Unterabschnitte

4.1 Parameterextraktion

4.1.1 Kapazitätsextraktion

Die Berechnung von parasitären kapazitiven Effekten ist unentbehrlich für den Entwurf von zuverlässigen integrierten Hochleistungsschaltungen. Kapazitätsextraktionsmethoden können in drei Gruppen eingeteilt werden:

Analytische Berechnung der Kapazitäten wird kaum angewandt, weil selbst für einfache Geometrien ein großer Aufwand nötig ist, um die Gleichungen zu erhalten. Manchmal wird zur Kalibrierung mit Teststrukturen, die mit Näherungsformeln berechnet werden, auf die analytische Berechnung zurückgegriffen.

Geometrische Modelle approximieren die Werte der Kapazitäten auf Basis von Näherungsformeln an. Dabei wird z.B. bei benachbarten Leitungen die Kapazität bestimmt aufgrund eines Anteils der überlappenden Fläche und eines Anteils verursacht durch das Streufeld. Diese Modelle sind kalibriert für eine spezifische Technologie, die bei Änderungen von wesentlichen Parametern in einem langwierigen Procedere wieder angepaßt werden müssen. Sie werden häufig zur Parameterextraktion der gesamten Verdrahtungsstruktur von integrierten Schaltungen verwendet.

Dreidimensionale Feldgleichungslöser sind die allgemeinste Form zur elektromagnetischen Analyse, weil sie direkt die partiellen Differentialgleichungen lösen. Zwei populäre numerische Methoden sind die Boundary Element Methode (BEM) und die Finite Elemente Methode (FEM).

Die BEM [85,86,87] nutzt eine Integralformulierung basierend auf dem Green-Theorem

$\displaystyle \varphi(\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\bo...
...ath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}}') \mathrm dA'\;,$ (4.1)

wobei sich die Integration der Ladungen über die Leiteroberflächen erstreckt. Die Greensche Funktion des unendlichen, leeren Raumes beschreibt den Einfluss einer Punktladung im Punkt $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle r$}}'$ auf das Potenzial an der Stelle $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle r$}}$

$\displaystyle G(\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle r$}} {\mbox{\boldmath...
...{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}}'\vert}\;.$ (4.2)

Zur Lösung des Integrals (4.1) wird die Leiteroberfläche vergittert, und der Einfluss der Ladung in jedem Element auf das Potenzial jedes anderen Elementes berechnet. Man erhält ein Gleichungssystem mit einer vollbesetzten Systemmatrix. Multipolmethoden [85,88] können verwendet werden, um die benötigten Speicherressourcen und die Rechenzeiten durch effiziente Berechnung des Fernfeldes zu reduzieren. Hierarchische Ansätze schätzen das Fernfeld zwischen Zellen und nicht mehr zwischen Punkten ab. Die BEM kann auch mit anderen Verfahren noch beschleunigt werden, so nützt z.B. der Schur-Algorithmus [89] ebenfalls den vernachlässigbaren Einfluss von weit entfernten Leitern aus.

Falls das Simulationsgebiet aus mehreren Materialien mit unterschiedlichen Permittivitäten besteht, müssen auch die Grenzschichten zwischen diesen Materialien mit den Randelementen diskretisiert werden, um die Polarisationsladung zu berücksichtigen. Um die daraus resultierende Vergrößerung der Systemmatrix zu vermeiden, können geeignete Green-Funktionen benutzt werden, die die verschiedenen Dielektrika mitsamt den Polarisationsladungen an den Grenzflächen repräsentieren [90]. Die passende Green-Funktion für mehrere Materialien mit unterschiedlichen Dielektrizitätszahlen ist meist schwierig zu finden [91].

