das bedeutet, daß diejenigen Elektronen, die sich in abgeschlossenen Schalen befinden, zu Ionenrümpfen zusammengefaßt werden können und nicht zum Stromtransport beitragen. Als unabhängige Bestandteile betrachtet man nun die Gitterrümpfe und die Leitungselektronen. Wenn man nun die Gesamtenergie betrachtet, muß man folgende Beiträge berücksichtigen, nämlich die kinetische Energie der Gitterionen und die Wechselwirkung der Gitterionen , die kinetische Energie der Elektronen und die Wechselwirkung der Elektronen untereinander als auch die Wechselwirkung der Elektronen und der Gitterionen . Zusätzlich beeinflußt eine äußere, angelegte Spannung, die in enthalten sein soll, die Dynamik des Gesamtsystems. In der quantenmechanischen Formulierung wird nun die Gesamtenergie mittels des Hamiltonoperators als Summe aller einzelnen Energiebeiträge,

geschrieben. Eine rein quantenmechanische Lösung dieses gekoppelten Systems ist aufgrund der hohen Komplexität und der hohen Anzahl an Teilchen, die im Festkörper auftreten, nicht möglich. Das Gesamtsystem wird in zwei Teilsysteme aufgespalten, nämlich in ein Teilsystem der Elektronen in einem Kristallgittergif und ein Teilsystem der Ionen ohne Berücksichtigung der räumlichen Verteilung der Elektronen [42]. Die adiabatische Näherung besagt, daß sich die Elektronenkonfiguration aufgrund der niedrigen Masse der Valenzelektronen auf eine Verschiebung der Ionenlagen rasch einstellt, während die Ionen einer Verschiebung der Gesamtkonfiguration wegen der wesentlich höheren Masse im allgemeinen nur sehr langsam folgen können. Für die Elektronenbewegung ist also die augenblickliche Konfiguration der Ionen wichtig. Man erhält, da der Beitrag der kinetischen Energie der Ionen zum Stromtransport vernachlässigt werden kann, als relevanten Operator für die Gesamtenergie,

der sich nur noch aus der Energie der Elektronen, der Wechselwirkung der Elektronen mit dem Gitter und des Energiebeitrags äußerer Einflüsse zusammensetzt. Da in dieser Schreibweise noch immer die Anteile aller Elektronen enthalten sind, die Gesamtwellenfunktion aus allen Elektronen zusammensetzt ist und einer praktischen Lösung nicht zugänglich ist, wird mit der Hartree-Fock-Näherung das Vielteilchenproblem auf ein Einteilchenproblem reduziert [42]. Anstatt eines Gesamtzustands, der die Konfiguration aller Elektronen aufweist, setzt sich die gesamte Elektronenkonfiguration näherungsweise als Produkt aus Einteilchenzuständen, die die kinetische Energie der Elektronen beinhalten. Die Wechselwirkung eines Elektrons mit allen anderen ist dabei abgespalten werden [42],

Das bedeutet, daß man das gekoppelte Gesamtsystem aller Elektronen mit einer geeigneten Zusammensetzung von Einteilchenzuständen der einzelnen Elektronen beschreiben kann, wobei die Gesamtwellenfunktion in bezug auf Vertauschung zweier Einteilchenzustände antisymmetrisch sein muß. Der Hamiltonoperator für ein einziges Elektron setzt sich nun aus den folgenden Beiträgen zusammen,

wobei die kinetische Energie eines einzelnen Elektrons , die angelegten Spannungen , der Einfluß des Kristalls und Wechselwirkungen der Elektronen untereinander auftreten. Dabei wird der Beitrag vom Gitter noch zusätzlich in ein ungestörtes Gitterpotential und in ein periodisches, um die Gleichgewichtslage oszillierendes Störpotential der einzelnen Ionen aufgespalten,

Die Schrödingergleichung für die Wellenfunktion hat damit folgendes Aussehen,

 

wenn die Elektron-Elektron-Wechselwirkung aufgrund niedriger Konzentrationen vernachlässigt beziehungsweise als kleine Störung aufgefaßt wird. Dabei gibt der Ausdruck die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen an. Die potentielle Energie setzt sich aus den am Festkörper angelegten Spannungen und den sogenannten ``Built-in''-Potentialen , dem periodischen Kristallpotential und einem Störpotential zusammen. Die erste Komponente beschreibt sowohl die angelegte Spannung am Festkörper, der zweite Term diejenigen Wechselwirkungen, die von dem periodischen Potential auf die Elektronen einwirken. Der letzte Beitrag beschreibt die Störungen des idealen Kristalls und Streuung an Störstellen. Dieser Beitrag muß quantenmechanisch untersucht werden. Stoßionisation wird aufgrund phänomenolgischer Gesetzmäßigkeiten bestimmt und ebenfalls als Störung behandelt.