Die Finite Elemente Methode sucht in jedem Element nach einer Näherungslösung, die durch geeignete Wahl der Ansatzfunktionen mit hoher Genauigkeit erreicht werden kann. Diese Ansatzfunktionen sind den Gitterpunkten zugeordnet und entweder an die erwartete Lösung oder an die Eigenfunktionen des Differentialoperators angepaßt. Eine gute Näherung erhält man, indem gefordert wird, dass das mit den Gewichtsfunktionen multiplizierte Residuum (Differenz zwischen exakter Lösung und Näherungslösung) im Mittel verschwindet. Eine gebräuchliche Methode ist die Gewichtsfunktionen den Ansatzfunktionen gleichzusetzen (Galerkin-Ansatz).

Finite Elemente [92] Diskretisierung führt auf eine spärlich besetzte Matrix, die um etliches größer ist als jene der BEM, weil das ganze Simulationsgebiet mit Volumselementen diskretisiert ist. Die FEM ist überaus flexibel und gestattet inhomogene, anisotrope, oder nichtlineare Dielektrika. Hohe Genauigkeit wird erzielt durch Anwendung von Gitterverfeinerung bzw. höhere Ordnung der Ansatzfunktionen.

Im Gegensatz zur BEM, wo die Greenschen Funktionen das elektrische Feld bis Unendlich repräsentieren, ist der Simulationsbereich bei der FEM begrenzt, üblicherweise durch homogene Neumann-Randbedingungen. Verglichen mit der BEM, ist die FEM nicht auf homogene, geschichtete Dielektrika begrenzt; allerdings ist der Berechnungsaufwand größer als für die beschleunigte BEM.

Abbildung 4.1 zeigt ein Beispiel, für das die FEM genutzt wurde, um die Kapazität zweier Leiter über Erde zu ermitteln. Für die partiellen Kapazitäten eines $ n$-Leiterproblems sind $ n-1$ Simulationen mit verschiedenen Feldkonfigurationen der Leiter durchzuführen. Die Abbildung zeigt zwei Konfigurationen, die mit Äquipotentialflächen (rot $ =1\,$V, blau $ =0\,$V) im Dielektrikum dargestellt sind.

Abbildung 4.1: Kapazitätsberechnung mit der FEM für zwei Verbindungsleitungen über Erde, die nicht gezeigt wird. Die Äquipotentialflächen sind für zwei verschiedene Leiterspannungskonfigurationen dargestellt. Die berechneten Werte sind:
$ C_{1,2}=0.52\,\textrm{f\/F}$, $ C_{1,GND}=1.04\,\textrm{f\/F}$, $ C_{2,GND}=1.15\,\textrm{f\/F}$
\includegraphics[width=0.49\textwidth]{pl1}\hfil%
\includegraphics[width=0.49\textwidth]{pl2}

Kombinationen von BEM und FEM, sogenannte Hybridelementmethoden, versuchen die Vorteile von beiden zu vereinen [93]. Spezielle Modelle an den Grenzschichten sind erforderlich. Ein Nachteil der Hybridelementmethode ist die Notwendigkeit einer geometrischen Selektion, um die Simulationsbereiche der BEM und FEM festzulegen. Der Gittergenerator muss sowohl Randelemente, als auch Volumselemente unterstützen. In der Praxis werden Hybridelementmethoden allerdings kaum eingesetzt.

Eine andere Methode zur Berechnung der Kapazitäten ist die Anwendung Finiter Differenzen um die Ableitungen der Differentialoperatoren durch Differenzquotienten zu ersetzen [94]. Dabei erhält man auf dem typisch verwendeten strukturierten Gitter für jeden Knoten eine Gleichung in den unbekannten Funktionswerten des Gitterpunktes und seiner Nachbarn. Daraus resultiert eine spärlich besetzte Systemmatrix, die mit iterativen Verfahren effizient gelöst werden kann. In [95,96,97,98] wird mittels $ ,,$Finiter Differenzen'' eine Diskretisierung der kompletten Maxwell-Gleichungen und eine Lösung im Zeitbereich erreicht.

Ein bekanntes stochastisches Verfahren ist die ``Random Walk Methode'' (RWM) [99]. Besonders attraktiv ist dieses Verfahren, weil kein Gitter benötigt wird, und aufgrund des geringen Rechenaufwands sehr große Simulationsgebiete mit geringem Speicherbedarf analysiert werden können. Grobe Abschätzungen der berechneten Kapazitäten sind bereits nach wenigen Iterationen verfügbar, der Fehler sinkt reziprok mit der Wurzel der Auswertungen.

Diese Methode basiert auf der Lösung der Laplace-Gleichung in einem skalierbaren Würfel mit verschiedenen Dirichlet-Bedingungen. Mithilfe eines Randintegrals werden das Potenzial und das elektrische Feld im Zentrum des Würfels berechnet. Die Kapazität zwischen zwei beliebigen Elektroden kann nun als unendliche Reihe verschachtelter Randintegrale ausgedrückt werden. Aus dieser Reihe lassen sich Wahrscheinlichkeitsregeln für sogenannte ``Random Walks`` herleiten. Man geht dabei schrittweise von einer Elektrode aus und findet einen maximal großen um den Startpunkt zentrierten Würfel, dessen Innenraum keine Elektrode enthält. Der Startpunkt für den nächsten Schritt liegt immer auf der Oberfläche des vorigen Würfels. Beendet wird der Random Walk wenn eine andere Elektrode erreicht wird (Abb. 4.2). Durch gewichtete Summierung kann man die Kapazitäten zwischen Startelektrode und allen anderen Leitern ermitteln.

Abbildung 4.2: Illustration der ``Random Walk Methode'': 3 Elektroden mit möglichst großen Würfeln, deren Zentren fortlaufend numeriert sind, verdeutlichen das Prinzip. Nachdem eine Gaußsche Oberfläche um die Elektrode erzeugt wurde (mitunter mit Schwierigkeiten verbunden), wird von dort gestartet. Ein Teil des Würfels ist auf bekanntem Potenzial, der Rest kann als Zentrum weiterer Würfel herangezogen werden.
\begin{figure}{\resizebox{0.52\textwidth}{!}{\includegraphics[{}]{random}}}\end{figure}

Die BEM ist sehr effizient für genaue Kapazitätsberechnung, für die Extraktion der Kapazitäten eines Chips ist sie aber ebensowenig geeignet wie die FEM, hauptsächlich weil der Bedarf an Speicherressourcen gravierend ist. Eine Möglichkeit ist deshalb den Entwurf in kleinere Bereiche aufzuteilen, und separat zu behandeln. Ein weiteres Beispiel für die Aufteilung des Entwurfs ist die Einführung eines Tunnels, in dem kritische Netze und alle Nachbarleitungen berücksichtigt werden. Da die Größe des Tunnels Auswirkung auf die erzielbare Genauigkeit hat, darf er nicht zu klein gewählt werden. Dieses Verfahren muss für alle Netze wiederholt werden um die Kapazitäten des ganzen Chips zu erhalten [100]. Inhomogene und nichtlineare Materialien können mit der BEM oder der ``Random Walk Methode'' nicht berechnet werden.

4.1.2 Widerstandsextraktion

Der Widerstand von Verbindungsleitungen kann mithilfe von polygonalen Zerlegungsmodellen [101] (z.B. durch Abzählen der Rechtecke) angenähert, oder numerisch berechnet werden. Die BEM kann nicht effizient angewandt werden, weil Verbindungsleitungen große Oberflächen und kleines Volumen besitzen, was zu einer riesigen, voll besetzten Systemmatrix führt. Einzig zur Substratwiderstandextraktion kann die BEM effizient eingesetzt werden, da das Subtrat durch kleine Oberflächen und große Volumina gekennzeichnet ist. Die FEM eignet sich sehr gut zur genauen Berechnung, wenngleich der Rechenbedarf höher als für polygonale Modelle ist. Mit der Lösung der Laplace-Gleichung liefert die FEM ohne großen Aufwand auch noch die Spannungs- und Stromdichteverteilung.