Vernachlässigt man den ersten und dritten Term der potentiellen Energie ( und ) in Gleichung 2.25 und betrachtet man nur stationäre Elektronenzustände, dann erhält man als Lösung dieser Schrödingergleichung die Wellenfunktion der Elektronen in einem idealen Kristall als Blochfunktionen

mit dem Bandindex und dem Kristallvolumen als Normierungskonstante. Die Funktion enthält die Periodizität des Kristalls. Ein vollständiger Satz aller Energieeigenwerte , die für jeweils ein Band des Festkörpers kontinuierlich sind, und die verbotenen Zonen zwischen den einzelnen Bändern wird als Bandstruktur eines Materials bezeichnet.

Diese Blochfunktionen sind aber auch Eigenfunktionen zu dem folgenden Operator und es gilt

Nun kann die Schrödingergleichung 2.25 derart umgeformt werden, daß eine Beziehung zwischen dem Operator mit der kinetischen Energie und dem periodischen Kristallpotential auftritt,

In dieser Gleichung tritt also neben dem neuen Operator nur noch ein Term auf, der zum äußeren Potential proportional ist, wobei magnetische Felder vernachlässigt werden. Die Störung wird im nächsten Kapitel behandelt. Ferner wird angenommen, daß das elektrische Feld zu schwach sei, um Übergänge zwischen den Bändern zu ermöglichen und zusätzlich, daß die Bänder nicht entartet sindgif. Damit ist das periodische Kristallpotential direkt in die Eigenschaften des Elektrons inkorporiert. Das Elektron verhält sich also bei einem äußeren elektrischen Feld als freies Teilchen mit der negativen Elementarladung , wobei dieses der durch die Bandstruktur gegebenen Dispersionsrelation für die Energie unterliegt. Die Dynamik dieser Kristallelektronen wird mit

berechnet, wobei das elektrische Feld mit dem Potentialoperator in folgender Relation [42]

steht. Die Ladung des Kristallelektrons wird mit bezeichnet. Im Ortsraum kann nun die Bewegung der Ladungsträger mit der Gruppengeschwindigkeit

beschrieben werden. Ein vollbesetztes Band liefert also, wie bereits im Beginn dieses Kapitels gesagt worden ist, keinen Beitrag zum elektrischen Strom.

Halbleitermaterialien werden nun so charakterisiert, daß man das letzte Band, das bei einer Temperatur von besetzt ist, als Valenzband und das nächsthöher liegende als Leitfähigkeitsband bezeichnet. Zwischen diesen beiden Bändern befindet sich eine verbotene Zone mit einer Energiedifferenz , in der sich auch die Fermienergie befindet. Da Elektronen einer Fermi-Dirac-Statistik gehorchen, kann jeder Zustand nur ein einziges Mal besetzt werden. Bei einer Temperatur von sind alle Zustände unterhalb des Ferminiveaus besetzt, und daher verhalten sich Halbleiter wie Isolatoren, da keine Elektronen im Leitfähigkeitsband anzutreffen sind. Erst bei höheren Temperaturen treten Elektronenzustände gemäß der Fermi-Dirac-Verteilungsfunktion in diesem Band auf, und somit kann Strom geleitet werden. Nichtbesetzte Zustände im Valenzband werden als Löcher bezeichnet und tragen ebenso zum Stromtransport bei, wobei diese mit entgegengesetzter Ladung zu den Elektronen angenommen werden. Mit der Dotierung von Halbleitern durch Akzeptoren und Donoren können die elektronischen Eigenschaften von Halbleitern verändert werden, da sich dadurch die Fermikante verschiebt. Das bedeutet, daß in -dotierten Halbleitern mehr Elektronen aufgrund der niedrigeren Ionisierungsenergien der ungesättigten Bindungen der Dopanden im Leitfähigkeitsband gemäß der statistischen Verteilung vorhanden sein werden, falls die Temperatur höher als der absolute Nullpunkt ist. In Analogie sind daher bei -dotierten Materialien nicht alle Zustände des Valenzbandes gefüllt und Ladungstransport wird von den Löchern verursacht.



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Martin Stiftinger
Mon Aug 7 18:44:55 MET DST 1995