4.1.3 Induktivitätsextraktion

Zur Berechnung von induktiven Effekten wird die Methode der partiellen Induktivitäten benötigt, die bereits in Abschnitt 1.6 vorgestellt wurde. Nachdem langwierige analytische Formulierungen, wie z.B. in [41] für rechteckige Leiter angegeben, sich nicht besonders für eine rechnerunterstützte Auswertung eignen, gibt es in [102] verbesserte computergerechtere Formeln für lange, dünne Leiter. Eine geschlossene Lösung mit 16 Auswertungen einer Funktion für Rechteckleiter bietet [103] an. Durch Segmentierung der Leiter wird eine Modellierung des Skineffektes möglich. Die Netzwerktheorie nützend, wird nicht explizit die Stromdichte ausgerechnet, sondern die Stromdichteverteilung angenähert durch kleine Zellen, die konstante Stromdichten aufweisen. Von Zelle zu Zelle kann die Stromdichte variieren, sodass man eine Treppenfunktion-Näherung der aktuellen Stromdichte erhält.

Exemplarisch wird auf ein Simulationsprogramm eingegangen, das auf Näherungsformeln, allerdings von [40] zurückgreift. Der Ansatz dieses Programms geht auf [104,105] zurück. Weiters wird in diesem Abschnitt über andere Simulatoren berichtet, die entweder die Neumann-Formel numerisch auswerten, oder einen Ansatz mit dem Vektorpotenzial verfolgen.

FastHenry [106] basiert auf einer Integralformulierung einer quasistatischen Lösung der Maxwell-Gleichungen. Dazu wird das elektrische Feld  $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle E$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle E$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle E$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle E$}}$ entsprechend (3.9) aus dem Skalarpotenzial $ \varphi$ und dem Vektorpotenzial  $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle A$}}$ angesetzt, und für harmonische Größen im eingeschwungenen Zustand erhält man

$\displaystyle \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle E$}} {\mbox{\boldmath$\...
... {\mbox{\boldmath$\scriptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}\;.$ (4.3)

Mit Verwendung der Coulomb-Eichung kann für das Skalarpotenzial und das Vektorpotenzial, gegeben durch (3.19), folgende Integralgleichung formuliert werden:

$\displaystyle \frac{\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle J$}} {\mbox{\bold...
...{\mbox{\boldmath$\scriptstyle r$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}})\;.$ (4.4)

Durch gleichzeitiges Lösen von (4.4) mit der Sicherstellung der Quellenfreiheit des Leiterstroms (3.34) erhält man Stromdichten und das elektrische Skalarpotenzial der Leiter. Die Quellenfreiheit der Stromdichte wird durch Lösen der Kirchhoffschen Spannungsregel erfüllt.

Abbildung 4.3: Leitergebilde (a) aus 3 Teilstücken: Jedes Teilstück besteht aus 35 Zellen (b)
\begin{figure}{\resizebox{0.57\textwidth}{!}{\includegraphics[{clip,angle=0}]{fila}}}\end{figure}

Die Integralgleichung wird gelöst durch Diskretisierung der Geometrie in dreidimensionale Zellen entsprechend Abb. 4.3. Dabei wird jeder Leiter aus geraden Teilstücken zusammengesetzt. Der Strom innerhalb jeder Zelle wird als konstant angenommen, wodurch die unbekannte Stromdichteverteilung geschrieben werden kann als

$\displaystyle \mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle J$}} {\mbox{\boldmath$\...
...\mbox{\boldmath$\scriptstyle l$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle l$}}_i\,.$ (4.5)

Dabei ist $ I_i$ der Strom durch die Zelle $ i$, $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle l$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle l...
...{\mbox{\boldmath $\scriptstyle l$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle l$}}_i$ der Einheitsvektor entlang der Länge der Zelle und $ w_i(\mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\textsty...
...
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle r$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle r$}})$ die Gewichtsfunktion, die außerhalb der Zelle Null ist, und innerhalb $ 1/a_i$, wobei $ a_i$ der Querschnitt der Zelle ist.

Dann wird (4.4) in Matrixschreibweise

$\displaystyle ([R]+j\omega [L])\{I_b\}=\{U_b\}\,,$ (4.6)

wobei $ \{I_b\}$ die Spaltenmatrix von $ b$ Zellströmen, und $ \{U_b\}$ die Spaltenmatrix der Spannungen entlang der b Zellen ist. Diese Zellen sind alle elektrisch entsprechend ihrer Nachbarschaft verbunden. Alle Zellen sind charakterisiert durch einen Widerstand und eine Serieninduktivität. Die induktiven Kopplungen sind natürlich auch in der Stromkreisanalsye zu berücksichtigen. Dazu werden die beiden Gleichungen

$\displaystyle R_{ii}$ $\displaystyle =\frac{\gamma l_i}{a_i}\,,$ (4.7)
$\displaystyle L_{p_{ik}}$ $\displaystyle =\frac{\mu_0}{4\pi a_ia_k}\int_{{\cal{V}}_i}\int_{{\cal{V}}_k'} \...
...$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle r$}}'\vert} \,\mathrm{d}V'\,\mathrm{d}V$ (4.8)

benützt, wobei die partiellen Induktivitäten mittels [40] durch Näherungsformeln für viele Anordnungen berechnet werden können. Zur Beschleunigung des Berechnungsverfahrens wird allerdings nicht für alle Zellen einzeln ein Näherungsausdruck der Induktivität von (4.8) angewandt, sondern die Summe von $ L_{p_{ik_j}} \{I_b\}$ mit einem hierarchischen Multipolalgorithmus ausgewertet. FastHenry löst die Stromkreisgleichungen dieses äquivalenten Stromkreises im Frequenzbereich für gegebene Anschlussströme. Die erhaltenen Äquivalenzstromkreise tendieren zu sehr großen, spärlich besetzten Matrizen. Daher kann ein Ordnungsreduktionverfahren für eine effiziente Stromkreissimulation nötig sein.

Die Induktivitäten ergeben sich dann aus der komplexen Impedanzmatrix, die den Zusammenhang zwischen der angelegten Spannung $ U$ und dem Leiterstrom $ I$ für das jeweilige Leitersystem herstellt. Diese Induktivitätsextraktion vernachlässigt den Einfluss von Kapazitäten auf den Stromfluß, was zu Ungenauigkeiten führen kann, weil der Rückstrompfad stark durch parasitäre Kapazitäten beeinflußt wird [107].

Ähnliche Integralformulierungen sind veröffentlicht worden, auch Retardierungseffekte werden darin berücksichtigt. Dies ist dann äquivalent zur Wellenlösung der Maxwell-Gleichungen [108,109,110,111].

Andere Simulatoren wie z.B. [112] greifen ebenfalls wie FastHenry auf Näherungsformeln von Grover [40] oder andere Ausdrücke für partielle Induktivitäten von einfachen Geometrien zurück. Dieser Simulator benützt ebenfalls die Einschränkung bezüglich der Geometrie (auf Rechteckleiter und z.B. ebene, geschichte Dielektrika) und durch Ausnützung von Symmetrien gelingt eine Ableitung von Green-Funktionen, die eine zusätzliche Extraktion von C ermöglicht.

Ebenfalls, wie in dieser Arbeit wird in [113] die Monte Carlo Methode benutzt, um aus der Neumann-Formel partielle Induktivitäten zu berechnen. Dort wird ein klassischer Ansatz für die Implementierung der Monte Carlo Methode verfolgt, und Varianzreduktionsschemata auf Geometrien mit strukturiertem Gitter durchgeführt.

In [114] wird für ein einfaches Beispiel eine quasistatische Näherung gezeigt, wie eine aufgrund des Skineffekts zeitabhängige Induktivitätsmatrix ermittelt werden kann, indem nach der Berechnung von $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle J$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle J$}}$ und $ \mathchoice{\mbox{\boldmath $\displaystyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\textstyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle A$}}$, diese beiden Größen durch eine Darstellung von Basisfunktionen entsprechend der Separation von Zeit- und Raum-Variablen ersetzt werden. Dabei wird an der Formulierung von Bíró [115] festgehalten, die die Eindeutigkeit des Vektorpotenzials sicherstellt. Die Finite Elemente Simulation basiert auf klassischen Knotenelementen. In diesem Ansatz werden folgende Gleichungen

$\displaystyle \nabla\!\cdot\!(\gamma\nabla\!\varphi)$ $\displaystyle =0\,,$ (4.9)
$\displaystyle \frac{\partial{\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle A$}} {\m...
...$}} {\mbox{\boldmath$\scriptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}$ $\displaystyle =-\nabla\!\varphi\,.$ (4.10)

herangezogen, um das Feldproblem zu beschreiben. Die Coulomb-Eichung wird durch Einbeziehung des Strafterms $ \displaystyle -\nabla\!\frac{1}{\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}...
...}
{\mbox{\boldmath $\scriptstyle A$}}
{\mbox{\boldmath $\scriptscriptstyle A$}}$ auf der linken Seite in (4.10) und der Anwendung der Randbedingungen nach Bíró (s. auch Abschnitt 7.1) gewährleistet.

Für die Berechnung der Maxwell-Gleichungen wird häufig die Finite Differenzen Methode benutzt. Dabei werden die Feldgrößen allerdings direkt -- ohne Verwendung von Skalar- und Vektorpotenzial -- berechnet, als Beispiel sei [116] angeführt. Dies wird meistens auf strukturiertem Gitter durchgeführt. Ebenfalls beliebige quaderförmige Strukturen werden in [117] behandelt. In der dort verwendeten Formulierung der elektromagnetische Analyse wird auf das magnetische Vektorpotenzial und das elektrische Skalarpotenzial zurückgegriffen. Zur numerischen Stabilität der Implementierung werden die Potenziale über die Konstante4.2 $ k_0$ mit einem Eichungsfeld $ \chi$ verknüpft [118], sodass für den stationären Fall folgende Gleichungen gelöst werden:

$\displaystyle \nabla\!\times\!\nabla\!\times\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\disp...
...criptstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}_0-k_0\nabla\!\chi_{_0}$ $\displaystyle =\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}_0\mathchoice{\m...
...=-\protect{\mbox{{\usefont{U}{eur}{m}{n}\char22}}}_0\gamma\nabla\!\varphi_0)\,,$ (4.11)
$\displaystyle \nabla\!\cdot\!\mathchoice{\mbox{\boldmath$\displaystyle A$}} {\m...
...tstyle A$}} {\mbox{\boldmath$\scriptscriptstyle A$}}_0+\mathrm{\Delta}\chi_{_0}$ $\displaystyle =0\,.$ (4.12)

Aufschluss über die Diskretisierung des $ \nabla\!\times\!\nabla\!\times\!$ Operators auf dem strukturierten Gitter, und dem Diskretisierungsschema für die Feldvariablen -- nur das Vektorpotenzial ist den Kanten zugeordnet, und die restlichen Größen den Knoten -- gibt [119]. Als Randbedingungen sind folgende Forderungen zur Lösung obiger Gleichungen festgehalten: Die Komponenten des Vektorpotenzials parallel zur Oberfläche des Simulationsbereiches werden Null gesetzt. Als Randbedingung für das Eichungsfeld wird $ \chi=0$ auf der Berandung des Simulationsgebiets vorgegeben. Diese Randbedingung genügt, dass nur physikalische Lösungen erhalten werden [118]. Das Laplace-Problem einer geschlossenen Oberfläche mit diesen Randbedingungen garantiert, dass überall $ \chi=0$ gilt [117]. Die Randbedingungen für das elektrische Skalarpotenzial bestehen aus Dirichlet- und Neumann-Randbedingungen. In [117] wird neben dem stationären Fall, auch noch für den zeitabhängigen Fall eine Formulierung angeboten, deren Ergebnisse allerdings erst veröffentlicht werden.

Obengenannte Methoden sind durchwegs für bescheiden große Simulationsgebiete geeignet. Entsprechend dem Ansatz sind große Unterschiede bezüglich Rechenzeit und Speicher zu erwarten. Auffällig ist, dass fast ausschließlich Geometrien behandelt werden, die sich durch quaderförmige Gitterelemente darstellen lassen. Daher sind diese Ansätze praktisch nicht geeignet zur Berücksichtigung des Herstellungsprozesses auf die Geometrie.

Zur Berechnung von partiellen Selbst- und Gegeninduktivitäten eines ganzen Chips werden Formeln aus [40,120] verwendet. Die resultierende Matrix $ [L]$ der partiellen Induktivitäten besitzt eine unhandliche Größe und Dichte, sodass sie direkt nicht brauchbar ist für Analysezwecke eines ganzen Chips. Weiters ist sie vollbesetzt, symmetrisch und nicht diagonal dominant. Eine gewöhnliche Behandlung der Matrix wäre alle Kopplungen von weit entfernten Leitern zu ignorieren. Dies führt allerdings zu instabilen Stromkreismodellen mit negativen Eigenwerten der Matrix, während die ganze partielle Induktivitätenmatrix $ [L]$ immer positiv definit ist. Eine theoretische Analyse, welche weit entfernten Leiter noch berücksichtigt werden müssen, ist schwierig durchzuführen; eine empirische Studie zeigt, dass beinahe alle berücksichtigt werden müssen, um positive Eigenwerte zu erhalten. [121] zeigt eine Methode auf, die eine symmetrische, stabile, spärlich besetzte Matrix erzeugt. Dazu wird eine künstliche Stromverteilung für jedes Teilstück der Schleife auf einer Äquipotentialoberfläche angelegt, die außerhalb dieser Oberfläche das Vektorpotenzial der Originalverteilung ideal kompensiert. Die Kopplungen zu weit entfernten Teilstücken werden Null und stellen die Stabilität der Matrix sicher. Innerhalb dieser Oberfläche wird das Vektorpotenzial um einen konstanten Wert verschoben. Diese Änderung betrifft nur die partiellen Induktivitäten. Die Schleifeninduktivitäten bleiben erhalten, wenn jedes Teilstück (der gesamten Schleife) eine Oberfläche besitzt, die groß genug ist, um alle anderen Teilstücke der Schleife zu umfassen.

Zur Induktivitätsextraktion des ganzen Chips schlägt [122] vor, Formeln oder Bibliotheken anzuwenden, die auf der inversen partiellen Induktivitätsmatrix beruht. Diese Matrix $ [K]$ hat ähnliche Eigenschaften wie die Kapazitätsmatrix $ [C]$, wenngleich festgestellt werden muss, dass diese keine Kapazitätsmatrix ist. Wichtigster Vorteil der Matrix $ [K]$ ist der lokale Charakter, nur eine kleine Anzahl von Nachbarn muss berücksichtigt werden. Die spärlich besetzte Matrix, die weit entfernte Leiter ignoriert, ist immer positiv definit. Der Beweis dafür ist in [123] ausgeführt: Ausgehend vom Beweis des lokalen Charakters der Matrix ( $ K_{ij}\equiv K_{ji}, K_{ii}>0, K_{ji}<0$) wird anhand der Definition der Schleifeninduktivität (3.45) gezeigt, dass [K] eine strikt diagonaldominante Matrix ist für deren Elemente

$\displaystyle K_{ii}>\sum_{j=1, j\neq i}^n \vert K_{ij}\vert$ (4.13)

gilt.



Fußnoten

... Konstante4.2
Die Konstante $ k_0$ stellt die Einheitenkonsistenz sicher.

C. Harlander: Numerische Berechnung von Induktivitäten in dreidimensionalen Verdrahtungsstrukturen